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Wäre es denn wirklich denkbar, dass alle Menschen, auch die neugeborenen Kinder, durch bloße Vererbung Sünder sind und damit die Gemeinschaft mit Gott verloren haben, nur weil die ersten Menschen im Paradies einen Apfeldiebstahl begangen haben?
Wäre es denn wirklich denkbar, dass alle Menschen, auch die neugeborenen Kinder, durch bloße Vererbung Sünder sind und damit die Gemeinschaft mit Gott verloren haben, nur weil die ersten Menschen im Paradies einen Apfeldiebstahl begangen haben? Seit Generationen kämpfen Menschen mit dieser Vorstellung und fragen angesichts der Erbsündenlehre nach dem liebevollen, guten, menschenfreundlichen Gott. Aber was bedeutet dann „Erbsünde“?
Gleich bei mehreren heutigen Theologen (z.B. Peter Knauer SJ: „Unseren Glauben verstehen“) fand ich einen Zugang zu dem, was mit „Erbsünde“ gemeint ist: Die Wurzel alles Bösen in der Welt ist die panische Angst des Menschen um sich selbst; die Angst, sich selber absichern zu müssen gegen alle und alles, was als Bedrohung oder Beschränkung der eigenen Existenz angesehen wird. Solche Angst um Leben und Gesundheit, Anerkennung und Prestige, Erfolg und Einfluss kennen wir aus dem eigenen Leben und dem unserer Zeitgenossen nur allzu gut.
Diese Angst um sich selbst ist wohl das Grundproblem menschlichen Zusammenlebens: Menschen werden immer wieder unmenschlich im Umgang miteinander. Offenbar hindert die Angst um sich selbst die Menschen daran, menschlich zu sein, und das ist dann Schuld; Menschen werden aus Angst um sich selbst aneinander schuldig.
Medientipp:
Glaube im Wandel
60 Schlüsselbegriffe erklärt.
Ulrich Zurkuhlen
144 Seiten, 3,50 Euro
ISBN 978-3-933144-20-1
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Auch das Verhältnis zu Gott ist dadurch heillos gestört: Wo der Mensch die Sicherungen seines Lebens nur bei sich selbst sucht, setzt er sich an Gottes Stelle; da „will er wie Gott sein“. Auch das eigene Leben ist geschädigt durch die Angst um sich selbst: Viele Absicherungsmechanismen, viel Freudlosigkeit und Hilflosigkeit hindern ihn daran, zur „Fülle des Lebens“ zu kommen. Jesus sagt ja das berühmte Wort: „Wer sein Leben um jeden Preis festhalten will, wird es verlieren!“ (Joh 12, 25)
Zweifellos hat die Angst um sich selbst ihre Ursache in der Verletzbarkeit und Vergänglichkeit des Menschen: Wenn das Leben durch Zeugung und Geburt anfängt, steht es bereits unter der angstmachenden Bedrohtheit. Die Angst um sich selbst ist die logische Konsequenz aus seiner bedrohten, geschöpflichen, der Vergänglichkeit unterworfenen Existenz.
Der „Kath. Erwachsenen-Katechismus“ schreibt: „Nach katholischer Lehre besteht die Erbsünde im Zustand allgemeiner Heillosigkeit des Menschen und der Menschheit.“ Gerade der Versuch des Menschen, diesen Unheilszusammenhang aus eigener Kraft aufzulösen, führt ihn ja immer tiefer in die Not der Unerlöstheit hinein; nicht Angst um sich selbst, sondern Hoffnung wäre dann die Lösung, die Er-Lösung. Aber was ist dann eigentlich Erlösung?