Tipp: Entlasten nicht nur durch Fasten

Warum „Sorry“ meistens zu wenig ist

„Sorry!“ Das sagt sich so leicht. Aber getan ist es damit nicht. Das deutsche Wort heißt „Entschuldigung“ und ist nicht ohne Grund um einige Silben länger.

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Das sagt sich so leicht. Aber getan ist es damit nicht. Das deutsche Wort heißt „Entschuldigung“ und ist nicht ohne Grund um einige Silben länger.

Entschuldigen geht ganz flott: „Sorry!“ Beim Rempler auf der Rolltreppe gemurmelt – geht lockerer über die Lippen als „Entschuldigung“ mit doppelt so vielen Silben. Muss eben flott gehen. Ob deshalb Floskel so ähnlich klingt?

Wie auch immer: Der Umgang mit Schuld fällt keinem leicht. Natürlich nicht. Die besten Belege dafür sind paradoxerweise ihre Verniedlichungen im alltäglichen Sprachgebrauch: Wenn einer sagt, er hätte am Wochenende mal wieder gesündigt, ist damit eher ein etwas üppigeres Essen als ein Verstoß gegen eines der Zehn Gebote gemeint. Wer als Verkehrssünder erwischt wird, erntet eher Mitleid angesichts des Bußgeldes denn Schimpf und Schande. Wer über die sündige Meile spricht, wird das nicht ohne hintergründiges Schmunzeln tun.

 

Keiner hat sich voll im Griff

 

Doch machen wir uns nichts vor, zwischen Schuldkomplex und Unschuldswahn dürfte klar sein: Keiner hat sich hundertprozentig im Griff. Kein Mensch ist perfekt. Und doch bleibt mitunter ein schaler Nachgeschmack, weil eigentlich klar ist: Was ich da getan habe, war nicht in Ordnung. Das kennt jeder.

Die Frage ist, wie ich mit damit umgehe. Alles aushalten, mit sich herumschleppen, verdrängen – ich glaube, das kostet letztlich viel mehr Kraft, als mich dem Schweren, Dunklen zu stellen.Und dabei soll diese Fastenzeit helfen – als ein Zeit-Raum der Barmherzigkeit. Es geht doch längst mich mehr darum, in einem dunklen, muffigen Beichtstuhl voller Angst und Scham meinen Sündenkatalog zu beichten und hinterher so klein mit Hut wieder herauszukommen.

 

Gott lässt nicht drei gerade sein

 

Im Gegenteil: In diesem Zeit-Raum der Barmherzigkeit darf das Verdrängte endlich heraus und das Dunkle endlich ans Licht kommen. Dieser Zeit-Raum der Barmherzigkeit richtet mich auf. Er will nicht einfach drei gerade sein, sondern mich gerade sein lassen, dass ich aufrecht und aufrichtig durchs Leben gehen kann.

Gott lässt niemanden fallen – das ist für mich einer der wesentlichen Lehrsätze des christlichen Glaubens. Mehr noch: Dieser Gott kommt mir mit weiten Armen entgegen. Dieser Gott ist Barmherzigkeit pur.

 

Ich habe mich abgewendet vom Grundguten

 

So vor diesem Gott stehend kann ich endlich und voll und ganz zu mir stehen – eben auch zu meinen Fehlern und sie beim Namen nennen: Ja, ich habe Mist gebaut. Ich bin schuldig geworden. Ich habe gesündigt. Und das heißt: Ich habe mich abgewendet, abgesondert von dem, was eigentlich an Grundgutem in mir liegt, von diesem Grundguten, mir immer Zugewandten, das mich leben lässt und will – von Gott. In seiner Zuwendung kann ich umdrehen, umkehren.

Aber das funktioniert eben nicht mit einem schlichten „Sorry“. Es braucht wirklich Entschuldigung. Wenn wir im Deutschen genau das sagen: „Entschuldigung!“, dann ist damit die Sache noch nicht erledigt. Denn der ganze Satz zu diesem einen Wort lautet: „Ich bitte dich um Entschuldigung.“ Verzeihen kann nur der andere. Entschuldigung und Vergebung – das kann sich keiner selber zusprechen.

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