Ökumenischer Rat der Kirchen tagt noch bis zum 8. September in Karlsruhe

Weltkirchentreffen beginnt: Scharfe Kritik an russischen Orthodoxen

  • Die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) hat in Karlsruhe begonnen.
  • Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte, die Spitze der russisch-orthodoxen Kirche lenke die Menschen auf einen "geradezu glaubensfeindlichen" Irrweg.
  • Auch andere Stimmen kritisierten die russische Kirche für ihre Haltung zum Ukraine-Krieg.

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Mit Appellen zum Umweltschutz und zum Frieden in der Ukraine hat am Mittwoch in Karlsruhe die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) begonnen. ÖRK-Generalsekretär Ioan Sauca bezeichnete den Krieg als "klaffende Wunde in unserer Welt von heute". Zugleich verteidigte er das Nein der Versammlung zu einem Ausschluss der russisch-orthodoxen Kirche aus dem Kirchenrat wegen ihrer Unterstützung des Kriegs.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übte in seinem Grußwort heftige Kritik an der russisch-orthodoxen Kirche. Ihre Führer lenkten ihre Gläubigen und ihre ganze Kirche "auf einen schlimmen, ja geradezu glaubensfeindlichen und blasphemischen Irrweg".

Steinmeier: Die Wahrheit sagen über den brutalen Krieg

Mit Blick auf die Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche in Karlsruhe sagte Steinmeier, ihre Anwesenheit sei in diesen Zeiten keine Selbstverständlichkeit. "Dass ihnen die Wahrheit über diesen brutalen Krieg und Kritik an der Rolle ihrer Kirchenführung nicht erspart bleiben wird, das erwarte ich von dieser Versammlung", fügte er hinzu.

Auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), kritisierte in seinem Grußwort den Moskauer Patriarchen Kyrill, der sich von Präsident Wladimir Putin von seinen "Karren spannen" lasse. Es sei für ihn unfassbar, so Kretschmann, wie der Patriarch den brutalen Krieg religiös auflade und zu rechtfertigen versuche. - An der Vollversammlung nimmt auch eine Gruppe von Vertretern der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus der Ukraine teil.

EKD-Vorsitzende Kurschus: Liebe duldet keinen Angriffskrieg

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, sagte mit Blick auf das Leitwort der Vollversammlung, "Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt", die Liebe Christi sei keine Gefühlsduselei, sondern eine Praxis. "Liebe duldet keinen Angriffskrieg. Dem widerspricht sie. Wenn es Versöhnung und Einheit geben soll, dann nicht ohne diese Wahrheit", so die westfälische Präses.

Die Vorstandsvorsitzende der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs, Barbara Traub, die auch dem Zentralrat der Juden in Deutschland angehört, äußerte sich in einem Grußwort besorgt über eine mögliche israelfeindliche Positionierung des ÖRK. Die anglikanische Kirche von Südafrika will eine sehr israelkritische Resolution zur Beratung und Abstimmung in die Vollversammlung einbringen. Traub betonte, die Vollversammlung dürfe nicht zu einer Plattform für Ausgrenzung und einseitige Schuldzuweisungen gegen Juden werden.

Neun Tage Treffen in Karlsruhe

Generalsekretär Sauca ging in seinem Bericht auf die unterschiedlichen Erwartungen an den ÖRK mit Blick auf die Haltung zu Israel und Palästina ein. Die ÖRK-Mitgliedskirchen in der Region hätten sich mit Blick auf "Apartheid"-Etikettierungen Israels und die Boykott-Bewegung BDS "sehr zurückhaltend und nuanciert" geäußert. Er empfehle, so Sauca, "dass wir ihren Stimmen und Bitten folgen".

Die Vollversammlung des ÖRK findet auf gemeinsame Einladung der EKD, der Evangelischen Landeskirche in Baden, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, der Union der Protestantischen Kirchen von Elsass und Lothringen und der Evangelisch-Reformierten Kirche der Schweiz in Karlsruhe statt. Zu der neuntägigen Versammlung kommen mehr als 4.000 Christinnen und Christen aus rund 120 Ländern zusammen.

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