Interview mit dem künftigen Generalvikar von Berlin

Warum Pater Manfred Kollig Münster verlässt

Die Entscheidung kam für die meisten aus heiterem Himmel: Pater Manfred Kollig geht als Generalvikar nach Berlin. Kirche+Leben hat er verraten, warum. Und dass es gute Gründe gab, in Münster zu bleiben.

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Die Entscheidung kam für die meisten aus heiterem Himmel: Pater Manfred Kollig geht als Generalvikar nach Berlin. Kirche+Leben hat er verraten, warum. Und dass es gute Gründe gab, in Münster zu bleiben.

Was hat Sie bewogen, Münster zu verlassen?

Pater Manfred Kollig: Der Erzbischof von Berlin, Dr. Heiner Koch, hat mich gefragt, ob ich bereit sei, die Aufgabe des Generalvikars zu übernehmen. Ich habe ihn gebeten, mit meinem Ordensobern und mit Bischof Felix zu sprechen. Für den Fall, dass diese gegen die Ernennung keine Einwände hätten, habe ich ihm versprochen, die Frage zu prüfen. Am Ende meiner persönlichen Prüfung kann ich sagen: Ich habe weder dienstliche noch persönliche Gründe von Münster wegzugehen, sondern gute Gründe, in Münster zu bleiben. Was mich bewogen hat, trotzdem die neue Aufgabe anzunehmen, war meine Überzeugung, dass ich berufen bin, zukünftig den Menschen im Erzbistum Berlin zu dienen und mich den dortigen Herausforderungen zu stellen.

Sie sind vor allem Seelsorger, weniger der Verwaltungsmann. Künftig werden Sie es noch viel stärker mit Zahlen und Verordnungen zu tun bekommen. Ist das so reizvoll für Sie?

Im Laufe meines Lebens habe ich sowohl in der Ordensgemeinschaft als auch im Bistum erlebt, wie wichtig die Verwaltung für die Gestaltung und Entwicklung der Kirche ist. Verwaltung kann die Getauften und deren Sendung ernstnehmen oder sie missachten; sie kann Gutes ermöglichen oder verhindern; sie kann sich selbst genügen oder der Sendung und dem Auftrag Jesu Christi in der Welt von heute dienen. Als Generalvikar möchte ich vor allem beharrlich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie mit den synodalen Gremien Antworten finden auf die Frage nach dem „Wozu“. Wozu Personal einstellen, Geld ausgeben, bauen, Träger von Einrichtungen sein, mit dem Staat verhandeln? In dem Maße, in dem es gemeinsame Antworten auf das „Wozu“ gibt, wachsen auch Solidarität, Geschwisterlichkeit und Einheit in der Kirche und bekommt unser Dienst in der Welt sein angemessenes Profil.

Erste Reaktionen von Menschen aus dem Bistum zeigen deutlich, dass Ihr Weggang für sie ein großer Verlust ist. Was sagen Sie diesen Menschen?

Ich danke den Menschen, die im Bistum Münster den Weg der Weiterentwicklung unserer Kirche mitgegangen sind. In synodalen Gremien und Verbänden, im Generalvikariat und in der Bistumsleitung, in Pastoralkonferenzen ebenso wie bei ganz „zufälligen Treffen“ habe ich Menschen getroffen, die mit mir nach der Sendung und dem Auftrag aller Getauften in unserer heutigen Welt gesucht haben; und die dann auch versucht haben, Antworten in Taten umzusetzen. Ich treffe keine Entscheidung gegen die Menschen im Bistum Münster. Ich folge einem Ruf, von dem ich glaube, dass es ein Ruf Gottes ist. Der emeritierte Bischof Franz Kamphaus hat im Zusammenhang mit dem Thema Berufung daran erinnert, dass die Annahme der Berufung nicht bedeutet, sich die eigenen Wünsche von Gott absegnen zu lassen. Vielmehr gehe es darum, den Anspruch Gottes wahrzunehmen und sich dem Einspruch zu stellen, den er manchmal gegen unsere liebgewonnenen Gewohnheiten erhebt. Auch möchte ich die Menschen im Bistum ermutigen, sich ihrer Charismen und Stärken zu vergewissern und diese konsequent einzubringen.

Weder Ihre Heimatstadt Koblenz noch Münster kann mit einer Metropole wie Berlin mithalten. Aber Sie gehen jetzt in die Diaspora.  Warum machen Sie es sich so schwer?

Selbstverständlich habe ich ein Gespür dafür, ob eine Aufgabe schwerer oder leichter ist. Aber für meine Entscheidung ist dies keine wichtige Kategorie. Ich habe kein Recht, auf dieser Erde in der Komfortzone zu leben. Grund, eine Aufgabe nicht anzunehmen, wäre für mich, wenn ich in Panik geraten würde. Ich habe aber in der Zeit der Prüfung ebenso wie nach der Entscheidung immer gut geschlafen. Dass Gott Mensch wurde, war doch ein viel größerer Schritt in die Diaspora, als der Schritt von Münster nach Berlin.

Was nehmen Sie aus Ihrer Zeit in Münster mit, das Ihnen auch in Berlin hilfreich sein kann?

Neben meinen beruflichen Erfahrungen, zu denen vor allem auch gute Erfahrungen mit vielen Menschen gehören, die Überzeugung, „dass die Welt Gottes so voll ist“ (Alfred Delp), wie in Münster, so auch in Berlin.

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