Kirche+Leben Lexikon

Was ist die Düstere Mette?

Immer am Mittwoch in der Karwoche wird im Paulusdom in Münster die "Düstere Mette" gefeiert, die "Kirche-und-Leben.de" ab 19.40 Uhr live überträgt. Was es mit diesem typisch münsterischen, fast schaurigen Brauch auf sich hat, erklärt unser Lexikon.

Anzeige

„Kommt, lasset uns vergiften sein Brot und ihn austilgen aus dem Land der Lebenden.“ Texte voller Dramatik. Anders als sonst strahlte der münsterische St.-Paulus-Dom am Mittwoch in der Karwoche nicht in hellem Licht und im Schein vieler Kerzen. Im Gegenteil: Er verdunkelt sich mehr und mehr. Ohnehin schon spärlich ausgeleuchtet, werden nach und nach auch 15 Kerzen auf einem Leuchter im vorderen Altarraum der Kathedrale in einer Andacht gelöscht. Diese Zeremonie gibt diesem Gottesdienst den Namen „Düstere Mette“.

Die eigentümliche Stimmung verstärkt der Domchor, der die Klagelieder des Propheten Jeremias in vier- bis achtstimmigen Kompositionen von Tommaso Ludovico da Vittoria singt. Obwohl es die offizielle Liturgie nicht mehr vorsieht, hält sich diese alte Tradition der Karmetten in der Mutterkirche des Bistums Münster. Die „Düstere Mette“ mit der ihr eigenen nahezu schaurigen Atmosphäre führt die Gläubigen zum Anfang vom Ende des Jesus von Nazareth: Den Verrat durch seinen Freund Judas Iskariot.

 

Verhängnisvolle Ereignisse

 

15 Kerzen auf einem Leuchter im vorderen Altarraum des Münsteraner DomsOhnehin schon spärlich ausgeleuchtet, werden nach und nach auch 15 Kerzen auf einem Leuchter im vorderen Altarraum des Münsteraner Doms in einer Andacht gelöscht. | Foto: Norbert Göckener

Am Beginn der „Mette“ steht die Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu, das er mit seinen Aposteln hielt. Danach nehmen die verhängnisvollen Ereignisse ihren Lauf; im Garten von Getsemani ringt Jesus mit sich und seiner Entscheidung zu sterben. Am Ende steht die Gefangennahme Jesu, nachdem Judas den Soldaten durch einen Kuss ihr Opfer zeigte.

Den Rahmen für diese Erinnerung an den Freundschaftsbruch bieten mehr als 2.500 Jahre alte Texte: Die Klagelieder des Propheten Jeremias entstanden 586 vor Christus zur Zeit der Zerstörung Jerusalems. Darin beklagt der Prophet das Unglück der Stadt, die - von Gott abgewendet - zur Witwe geworden ist, weil Gott als ihr geistiger Ehegemahl sie verstoßen hat.

 

Dom in Dunkelheit getaucht

 

In den Karmetten werden sie zum Klagelied Jesu über Jerusalem, das den Gottessohn hinrichtet. Als Trauerklage der Kirche um Christus haben sie ihren Platz in der Karwoche. „Sie gehören zum Eindrucksvollsten, was die Kirche in ihrem Gebetsschatz zu bieten hat“, so der frühere Domchordirektor Freimuth (+).

Die melancholischen Gesänge mit ihren trostlosen Texten zeigen - verbunden mit dem Löschen der Kerzen - das unausweichliche Ziel der Leidensgeschichte an: Den Tod Jesu am Kreuz. Nach dem letzten Gebet wird auch die letzte Kerze ausgelöscht, der Dom in Dunkelheit getaucht. In der Osternacht nimmt diese Lichtsymbolik den umgekehrten Weg: In das dunkle Gotteshaus wird die Osterkerze hineingetragen und die Gläubigen feiern es als „Christus das Licht“.

 

Gestörte Ordnung

 

„Unter Lärmen“, so der liturgische Hinweis, als Ausdruck der Verlassenheit und der Trauer verlassen die Priester am Ende der Andacht nicht wie sonst gemeinsam, sondern einzeln und ungeordnet ihren Platz im Chorgestühl. - Eine „gestörte Ordnung“ als Hinweis auf die Verstörtheit der Weltordnung im Tod Christi.

Zweifelsohne eindrucksvoll, was die Gläubigen erleben: Der letzte Gesang des Domchores lautete: „Mein Freund hat mich verraten mit einem Kuss. - Den ich küsse, der ist es, ergreift ihn. - Dieses frevle Zeichen hatte er ihnen gegeben; mit einem Kuss vollbrachte er den Mord. Das Blutgeld warf der Unselige hin und erhängte sich am Ende mit einem Strick...“ Die sich nicht auflösen wollende Dissonanz des Schlussakkords - musikalisches Zeichen des Erhängens – klingt noch lange im Gewölbe nach.

Anzeige