Kirche+Leben Lexikon

Was bedeutet Beten?

Beten ist Sprechen mit Gott. Diese alte, schöne Formulierung für das, was Beten ist, ist vielen Christen sehr vertraut.

Anzeige

Beten ist Sprechen mit Gott. Diese alte, schöne Formulierung für das, was Beten ist, ist vielen Christen sehr vertraut. Und nicht nur Christen ! Denn das Beten gehört zu den ureigensten Glaubensäußerungen einer jeden Religion. Wir kennen das Gebet der Psalmen und andere große Gebete aus der Tradition des Judentums. Das mehrmalige tägliche Beten der Muslime nötigt uns Respekt und Bewunderung ab.

Aber was ist mit denen, die auf eine Antwort im Gebet sehnsüchtig, aber vergeblich warten? Ist Beten immer das Sprechen „mit“ Gott, ist es nicht öfter das Sprechen „zu“ Gott, bei dem man manchmal aber in der Dunkelheit und Einsamkeit bleibt. Der Beter bekommt keineswegs immer eine Antwort, erst recht nicht, eine sofortige „Gebetserhörung“. Die Erfahrung des Dunkels, in das hinein einer betet, ist selbst großen Heiligen nicht unbekannt gewesen, etwa Terese von Lisieux. Ist Beten nicht oft ein Monolog, kein Dialog?

Medientipp:
Glaube im Wandel
60 Schlüsselbegriffe erklärt.
Ulrich Zurkuhlen
144 Seiten, 3,50 Euro
ISBN 978-3-933144-20-1
Dieses Buch bestellen...

Beten ist: Sein vor Gott! Beten ist oft einfach dies: Sich wortlos in das Dunkel Gottes hineinfallen lassen! Um die Gegenwart Gottes wissen, auch wenn Gott mehr der Schweigende als der Redende ist! Viele Menschen machen die Erfahrung, dass es gut ist, einfach still zu werden und in der Gegenwart des schweigenden Gottes zur Ruhe zu kommen. Der schweigende Gott und der schweigende Mensch können sehr wohl einander sehr nahe sein. Auch unter Menschen ist manchmal das gemeinsame Schweigen ein viel tieferes Zeichen der Nähe, als das gemeinsame Reden.

Ob Jesus das vielleicht auch gemeint hat, als er sagte, man solle beim Beten nicht viele Worte machen, das täten schließlich die Heiden? Und seltsamerweise ist uns ja von Jesus überliefert, dass er lange Zeit im Gebet zubrachte, aber es sind uns nur wenige formulierte Gebete von ihm bekannt. Wahrscheinlich war Jesus in seinem engen und direkten „Sein vor Gott“ der große Betende.

In der Meditation, die vor allem bei den Christen der Ostkirche seit vielen Jahrhunderten gepflegt wird, beschränkt sich das Gebet oft nur auf eine einzige, immer zu wiederholende Gebetsformel, das „immerwährende Jesusgebet“, das im Gebetbuch „Gotteslob“ ausführlich dargestellt ist. In die entspannte körperliche Meditationshaltung wird immer wieder das Wort „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner!“ leise hineingesprochen, und zwar im Rhythmus des Atmens, so dass Leben (= Atmen) und Beten zu einer Einheit werden. Gerade für Menschen, denen es schwer fällt, beim Beten viele Worte zu machen, ist das immerwährende Jesusgebet eine große Hilfe. „Das Jesusgebet wird von jenen, die es üben, als ein Weg zur inneren Freiheit bezeichnet“ (Gotteslob Nr. 6,8). Das ist Beten: In Gottes stiller Gegenwart zur inneren Freiheit kommen!

Anzeige