Anzeige
Früher ließ sich mit Altkleider-Containern gutes Geld für soziale Projekte erzielen. Besonders seit Corona lohnt sich das Sammeln nicht mehr so richtig. Besonders ärgerlich findet der Barßeler Kolping-Chef Johannes Geesen aber eine andere Sache.
„Ich bin es einfach leid“, sagt Johannes Geesen. Er weiß, wovon er spricht. Immer wieder müssen Helfer der Kolpingsfamilie im oldenburgischen Barßel zum Pfarrheim oder zum Sportplatz der 13.000-Seelen-Gemeinde ausrücken. Ihr Auftrag: den Müll beseitigen, den andere vor und neben den Kolping-Altkleidercontainern dort hinterlassen haben.
Mal sind es Tüten mit Müll, mal alte Möbel. Unbekannte stellen solchen Unrat immer wieder heimlich bei den Behältern ab, die eigentlich nur für Altkleider gedacht sind. Die sammelt die Kolpingfamilie dort und an anderen Orten der Pfarrei schon seit Jahren. Insgesamt sind es elf Behälter. Eine Firma aus Bremen holt sie alle zehn Tage ab. Den Erlös stellen die Kolpinger zum größten Teil für soziale Projekte zur Verfügung, allerdings wohl nicht mehr lange.
Fliegen und Maden vorm Container
Johannes Geesen musste auch schon mal Eimer mit Farbresten entfernen. Oft genug hat er seinen Kofferraum vollgepackt, um das Zeug zu entsorgen. Besonders unangenehm war es, wenn sich Tüten mit vergammelnden Lebensmitteln vor den Behältern stapeln. Geesen kann ziemlich unappetitliche Geschichten erzählen, von Gestank, Fliegen und sogar Maden.
Da klingen die von aus den Containern gezogenen und aufgerissenen Kleidersäcken noch harmlos. Auch die nimmt er dann mit. „Wenn sie nass werden, sind sie ja auch nichts mehr wert“, so sagt Geesen. Der 72-Jährige verhehlt nicht, dass ihn diese Arbeit mit den Jahren mürbe gemacht hat. „Es ist einfach ärgerlich. Es fällt ja auch auf Kolping zurück.“ Wenn Leute sagen: „Könnt Ihr eure Container etwa nicht richtig betreuen?“
Ende des Jahres ist Schluss mit Sammeln
„Nur noch Arbeit und Ärger“, nennt Geesen, das, was insbesondere die Container der Kolpingfamilie mittlerweile bedeuten. aber nur noch bis zum 31. Dezember. Denn dann ist Schluss. Die Kolpingfamilie wird zum Jahresende ihre Altkleider-Container abbauen lassen. Wegen der eigentlich unnötigen Arbeit, aber auch noch aus einem anderen Grund.
Die Entscheidung ist auch deshalb gefallen, weil die Entsorgungskosten mittlerweile die Erlöse übersteigen, die mit den Altkleidern noch zu erzielen sind. Denn nicht nur, aber insbesondere durch die Corona-Pandemie und die abgeschnittenen weltweiten Verkehrswege ist das Geschäft für so kleine Einheiten wie die Kolpingsfamilie mit ihren elf Containern nicht mehr lukrativ.
Nur noch fünf Euro pro Tonne
„Textilien sind derzeit einfach nicht mehr gefragt“, so Johannes Geesen. Das schlage auch deutlich auf die Preise durch. „Vor 20 Jahren gab es für uns noch 800 Mark pro Tonne Altkleider. Im letzten Jahr waren es noch 55 Euro. Und ab dem 1. Juli sind es noch fünf Euro pro Tonne. Die Partnerfirma aus Bremen, mit der die Barßeler zusammenarbeiten, hat die Situation in einem Brief erklärt.
Die Einnahmen hat die Kolpingfamilie meist als Spende weitergeleitet. Mal für eine Sauerland-Ferien-Freizeit der St.-Cosmas-und-Damian-Pfarrei Barßel, mal für den Kolping-Bezirksverband. Das Geld fehlt zwar künftig. „Aber daran scheitert unsere Arbeit ja nicht“, sagt der Vorsitzende. „Dann muss man sich eben nach neuen Projekten umschauen. Und es gibt ja auch immer eine Bereitschaft zu spenden.“
Es gibt Alternativen zum Container
Auch wenn die Kolpingsfamilie nicht mehr sammelt – Kleider können die Barßeler weiterhin spenden. „Am Schulzentrum zum Beispiel stehen Sammelcontainer der Pater-Beda-Aktion“, sagt Johannes Geesen. Zudem gebe es ja auch die Möglichkeit, sie bei der Rumänienhilfe oder im Kleiderladen des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) abzugeben.
Corona hat Altkleidersammler schwer getroffen
Nach Angaben des bundesweiten Dachverbands „Fairwertung“ werden in Deutschland jährlich eine Million Tonnen Altkleider in Altkleidercontainer oder Sammlungen gegeben. Diese Menge füllt 62.000 LKW. Aneinandergereiht ergäben sie eine LKW-Schlange von Flensburg bis Innsbruck. Dem Dachverband Fairwertung haben sich auch zahlreiche kirchliche Organisationen angeschlossen. Nach Meinung von Geschäftsführer Thomas Ahlmann hat die Corona-Pandemie die Mitglieder in einer schwierigen Situation getroffen. „Was unseren Mitgliedern große Sorgen bereitet, ist die Absatzseite – die Secondhand-Läden sind geschlossen und der Markt für Alttextilien ist zusammengebrochen“. Der Coronabedingte Lockdown in Deutschland hat zu einem großen Überangebot an Altkleidern geführt. Auch deshalb, weil viele Menschen die Zeit genutzt haben, um ihre Kleiderschränke auszumisten.