Roadstory (8): Der Imker-Pfarrer Bernd Holtkamp in Bakum

Was haben Bienen und Kirche gemeinsam, Herr Pfarrer?

Die Schutzausrüstung braucht Pfarrer Bernd Holtkamp nur, wenn er im Stock nach dem Rechten sieht. Ansonsten sind die Europäischen Honigbienen sehr friedliche Tiere.Video: Marie-Theres Himstedt

Haben Bienen und Kirche etwas gemeinsam? Ja, meint Pfarrer und Hobby-Imker Bernd Holtkamp. Was das ist und warum er sich ausgerechnet für das Imkern als Hobby entschieden hat, erklärt er gern.

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Bernd Holtkamp ist seit einem knappen Jahr Pfarrer in St. Johannes Bakum. Außerdem ist er Landesjugendseelsorger für den Offizialatsbezirk Oldenburg. Eigentlich bleibt da nicht viel Zeit für sein Hobby, das Imkern. Was Bienen mit Kirche gemeinsam haben, und was er von der aktuellen Debatte um die Fleischindustrie hält, berichtet Bernd Holtkamp bei einem Besuch im Pfarrgarten.

Mit einem Ausflug zu einer befreundeten Familie in Lohne vor zwei Jahren fing es an: „Ich durfte dort bei der Honigernte helfen. Das hat mir Spaß gemacht, das fand ich toll.“ Ob er nicht auch ein Volk wolle? Bernd Holtkamp zögerte. Er war gar nicht auf der Suche nach einem neuen Hobby, denn „das bedeutet mitunter auch neue Verpflichtungen und Termine“, sagte er sich. Ein interessanter Prozess, der ihm Parallelen zu seinen Gemeindemitgliedern aufzeigte: „Es war ganz gut, dem nachzugehen und sich in unsere Ehrenamtlichen hineinzuversetzen. Das befürchten sie vielleicht auch, wenn sie mit Kirche zu tun haben: Verpflichtung, viele Termine, Druck im Ehrenamt.“

 

Entschleunigung durch Bienen-Beobachen

 

Was dagegen hilft? „Entschleunigung“, hat Pfarrer Holtkamp gelernt. Seine Freunde empfahlen ihm, es in Sachen Bienen langsam angehen zu lassen und verwiesen ihn an Alfons Rüwe als „Bienen-Paten“: „Wir haben dann an Wochenenden die Bienen durchgeguckt.“ So heißt das in Imkersprache, wenn sich die Bienenexperten miteinander unterhalten. Wie die Königin ihre „Stifte“ (Eier) legt, wie sie die Bienen heranzieht, wie „der Bien“, der Organismus, funktioniert.

Diese Zusammenhänge faszinieren den 37-Jährigen, der aus Evenkamp bei Löningen stammt. Nach dem Abitur und dem Zivildienst im Löninger St. Anna Stift studierte er Philosophie und Theologie in Münster. „Der Apostel Paulus sagt, ihr seid ein Organismus. Der Fuß kann nicht zur Hand sagen, ich brauche dich nicht‘ (1Kor12,15), verweist er auf die entsprechende Bibelstelle. „Und so kann ich den einzelnen Christen auch nicht für sich alleine denken.“ Bei den Bienen sei das ähnlich: „Königin, Arbeiterinnen und Drohnen haben je ihren Arbeitsbereich, sind aufeinander verwiesen. Und wenn ich beispielsweise die Königin zur falschen Zeit herausnehme, dann geht das Volk ein.“

 

Notfall: „Herr Pfarrer, Ihre Bienen hängen im Apfelbaum!“

 

Seit er zwei Völker geschenkt bekam, ist Holtkamp mittlerweile begeisterter Imker. 35 Kilo haben die Bienen im Pfarrgarten und darüber hinaus im Frühjahr gesammelt. Die Bienen sind fleißig: „Ich kann nicht viel eingreifen, ich kann nur zuschauen, und gucken, dass sie nicht schwärmen.“ Einmal, nach dem Hochamt, bekam er dann doch einen Anruf: „Herr Pfarrer, Ihre Bienen hängen im Apfelbaum!“ Da war besonnenes Handeln gefragt: „Mein Pate sagte: ‚Ach, schwärmende Bienen, die kann man auch im Schlafanzug einfangen.‘“ Das habe er dann nicht gemacht, sondern in Schutzkleidung den Schwarm aus dem Baum geholt.

Jetzt steht der Ableger in Vestrup im Pfarrgarten, wo es viele Lindenbäume um die Kirche gibt. Den 37-Jährigen begeistert auch das Ernten: „Das sind einfach grandiose Zahlen“, schildert Holtkamp: „Für ein Glas Honig, 500 Gramm, fliegen die Bienen etwa drei Millionen Blüten an. Davor kann ich nur staunen.“ Aufgrund ihrer damit einhergehenden Wachsproduktion komme ihnen ja sogar in der Liturgie eine besondere Rolle zu: „In dieser gesegneten Nacht, heiliger Vater, (…) nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe! Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet, wird sie dir dargebracht von deiner heiligen Kirche durch die Hand ihrer Diener“, heißt es etwa im feierlichen Exsultet, das in der Osternacht gesungen wird. Das Lob auf die Osterkerze wurde schon vom Kirchenlehrer Augustinus im 5. Jahrhundert gebetet.

 

Namenspatron Bernhard von Clairvaux predigte „süß wie Honig“

 

Papst Urban VIII. trug drei Bienen als Symbole für Arbeit, Sparsamkeit und Süße in seinem Wappen. Diesen Papst hatte Bernd Holtkamp fast täglich vor Augen, als er zur Ausbildung in Rom war. Direkt am Collegium Germanicum liegt die Piazza Barberini, die Urban VIII. gewidmet ist. „Und nicht weit davon steht der Bienen-Brunnen“, weiß Holtkamp. Bernd Holtkamp studierte fünf Jahre in Rom und wurde dort 2011 von Bischof Felix Genn zum Priester geweiht: „Zufällig hat auch mein Namenspatron Bernhard von Clairvaux einen Bienen-Bezug“, meint Holtkamp mit einem verschmitzten Lächeln. Der Zisterzienserabt, der von 1090 bis 1153 lebte, wurde als „doctor mellifluus“ bezeichnet: „Das heißt so viel wie ‚honigfließender Lehrer‘“, berichtet Holtkamp. Der Mönch soll ein begnadeter Prediger gewesen sein, mit „Worten, so süß wie Honig“.

Als jüngstes von drei Kindern wuchs Bernd Holtkamp in einem landwirtschaftlichen Milieu auf, seine Mutter bewirtschaftet heute noch einen großen Gemüsegarten. Der Bezug zur Natur war ihm immer wichtig. Für die Umwelt, für Gärten und Bienen sei Corona in diesem Jahr eine Chance gewesen: „Wir feiern sonst einmal im Jahr Erntedank, aber wer nah am Gärtnern ist, dem geht auf, dass letztlich alles Gabe ist.“

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