Peter Schallenberg im Interview mit Kirche+Leben

Wem soll ich Geld spenden? Ein Moraltheologe gibt Tipps

Kirchliche Hilfswerke, Kinderdörfer, Rotes Kreuz – gerade im Advent bitten viele Organisationen um Spenden. Wem soll ich Geld geben? Darf ich Spendenbriefe wegwerfen? Tipps vom Moraltheologen Peter Schallenberg.

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Kirchliche Hilfswerke, Kinderdörfer, Rotes Kreuz – gerade im Advent bitten viele Organisationen um Spenden. Wem soll ich Geld geben? Darf ich Spendenbriefe wegwerfen? Wie soll ich mit Bettlern umgehen? Und wieviel Geld soll ich im Jahr spenden? Peter Schallenberg gibt Tipps. Er leitet die Katholische Sozialwissenschaftliche Zentralstelle in Mönchengladbach und lehrt Moraltheologie an der Theologischen Fakultät Paderborn.

Kirche+Leben: Herr Professor Schallenberg, vor Weihnachten nimmt die Zahl der Briefe mit Spendenbitten zu. Aber niemand kann für alles spenden. Was raten Sie, um eine Auswahl zu treffen?

Professor Peter Schallenberg: Ich empfehle, für ortsnahe Organisationen zu spenden, wo man vielleicht die Helfer persönlich kennt und ihnen vertraut. Da ist der bürokratische Aufwand oft gering und das Geld fließt fast vollständig in die Hilfe. Ich rate zu solchen kleinen Initiativen, weil sie beim Spenden häufig nicht so beachtet werden. Die großen Hilfswerke tun viel Gutes, aber sind ohnehin im Blick der Leute. Außerdem kann ich für lokale Organisationen nicht nur spenden, sondern mich auch persönlich engagieren.

Gerade kleine und lokale Organisationen haben womöglich kein offizielles Spendensiegel oder Ähnliches. Wie erkenne ich vertrauenswürdige Empfänger?

Ein gutes Zeichen ist, wenn es eingetragene Vereine sind, weil sie auch einer staatlichen Kontrolle unterliegen. Ich kann und sollte mir Satzungen und Leitlinien ansehen, wo das möglich ist. Ansonsten gilt: Die Aktiven fragen.

Warum tut es uns innerlich „gut“, wenn wir spenden?

Peter Schallenberg | Foto: pd
Peter Schallenberg | Foto: pd

Uns erreichen täglich Bilder, dass es Menschen nicht gut geht – während wir selbst relativ wohlhabend sind, zumindest im Durchschnitt. Da liegt es nahe, helfen zu wollen. Schon Jesus sagt: „Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Wir „entlasten“ uns, wenn wir spenden. Aus diesem Motiv heraus zu handeln, finde ich auch nicht unmoralisch.

Kirchliche Organisationen, Kinderdörfer, Blindenhilfe – darf ich Spendenbriefe wegwerfen, ohne schlechtes Gewissen?

Ja. Ich werfe auch vieles weg. Man muss Kräfte bündeln und seine Möglichkeiten sehen. Viele Menschen haben sich außerdem schon vor Jahren entschieden, einige Organisationen regelmäßig zu unterstützen.

Nicht immer müssen es die Überweisung oder der Geldschein für große Hilfswerke sein: Wie gehe ich mit Bettlern um? Soll ich jedem etwas geben?

Ich habe immer ein paar Münzen bei mir. Das kann vermutlich auch fast jeder von uns so leisten. Zumal Bettler in Deutschland viel seltener sind als in anderen Ländern. Wenn die Münzen gerade aufgebraucht sind, tut es oft auch ein ehrliches Wort. Man könnte sagen: „Beim nächsten Mal wieder.“ Natürlich besteht die Gefahr, dass ein Bettler sich von meiner Spende Alkohol kauft oder so etwas. Aber ich finde, da sollten wir nicht päpstlicher sein als der Papst. Eine Spende ist Geschenk – und damit darf der Beschenkte machen, was er will. Wenn allerdings offensichtlich ist, dass jemand Geld für Drogen erbettelt – da, finde ich, kann man schon die Gabe verweigern.

Die Bibel kennt das Gebot, den „Zehnten“ der Einkünfte zu spenden. Wo könnte eine solche Grenze heute liegen?

Der „Zehnte“ war ein gutes Ideal. Das wird aber heute kaum jemand erreichen können. An erster Stelle sollte die Sorge für die eigene Familie und die Kinder stehen, also die ganz praktische Nächstenliebe. Wenn es um Spenden geht, können sich Eheleute und Partner gut beraten. Ich finde, die Gesamtsumme der Spenden darf ein bisschen wehtun. Es wäre mir zu einfach, nur vom Überfluss zu geben. Die Bibel berichtet von einer Frau, die zwar nur einen kleinen Betrag spendet, damit aber alles gegeben hat, was sie kann. So etwas kann man auch Kindern vermitteln. Es wäre mir aber auch zu kurz gedacht, wenn jemand glaubt, sich mit einer großen Spende vom Gebot der Nächstenliebe freikaufen zu können.

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