Seltenes Loch in der Decke in Münster-Kinderhaus

Was das Heilig-Geist-Loch mit einer hölzernen Taube verbindet

  • In der St.-Josefs-Kirche in Münster-Kinderhaus gibt es ein besonderes Loch im Deckengewölbe – und zwar ein Heilig-Geist-Loch.
  • Solche Löcher sind in Süddeutschland üblich, im Münsterland allerdings eine Seltenheit.
  • Walter Schröer hat sich mit der Geschichte des Lochs in Kinderhaus beschäftigt.

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Heilig-Geist-Loch: Eigentlich ist das nur eine Öffnung im Deckengewölbe einer Kirche. Ein jahrhundertealtes Brauchtum macht solche Himmelslöcher interessant, zum Beispiel in der St.-Josef-Kirche in Münster-Kinderhaus.

„Was hat ein Loch in einer Kirchendecke mit dem Heiligen Geist zu tun?“ Bei dieser Frage muss Walter Schröer schmunzeln. Der zweite Vorsitzende der Bürgervereinigung Kinderhaus kennt die Antwort, denn er hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. „Durch dieses Loch kommt der Heilige Geist am Pfingstfest zu den Gläubigen“, ist zunächst mal die kurze Antwort. Klar, denn Pfingsten ist in der katholischen Kirche das Fest des Heiligen Geistes, der als Taube zu den Jüngern Jesu kommt. Mithilfe der himmlischen Kraft können sie in allen fremden Sprachen reden und alle Menschen verstehen.

Ein Loch, das sich unterscheidet

Die Symbolkraft dieses Ereignisses, das 50 Tage nach Ostern gefeiert wird, hat liturgische Inszenierungen im wahrsten Wortsinn beflügelt. Dabei entstand irgendwann die Geschichte mit dem Pfingstloch. Und damit beginnt dann auch die Erklärung für das besondere Loch im Kreuzrippengewölbe der St.-Josef-Kirche.

Walter Schröer interessiert sich seit vielen Jahren für Kirchengeschichte, besonders in seinem Stadtteil. Bei seinen Erkundungen fiel im vor etwa zehn Jahren auf, dass es in St. Josef im Deckenbereich ein Loch gibt, das sich durch seine prunkvolle Umrandung von den anderen Löchern in den Gewölberippen unterscheidet, die als Schall-Löcher bekannt sind. „Damals wusste ich aber nicht, was das ist“, erinnert sich der Augenoptikermeister, der sich in seinem Ruhestand im kirchlichen Bereich und in der Heimatpflege engagiert.

Heilig-Geist-Löcher in Süddeutschland üblich

Heilig-Geist-Löcher zeichnen sich durch eine kunstvolle Umrandung aus, so wie in der St.- Josef-Kirche in Münster-Kinderhaus. | Foto: Hubertus Kost
Heilig-Geist-Löcher zeichnen sich durch eine kunstvolle Umrandung aus, so wie in der St.- Josef-Kirche in Münster-Kinderhaus. | Foto: Hubertus Kost

Aus alten Schriftstücken kannte er zwar die Geschichte der Kirche, das Heilig-Geist-Loch war ihm aber noch nicht aufgefallen. Seine Nachforschungen zeigen, dass Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen, der die Kirche 1671 erbauen ließ, dabei auch die besondere Umrandung eines Lochs im Gewölbe in Auftrag gab. In Süddeutschland waren solche Heilig-Geist-Löcher üblich, die Ränder fielen durch kunstvolle Verzierungen auf. Im Münsterland ist das Himmelsloch eine Seltenheit, „eigentlich eine Ausnahme“, sagt Walter Schröer. In dieser Region ist es sogar einmalig, da ist sich der Handwerksmeister sicher.

Die St.-Josef-Kirche entstand übrigens schon 1342 als Kapelle für Leprakranke, die in Kinderhaus auf einer Leprastation betreut wurden. Die spätere Kirche war zunächst der Heiligen Gertrud geweiht, bevor sie umgewidmet wurde.

Hölzerne Taube gleitet durch das Loch

Aus verschiedenen Unterlagen geht hervor, dass seit dem Mittelalter in Pfingstgottesdiensten die Ausgießung des Heiligen Geistes anschaulich dargestellt wurde. So regneten in südlichen Ländern zum Beispiel Rosenblätter aus dem Kirchengewölbe auf die Besucher der Gottesdienste. In Deutschland war es Brauch, dass eine hölzerne Taube durch das Heilig-Geist-Loch herabgelassen wurde. Auch Feuer kam als Symbol für die Feuerzungen des Heiligen Geistes zum Einsatz, was manchmal – so ist es überliefert – zu brandgefährlichen Situationen führte. Für die Kirche in Kinderhaus sind solche Schauspiele nicht belegt, die Sache mit der Taube dürfte es aber gegeben haben.

Das Loch wurde auch für den umgekehrten Weg genutzt. Zum Beispiel an Christi Himmelfahrt. Dann stieg eine Christusfigur an einem Seil durch die Öffnung und dann in den Himmel auf.

Der seit der Gotik bekannte Brauch geriet nach der Zeit der Aufklärung in Vergessenheit und ist längst Geschichte. Walter Schröer hat keine Kenntnis darüber, ob es noch irgendwo eine Kirche gibt, zu der an Pfingsten eine Taube durch ein Heilig-Geist-Loch schwebt. Der ehemalige Küster erzählt die Geschichte vom Heilig-Geist-Loch aber immer gern, wenn er Besucher durch die Kirche führt, in deren Deckengewölbe er die besondere Öffnung entdeckte.

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