Themenwoche (2) - Kältewinter und Energiekrise in sozialen Einrichtungen

Warum ein Blackout die Wohnungslosenhilfe in Münster besonders träfe

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Strom, Sprit, Heizung: Auch die Dienstleistungen der Sozialwirtschaft, vom Kindergarten übers Krankenhaus bis zum Pflegeheim, sind von den Auswirkungen der Inflation und der Energiekrise betroffen. In einer Themenwoche berichtet "Kirche-und-Leben.de", wie sie damit umgehen. Teil 2: eine Wohnungslosen-Einrichtung in Münster.

Wenn es um die winterliche Kälte geht, gibt es in jedem Jahr Menschen, die besonders im Fokus stehen – unabhängig von Gaspreisen und Heizkosten: Wohnungslose. Das wissen die Verantwortlichen der Bischof-Hermann-Stiftung in Münster, die im Jahr unterschiedliche Angebote für mehr als 1000 Menschen vorhält. Viel mehr als die Finanzierung der Wärme dort treiben sie aktuell aber die Vorbereitungen für einen möglichen „Blackout“ an. Jenen Moment, in dem für einige Tage der Strom ausfallen könnte.

„Wegen unserer Rahmenverträge mit den Energieversorgern über das Bistum machen uns die Heizkosten derzeit noch keine großen Sorgen“, sagt Geschäftsführer Dietmar Davids. „Wenn aber der Strom ausfällt, stehen wir sofort vor riesigen Herausforderungen.“ Die deshalb früh angegangen wurden. Schon im September begann die Leitung der Stiftung zusammen mit den Bereichsleitern in den einzelnen Häusern, ein Konzept zu entwickeln, das die schwierige Situation für den Ernstfall regelt. Notunterkünfte, stationäre Unterbringungen, Langzeitwohnen und Wiedereingliederungshilfen haben mittlerweile einen genauen Krisenplan erhalten.

Krisenerprobt und doch anfällig

„Wie und in wie vielen Bereichen wir vom Strom abhängig sind, ist uns erst nach und nach bewusst geworden“, sagt Davids. Gerade das besondere Profil der Einrichtungen mit dem nicht weniger herausfordernden Klientel verlangte immer wieder kreative Lösungen. „Zwar sind die Menschen hier aus ihrer Zeit auf der Straße Krisen gewohnt – sie bringen mit ihren Suchterkrankungen und psychischen Krankheiten aber auch zusätzliche Herausforderungen in eine solche Situation mit.“

Nicht nur das Licht brennt nicht mehr, wenn der Strom ausfällt. Auch die Wasserversorgung bricht zusammen, die Zentralheizung läuft nicht mehr, Kühlungen fallen aus, Computer und Handys sind außer Betrieb. Mehr als 300 Bewohner wären betroffen, plus die Menschen in den dezentralen Unterbringungen und in den Akut-Hilfen. „Wir haben alles in den Blick nehmen und Lösungen finden müssen“, sagt Mathias Rohlfing, der die Langzeithilfen der Stiftung betreut. „Das haben wir gemeinsam mit allen Mitarbeitern getan, um die spezielle Situation in den einzelnen Arbeitsbereichen zu berücksichtigen.“ Gerade der technische Dienst und die Küchen waren intensiv eingebunden.

50.000 Feuchttücher, 700 Taschenlampen

Die Zahlen des Konzepts sprechen für sich: Unter anderem wurden 50.000 Feuchttücher angeschafft, um die Hygiene zu gewährleisten. 700 Taschenlampen für jeden Bewohner und Mitarbeiter wurden besorgt, inklusive Batterien. 400 Campinglampen sollen Zimmer und Flure beleuchten. Ein 1000-Liter-Wasserfass, Generatoren, Heizstrahler – alles steht mittlerweile für den Ernstfall bereit. Das Konzept gibt zudem Handlungsvorgaben, die jetzt schon greifen. Zum Beispiel bei den Autos der Stiftung, die nur noch vollgetankt auf dem Hof abgestellt werden dürfen. 

Einige Pläne muten speziell an, machen aber Sinn, wenn Rohlfing sie erklärt. „Wir haben auch alkoholische Getränke und Zigaretten eingelagert, mit denen wir einige Bewohner versorgen könnten.“ Bei Suchterkrankten wäre es fatal, wenn die Extremsituation noch mit Entzugserscheinungen erschwert würden. Zudem wurden Gesellschaftsspiele gekauft, um die Zeit zu füllen, wenn die Fernseher nicht laufen können.

Normalität im Ernstfall

Es geht letztlich darum, im Ernstfall möglichst viel Normalität zu erhalten, sagt Davids. „Wir haben einen Betreuungsauftrag und der endet nicht bei einem Stromausfall.“ Es war ihnen wichtig, dass den Bewohner zu vermitteln. Bei Versammlungen in den Einrichtungen stand deshalb die Botschaft im Mittelpunkt, dass „wir uns kümmern werden und die Situation meistern können“. 30.000 Euro hat die Stiftung für dieses Vertrauen investiert. Mit der Hoffnung, dass die Dinge, die sie dafür gekauft haben, nie gebraucht werden. „Wenn der Blackout ganz oder nicht so umfangreich ausfällt, wäre das natürlich der beste Ausgang.“

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