Neue Lektionare ab erstem Advent im Einsatz

Was ist anders in der neuen Bibelübersetzung?

Ab dem ersten Advents sind die neuen Lektionare im Einsatz. Grundlage ist die neue Einheitsübersetzung der Bibel. Auf welche Änderungen sich die Gottesdienstbesucher gefasst machen müssen, erklärt die Leiterin des Katholischen Bibelwerks.

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Im Jahr 2016 haben die beiden großen Kirchen ihre neuen Bibelübersetzungen vorgestellt. Jetzt ist auch das Lektionar, also das liturgische Buch für die katholischen Gottesdienste entsprechend geändert. Und die Texte halten ab dem ersten Adventswochenende auch Einzug in die Messfeiern. Im Interview sagt die Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Katrin Brockmöller, ob sich die Kirchgänger umstellen werden müssen.

Frau Brockmöller, worauf müssen sich Besucher katholischer Gottesdienste ab dem ersten Adventswochenende einstellen?

Auf sehr behutsame Änderungen. Die meisten Texte wurden nur in Nuancen überarbeitet. Das werden vor allem diejenigen hören, denen die Bibel sehr vertraut ist. Insgesamt wurde näher am hebräischen und griechischen Wortlaut der Schriften übersetzt.

Können Sie einige Beispiele nennen?

Katrin Brockmöller ist die Direktorin des Katholischen Bibelwerks. | Foto: Jens Joest
Katrin Brockmöller ist die Direktorin des Katholischen Bibelwerks. | Foto: Jens Joest

Am 1. Advent wird aus dem Lukas-Evangelium gelesen. Dort heißt es über die Endzeit: Dann wird man den Menschensohn in einer Wolke kommen sehen. Früher hatte man übersetzt: 'auf einer Wolke'. Hier handelt es sich nicht um eine Art fliegenden Teppich, sondern um ein sprachliches Bild für göttliche Gegenwart. Wie Gott beim Auszug aus Ägypten oder am Sinai in der Wolke gegenwärtig ist, so ist Gott beim Ende der Welt gegenwärtig. Ebenfalls im Lukas-Evangelium wird vor Rausch und Trunkenheit und der Wirkung der Sorgen des Alltags auf die Menschen gewarnt. Da hieß es bisher, die Sorgen sollen einen nicht verwirren - jetzt heißt es: Die Sorgen sollen das Herz nicht beschweren.

Wie wird das an Weihnachten sein, bleibt da der Text gleich?

Auch im Weihnachtsevangelium gibt es kleine Veränderungen. Schön finde ich persönlich, dass der Gesang der Engel auch im Deutschen identisch mit dem Gloria beginnt: 'Ehre sei Gott in der Höhe.' Damit hört man, dass jedes Gloria an die weihnachtliche Botschaft der Engel erinnern soll und wir mit ihnen singen. Aber mir geht es wie vielen: Nicht jede Veränderung spricht mich an. Es geht mehr darum, was ein Wort in einem Menschen zum Klingen bringt. Es heißt jetzt im selben Text 'Menschen seines Wohlgefallens'. Mir gefiel 'Menschen seiner Gnade' besser, einfach weil ich das Wort 'Gnade' mag. Das ist an der Stelle keine Frage der richtigen Übersetzung, sondern wie man ein Wort hört.

Auffällig ist, dass in den Briefen der Apostel bei der Anrede aus 'Brüdern' nun 'Brüder und Schwestern' werden. Wo kommen die Frauen auf einmal her? Ist das political correctness?

Wer trägt die Kosten?
Das neue Lektionar müssen sich die Pfarreien im Bistum Münster selbst anschaffen. Das teilte die Bischöfliche Pressestelle auf Anfrage von „Kirche-und-Leben.de“ mit. In der Regel benötigt jede Pfarrei für jede ihrer Filialkirchen ein eigenes Lektionar. Es ist in acht Bände aufgeteilt: drei für die Sonntags-Lesungen in den Lesejahren A, B und C. Fünf weitere für Weihnachts- und Osterfestkreis, die Wochentage und Heiligenfeste, die Feier der Sakramente, Begräbnisse und schließlich für die Marien- und Votivmessen. In Summe belaufen sich die Kosten für alle acht Bände auf etwa 500 Euro. (ms)

Ja und Nein. Die Frauen waren schon vorher da. Nichts spricht dafür, dass sich der Apostel Paulus ausschließlich an Männer wenden wollte, die Frauen sind in den frühen Gemeinden präsent, Paulus grüßt sie ja auch namentlich. Das griechische Wort bedeutet sowohl 'Brüder' als auch 'Geschwister'. Auch diese Neuerung ist näher am Text.

Hatte die neu übersetzte Heilige Schrift auch sonst Auswirkungen auf das Lektionar?

Nein, lediglich die Bibeltexte wurden geändert. Interessant kann sein festzustellen, dass im katholischen Gebetbuch, dem Gotteslob, die Fassung der alten Einheitsübersetzung bewahrt bleibt. Vor allem bei den Psalmen ist das deutlich erkennbar.

Aber könnte das nicht zu Irritationen führen?

Oder zum Beginn eines wertvollen Austauschs. Denn wenn wir über die Bibel ins Gespräch kommen, fängt Glaubenskommunikation an: Wie höre ich einen Text, und wie hörst Du ihn?

Was bedeuten die Neuübersetzung für den Alltag - etwa für Praktiker, die die Texte vorlesen oder auslegen?

Als erstes den Auftrag, sich damit auseinander zu setzen. Und wenn an dieser Stelle Eigenwerbung erlaubt ist: Wir haben ein Buch erstellt mit dem Titel 'Sonntagsworte', in der für jeden Sonn- und Feiertag je eine Veränderung erläutert wird. Wer es lieber online und kostenlos hat, kann sich bei www.bibelwerk.de mit ein paar Wochen Vorlauf informieren.

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