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Der Krieg in der Ukraine macht nicht nur Erwachsenen, sondern auch den Kindern Angst. Sie bekommen eine Menge mit, ob über die sozialen Medien oder über andere Kanäle. Sozialpädagogin Christine Themann von der Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Vechta gibt im Interview Tipps, wie der Krieg in einer Familie zum Thema gemacht werden kann.
Nur 1300 Kilometer von Vechta nach Lwiw (Lemberg) – etwas weiter als zum Gardasee. Aufgrund des Krieges in der Ukraine haben junge Kinder neuerdings Angst, im eigenen Bett zu schlafen und kriechen stattdessen zu Mutter und Vater. Überrascht Sie das?
Nein, das überrascht mich nicht. In dieser Situation besorgt zu sein, Angst zu haben, ist etwas ganz Normales, das jetzt zum Leben dazu gehört.
Was sollten Eltern in einem solchen Fall tun?
Wichtig ist erstens, dass die Erwachsenen genau schauen: Was bekommt mein Kind mit? Sie sollten Bescheid wissen über das, was ihr Kind sich auf TikTok oder Instagram anschaut. Zweitens sollten sie wirklich zuhören. Wenn das Kind sagt: „Dieser Krieg macht mir Angst“, nicht nur zu sagen: „Mir auch“, sondern nachzufragen: „Was genau daran macht Dir Angst?“ Es ist ein Unterschied, ob das Kind Sorge hat, dass die Oma des Klassenkameraden in der Ukraine stirbt oder aber der eigene Vater hier in Neuenkirchen oder Cloppenburg.
Worin liegt der Unterschied?
Christine Themann ist Diplom-Sozialpädagogin und Mitarbeiterin der Caritas-Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Vechta. Sie und ihre Kollegen sind online erreichbar über beratung.caritas.de. Telefonische Beratung ohne Voranmeldung dienstags von 14.30 bis 18 Uhr und donnerstags von 9 bis 11.30 Uhr unter der Nummer 04441/870 76 90. Weitere Informationen sind abrufbar unter www.caritas-sozialwerk.de.
Die Oma in der Ukraine lebt in der Tat in einer Bedrohungssituation. Sie wird sich schützen, so gut sie kann. Aber sie ist tatsächlich gefährdet. Wenn der Papa aber in Lohne am Frühstückstisch sitzt, dann herrscht dort kein Krieg.
Wenn ich unsicher bin, ob ich darüber sprechen soll…
…dann ist genau das ein Gesprächseinstieg. Zu fragen: „Beschäftigt Dich das, was da gerade geschieht?“ Dann kann es sein, dass das Kind sagt: „Ich will drüber reden“ oder es will pünktlich zum Fußballtraining. Beides ist in Ordnung. Das wichtige ist, dass der Junge oder das Mädchen die Chance hat, sich zu öffnen. Der Erwachsene sollte signalisieren: „Ich bin da, um mit Dir über Deine Ängste zu reden.“
Zuhören ist im Zweifelsfall wichtiger, als zu antworten. Eher das Kind reden lassen. Nicht die Idee haben: „Ich als Erwachsener muss den Stein der Weisen gefunden haben.“
Gar nicht darüber reden, ist nicht realistisch, oder?
Eher nicht. Hilfreicher ist, das Drama herausnehmen. Wenn das Kind sagt, es möchte nicht darüber reden, dann muss man die Grenze auch respektieren. Grundsätzlich rate ich dazu, für viele gute Augenblicke in der Familie zu sorgen. Weitere Empfehlung: Sich zwar selbst informieren, aber nicht den ganzen Tag den Fernseher laufen lassen. Schon gar nicht nebenbei.
Welchen Tipp haben Sie für Eltern, die Angst haben?
Die wichtigste Botschaft ist, nicht so zu tun, als hätten sie keine Angst. Mutter und Vater können aber signalisieren: „Ich bin erwachsen und ich werde damit umgehen. Wir werden dazu Lösungen finden. Im Moment passiert das in der Ukraine. Wenn wir hier in eine Bedrohungssituation kommen, dann sind Mama und Papa immer da und wir schützen Dich.“