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Mit der Enzyklika „Rerum Novarum“ (1891) begann die Entwicklung einer eigenen kirchlichen Soziallehre (heute auch: Christliche Sozialethik). Die philosophische Methodik der Sozialethik, basierend auf biblischen Elementaraussagen (Verantwortung vor einem Schöpfer, Gleichheit aller Menschen, gemeinsames Lebenshaus der Erde), wird hierbei durch Erkenntnisse der Sozial- und Naturwissenschaften ergänzt.
Sie ist gekennzeichnet durch drei Prinzipien:
- Personalität als Vorrang des Individuums vor dem System
- Solidarität als wechselseitige Verantwortung der Personen
- Subsidiarität als Vorrang der kleinen Einheiten im System, die eigenständig für ihren jeweiligen Bereich entscheiden und sorgen.
Ausgangsposition moderner christlicher Sozialethik sind die Grenzerfahrungen menschlichen Lebens (Armut, Krankheit, soziale Ungerechtigkeit, Unfreiheit, Krieg u.a.), die mit dem Ziel eines würdigen und solidarischen Daseins aller Menschen als Erfüllung des Schöpferauftrags Gottes in Konflikt geraten. Praxisfelder sind die Sicherung des Friedens, die Förderung wirtschaftlich-sozialer Entwicklung und der Schutz der Schöpfung. Für den menschlich-politischen Bereich ist Solidarität das vorrangige Ziel.
Konkrete Umsetzungen kirchlicher Soziallehre finden sich in der Aufnahme des Subsidiaritätsprinzips durch die Europäische Union, in der Aufnahme lohnpolitischer und einkommensverteilender Ideen durch die Tarifpartner in Deutschland, im sozialen und politischen Engagement kirchlicher Hilfswerke und in der verbreiteten Solidarität mit benachteiligten Gruppen.