Kommentar von Chefredakteurin Annette Saal zum Fragenkatalog des Vatikan

Weltfremde Weltsynodensprache

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Papst Franziskus hat jüngst die Weltsynode eröffnet. Dabei sei die Mitgestaltung durch die Gläubigen ein zentraler Aspekt. Doch der Fragenkatalog aus dem Vatikan kann zur Verzweiflung führen, kommentiert „Kirche+Leben“-Chefredakteurin Annette Saal.

Haben Sie zufällig eine Sprachwissenschaftlerin in Ihrer Familie? Idealerweise auch einen Theologen? Möglicherweise reicht schon der Nachwuchs in der gymnasialen Oberstufe, dann aber bitte mit Leistungskurs Deutsch. Unter diesen Voraussetzungen haben Sie eine gute Chance, die zehn Fragen aus dem Vatikan im Vorfeld der Weltsynode beantworten zu können.

Wohlgemerkt: Die Absicht von Papst Franziskus  ist überaus begrüßenswert. Er will ein Meinungsbild zum Zustand der katholischen Kirche in der Welt. Er ermutigt zur Mitgestaltung der Kirche von morgen, er will zuhören, was die Menschen bewegt.

 

Menschen fühlen sich überfordert

 

Dazu hat der Vatikan zehn Fragen entwickelt. Aber warum, bitteschön, sind deren sprachliche Bearbeitung und die Übersetzung derart kompliziert ausgefallen?

Viele Menschen jedenfalls dürften sich beim Verständnis der Fragen und damit der Beantwortung überfordert fühlen. Dafür muss sich niemand schämen. Denn nicht jede und jeder hat Germanis­tik und Theologie studiert. Schon der Satzbau ist derart kompliziert, dass der Eindruck entsteht: Dies ist vom Leben sprachlich normal begabter Menschen weit entfernt.

 

Nicht entmutigen lassen

 

Welches Gremium auch immer die Bearbeitung der Texte vorgenommen hat – der Eindruck ist bedauerlich: In den Köpfen vieler Katholiken wird sich ein Bild vom kirchlichen Elfenbeinturm bestätigen, der mit dem alltäglichen Leben kaum Berührungspunkte hat. Doch genau das wird Papst Franziskus nicht gewollt haben – im Gegenteil. Denn Kirche sollte Sache aller Getauften sein – nicht nur der Akademiker.

Da hilft nur eins: Falls sich in der Familie keine sprachlichen Überflieger finden lassen, gibt es hoffentlich in den Pfarreien Menschen guten Willens, die erschließen können, was mit den zehn Fragen gemeint ist. Wer im Sinne des Papstes dazu beitragen will, an der Kirche von morgen mitzuarbeiten, sollte sich durch die Formulierungen jedenfalls nicht entmutigen lassen. Denn Rückmeldungen sind vonnöten. Am bes­ten in kurzen Sätzen, die jeder versteht – und die ein Drehen und Deuteln nicht zulassen.

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