Kirche+Leben-Interview mit dem Münsteraner Theologen und Synodenberater

Södings Fazit zur Weltsynode: Rom wird nicht unsere Probleme lösen

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Vier Wochen Weltsynode im Vatikan enden. Was hat sie nun gebracht? Was ändert sich? Ändert sich was? Thomas Söding, Vize-Präsident des ZdK und als Münsteraner Theologe beratend in Rom dabei, im Bilanz-Interview mit Chefredakteur Markus Nolte.

Herr Söding, vier Wochen Weltsynode haben Sie in der Synodenaula beobachten können. Wo sind Sie klüger geworden?

Beeindruckend ist die Weltkirche. Die katholische Kirche ist so plural wie keine andere Glaubensgemeinschaft. Sie braucht aber den Mut, die Vorteile zu erkennen. Sie will zusammenbleiben und wird das auch. Nur dadurch kann die Pluralität zur Geltung kommen. Was mich zum Nachdenken gebracht hat: Wie stark beeinflussen die unterschiedlichen Kontexte das Denken? 

Wo und wie sind Sie zum Einsatz gekommen – wo brauchten die ja doch auch theologisch gebildeten Bischöfe und anderen Synodalen Ihre theologische Laien-Expertise? Was haben sie also von Ihnen gelernt?

Die theologischen Experten sind zum einen Analysten und zum anderen Zuträger. Es braucht Unabhängigkeit und kritischen Sachverstand, um Stärken und Schwächen von Vorschlägen zu erkennen, die aus der Synode kommen; es braucht auch Vordenken und Einfühlungsvermögen, um der Synode mit Textvorschlägen zu helfen, auf die sie sich verständigen kann. 

Die Synode sollte Synodalität als Prinzip einüben. Was hat die Kirche gelernt?

Synodalität ist ein sperriges Fremdwort, zeigt aber derzeit die größte Bewegung an, die in der katholischen Kirche stattfindet: gemeinsam unterwegs sein, gemeinsam beraten, gemeinsam entscheiden – mit dem Papst, mit den Bischöfen, mit den Pfarrern, aber auch und mit denen, die aus dem „Kirchenvolk“ gewählt sind. Ich bin überzeugt: Das Thema ist angekommen. Die Umsetzung braucht noch Zeit und Raum. Niemand braucht auf römische Direktiven zu warten. Verbote sind fehl am Platz. Jetzt beginnt eine Zeit, da die besten Beispiele ausprobiert werden.

Sie hatten gleichwohl die Chance, dem Papst persönlich eine Frage zu stellen. Worum ging es, was hat er geantwortet – und wie zufrieden sind Sie mit seiner Antwort?

Es war eine Audienz für die „Laien“, zu denen ich ja kirchenrechtlich gehöre. Ich habe einfach die Chance ergriffen, aus der Perspektive des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und des Synodalen Weges zu sagen, wie Kirchenreform und politisches Gewicht zusammenhängen. Seine Antwort blieb allgemein, aber zugewandt: Die Kirche darf sich nicht nur mit sich selbst beschäftigen. Sie muss sich ändern, weil sie eine Aufgabe in der Welt hat.

Zur Frage der (Diakonats-)Weihe für Frauen gab es viel Brodeln in der Synodenaula. Laut Kardinal Fernandez, dem Präfekten des Glaubensdikasteriums, hält der Papst nach vier Jahren Forschungskommission und drei Jahren Weltsynode die Frage noch immer nicht für reif. Wozu dann Kommissionen und Synoden?

Die theologischen Gründe pro Öffnung sind stark. Kulturelle Vorbehalte, die theologisiert werden, aber auch. Um das aufzudecken, braucht es aufgeweckte Theologie. Die bisherigen Kommissionen sind so zusammengesetzt, dass nichts herauskommen kann. Das muss sich ändern. Der Papst zögert – weil andere zögern. Er muss aber wissen, wie viel Vertrauen durch Entscheidungsschwäche und Restriktionen verspielt wird.

Franziskus hat die hierzulande wichtigen Reformthemen aus der Synodenaula in Studiengruppen ausgelagert. Wie haben Sie deren Arbeit empfunden? Welche Rolle spielten sie bei der Synode selbst?

Die anderen Gruppen, auch die von Felix Genn geleitete zum Bischofsamt, haben gut gearbeitet und profund Bericht erstattet, um offen ins Gespräch zu kommen. Das hat die Synode anerkannt. So geht es also auch. Es bleibt dabei, dass die Gründung der Gruppen an der Synode vorbei nicht zum synodalen Prinzip passt. Aber jetzt kommt es darauf an, dass gut gearbeitet wird. Auch in Gruppe 5, die sich mit der Frage des Diakonats der Frau befasst.

Bischöfe in Deutschland wie etwa Franz-Josef Overbeck aus Essen hoffen auf regionale Vielfalt auch bei fundamentalen Reformthemen. Wie sind nach der Weltsynode die Chancen dafür?

Was die katholische Kirche zusammenhält, ist das eigentliche Megathema. Sind es die Rollenbilder des 19. Jahrhunderts, die missionarisch exportiert worden sind und jetzt als ewige Wahrheit gegen den westlichen Zeitgeist verteidigt werden? Sind es Themen angewandter Moral wie die Homosexualität? Oder sind es nicht doch das Evangelium mit der Heiligen Schrift und der Tradition, das Credo, die sieben Sakramente, auch das Bischofsamt – und vor allem das Gottesvolk auf dem Weg? Hier braucht es Klärungen. Die Theologie muss liefern – und das Lehramt sollte sich nicht zu schnell festlegen. Die Öffnung der Zölibatsregel zum Beispiel – warum sollte sie nicht in der Kompetenz einer nationalen Kirchenversammlung liegen? Der sakramentale Diakonat für Frauen – warum soll er nicht dort eingeführt werden, wo der ständige Diakonat eingeführt wird und wo Frauen sich berufen wissen? 

Der Synodale Weg in Deutschland hat deutlich immer wieder auf die Weltsynode verwiesen – nicht zuletzt bei Fragen der Frauenweihe und der Sexualmoral. Was ist nun daraus geworden, was wird noch daraus?

Wir haben auf dem Synodalen Weg in Deutschland genau unterschieden: Welche Hausaufgaben haben wir selbst zu erledigen? Und wo ist die Weltkirche gefragt? In unserer eigenen Verantwortung steht nicht zuletzt die Fortsetzung des synodalen Weges. Hier bestätigt die Synode, dass wir keinen Sonderweg gehen, sondern prägnant ausprägen, was für die gesamte Kirche eingeführt werden soll: Verantwortliche Partizipation auf allen Ebenen. Die Weihe von Frauen und die Änderungen der Sexuallehre sind eine weltkirchliche Frage. Was wir beschlossen haben, haben wir nach Rom übermittelt. Es ist auch hier von Teilnehmern aus Deutschland klar angesprochen worden. Es kommt darauf an, dass die Stimme aus Deutschland nicht allein bleibt. 

Was aus dieser Weltsynode wird, entscheidet der Papst in seinem nachsynodalen Schreiben. Wie haben Sie ihn wahrgenommen? Was wird drinstehen?

Der Papst will den synodalen Aufbruch. Er will ihn aber nicht so schnell und nicht so heftig, wie es viele wollen. Er will ihn schützen und hat deshalb heiße Eisen aus dem Feuer geholt. Dadurch entstehen neue Probleme: Wie die Studiengruppen mit dem Synodalen Weg der Weltkirche zusammengehören, ist offen, gerade für die Frauenthematik ist das schlecht. 

Was machen wir in Deutschland jetzt mit der Weltsynode?

Wir machen weiter. Und zwar in der gelassenen Sicherheit, die nach den wegweisenden Beschlüssen der Synodalversammlungen nun die Arbeit im Synodalen Ausschuss bestimmt. Rom wird nicht unsere Probleme lösen. Aber mit dem, was hier in der Weltsynode beschlossen werden wird, können wir etwas anfangen. Viele in der katholischen Kirche hoffen darauf, keineswegs nur in Deutschland und Europa.

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