Seelsorger, Ärzte und Pfleger der Alexianer-Einrichtungen regieren kreativ

Weihnachten und Corona - doppelte Belastung für psychisch Kranke

  • Die Weihnachtszeit ist für psychisch kranke Menschen auch in normalen Jahren oft eine Belastung. Derzeit kommen die Herausforderungen der Pandemie hinzu.
  • Auch die Ärzte, Pfleger, Seelsorger und Betreuer sind deshalb in diesem Jahr besonders gefordert.
  • Mit kreativen Ideen versuchen sie, ein Stück der Weihnachtsstimmung zu retten.

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Die Advents- und Weihnachtszeit ist für Menschen mit psychischen Erkrankungen ohnehin schon eine besondere Herausforderung. Belastende Erinnerungen, das Aufbrechen familiärer Konflikte oder soziale Ängste bedeuten für sie zusätzliche Stressfaktoren. In diesem Jahr kommt noch die Ausnahmesituation der Corona-Pandemie dazu. Die Gestaltung der All- und Festtage stellt die stationären und ambulanten Einrichtungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen daher vor eine doppelte Herausforderung.

„Es wäre geschönt, wenn wir die Einschränkungen an den Kliniken und in den Wohnbereichen nicht als schmerzlich bezeichnen würden“, sagt Dr. Judith Alferink, Chefärztin im Alexianer-Krankenhaus in Münster-Amelsbüren. „Wie in der Allgemeinbevölkerung steigen in der Pandemie Ängstlichkeit und Depressivität – das Wohlbefinden wird reduziert.“ Ein Lockdown, wirtschaftliche Unsicherheiten oder allein schon die Abstandsregeln stellen nach ihren Erfahrungen für Menschen mit psychischen Beschwerden zum Teil schwere Belastung dar.

 

Hadern hilft nicht

 

Professor Dr. Judith Alferik
Professorin Dr. Judith Alferink ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und Chefärztin im Alexianer-Krankenhaus in Münster-Amelsbüren. | Foto: pd

Für alle Beteiligten in den Einrichtungen der Alexianer in der Region Münster bedeutet das zusätzlichen Ballast. In den stationären und ambulanten Betreuungs- und Pflege-Angeboten sowie in den Werkstätten und Kliniken der Alexianer in der Region Münster leben und arbeiten mehrere tausend Patienten und Klienten. 3.000 Mitarbeiter aus den unterschiedlichen Fachbereichen kümmern sich um sie. Für alle formuliert Alferink einen Leitsatz: „Das permanente Hadern mit einer nicht zu ändernden Situation ist nachweislich nicht hilfreich.“

Jedem Einzelnen sollte geholfen werden, die derzeitige Situation ohne „Wenn und Aber“ zu akzeptieren. „Dann kann Energie frei werden.“ Daraus könne dann ein kreativer Umgang mit der Ausnahmesituation entstehen. Konkrete Beispiele sieht sie etwa in einem neuen Ernährungsbewusstsein, im Pläne-Schmieden für die Zeit nach der Pandemie oder in der Nutzung von digitalen Kontakten zu Freunden und Verwandten, aber auch zu Therapeuten.

Von einer rundum positiven Bewertung der derzeitigen Situation sieht Alferink aber ab. Im Rahmen der Pandemie davon zu sprechen, „gestärkt aus der Krise hervorgehen zu können“, oder „das Nichtstun einfach zu genießen“, könne sie nicht.

 

Situation schmälert das Weihnachtsgefühl

 

Schließlich fallen in der Weihnachtszeit wichtige und den Klienten wie Mitarbeitern lieb gewordene Angebote weg. Der traditionelle Besuch der Unternehmensleitung in den einzelnen Einrichtungen etwa muss ausfallen. Gottesdienste wurden in kleinere Formate geändert, Feiern auf die Größe von Kleingruppen reduziert oder abgesagt. Schutz- und Hygiene-Maßnahmen, eingeschränkte Besuchsmöglichkeiten und regelmäßige Testungen schmälern das Weihnachtsgefühl zusätzlich.

Das Seelsorge-Team in Münster-Amelsbüren hat sich viel einfallen lassen, um das abzufedern. So wird es sowohl in der forensischen Christophorus-Klinik als auch auf dem Campus für Bewohner der Wohngruppen Freiluft-Gottesdienste geben. Dafür wurden bereits lebensgroße Krippenfiguren angefertigt, die an beiden Standorten aufgestellt werden. Zudem ging schon zum Advents-Beginn ein Jesus-Kind auf die Reise durch die unterschiedlichen Einrichtungen. Die Bewohner, Patienten und Mitarbeiter konnten sich durch diesen Besuch auf Weihnachten einstimmen.

 

Allein in der Kirche zum Singen

 

Pastoralreferentin Jutta Kasberg
Pastoralreferentin Jutta Kasberg ist Seelsorgerin in den Einrichtungen der Alexianer in Münster. | Foto: pd

„Wir bieten derzeit auch deutlich mehr Einzelangebote an“, sagt Pastoralreferentin Jutta Kasberg. Gerade Seelsorge-Dialoge sind für die Geistliche Begleiterin in den Alexianer-Einrichtungen in Münster-Amelsbüren derzeit wichtiger Teil ihrer Angebote. Dazu gehörte für sie auch, mit dem Bewohner, der gerne Kirchenlieder singt, in die Kirche am Standort zu gehen. „Dort kann er allein singen und die Akustik des Kirchenraums genießen.“

Einig sind sich Alferink und Kasberg, dass die Mitarbeiter in den Einrichtungen ein besonders großes Lob verdienen. „Seit Beginn der Pandemie leisten sie Großartiges“, sagt die Seelsorgerin. „Ich bewundere ihr großes Engagement in Zeiten von Einschränkungen, Sorge um die Patienten und auch um die eigene Gesundheit“, sagt die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.

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