Fachkräfte aus Wilhelmshaven im Einsatz im Kreis Euskirchen

Wenn Helfer Betroffene sind: Malteser betreuen nach Flut Einsatzkräfte

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Die Flutkatastrophe an Erft und Ahr hat auch viele Helfer zu Betroffenen gemacht. Wenn der Einsatz vorbei ist, brauchen viele Helfer eine Auszeit. Dann stehen Fachkräfte zu ihrer Betreuung bereit. Zwei Malteser aus Wilhelmshaven berichten, was sie in den Flutgebieten erlebt haben.

Olaf Kordecki war erschüttert. Als der Malteser durch die verwüstete Innenstadt von Bad Münstereifel ging, bekam die Flutkatastrophe an Erft und Ahr ein ganz neues Gesicht für ihn. Der Rentner aus Wilhelmshaven konnte an den Schaufenster sehen, wie hoch das Wasser gestanden hatte. Hoch genug, um auch die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst vor Ort in Gefahr zu bringen.

„Die Schlafräume für die Bereitschaft beim Rettungsdienst waren weg, niemand wäre da rausgekommen“, berichtet Kordecki. In der Feuerwache nebenan war die Fahrzeughalle überflutet. Gut, dass alle Fahrzeuge im Einsatz waren.

 

Malteser betreuen Einsatzkräfte im Kreis Euskirchen

 

Die alltägliche Not und Belastung von Einsatzkräften war vier Tage Kordeckis Aufgabe. In einem zweiköpfigen Team war der Ehrenamtliche im Kreis Euskirchen unterwegs, in der psychosozialen Notfallversorgung der Malteser. Diesmal mit einem Sonderauftrag: Nicht Betroffene zu betreuen, sondern Einsatzkräfte.

Denn die waren, so Kordeckis Erfahrung, nach den harten Tagen der Flutkatastrophe an ihre Grenzen gekommen. Nicht umsonst habe die Einsatzzentrale im Kreis Euskirchen Notfallbetreuer angefordert. Allein 13 Malteser aus dem ganzen Bundesgebiet waren dabei. Aus Wilhelmshaven neben Kordecki auch Militärpfarrer Torsten Stemmer, aus dem Urlaub angereist und ehrenamtlich schon lange bei den Maltesern Wilhelmshaven aktiv.

 

Helfer und Betroffener zugleich

 

Notfall-Betreuer für Einsatzkräfte: Malteser Olaf Kordecki aus Wilhelmshaven vor der Abfahrt in den Kreis Euskirchen, einer Kernzone der Flutkatastrophe in der Eifel. | Foto: Malteser Wilhelmshaven
Notfall-Betreuer für Einsatzkräfte: Malteser Olaf Kordecki aus Wilhelmshaven vor der Abfahrt in den Kreis Euskirchen, einer Kernzone der Flutkatastrophe in der Eifel. | Foto: Malteser Wilhelmshaven

Die entscheidende Belastung für die Einsatzkräfte sei gewesen, „zugleich Helfer und Betroffener“ zu sein. Oft hätten sich Feuerwehrleute gerade noch selbst retten können, wenn ihr Wagen in den Fluten stecken blieb und sie nur noch über eine waghalsige Leiterkonstruktion entkommen konnten - bevor ihr Fahrzeug wegtrieb.

Neben den harten Einsätzen habe jeder im Team von Feuerwehr oder Rettungsdienst zu Hause selbst vielleicht noch einen vollgelaufenen Keller oder Verwandte mit zerstörten Häusern gehabt. „Eine harte Doppelbelastung“, so Kordecki.

 

Gespräche bei Feuerwehr und Rettungsdienst

 

Die Malteser aus Wilhelmshaven fuhren vier Feuerwachen und zwei Rettungsstationen in der Eifel mehrmals an. Sie setzten sich mit den Einsatzkräften zu Gruppengesprächen zusammen, führten aber auch Einzelgespräche.

„Der Gesprächsbedarf war groß“, berichtet Kordecki. Etwa auf einer Feuerwache in einem kleinen Ort direkt an der belgischen Grenze. Dort war ein Kamerad bei einem Einsatz in den Fluten ums Leben gekommen.

 

Notfallbetreuung gefragt

 

Genau da sei die Notfallbetreuung gefragt und wichtig. „Es geht darum, überhaupt einmal ins Gespräch zu kommen, das Belastende auszusprechen, damit es sich nicht festsetzt und jemanden auf Dauer belastet.“

Das war auch die Erfahrung von Pfarrer Torsten Stemmer. Wichtig sei, diese Gesprächsangebote bekannt zu machen und zu vermitteln, dass nicht eine Behörde, sondern ausgebildete, erfahrene Fachleute zu Besuch seien.

 

Einsatzkräfte wehren Gespräche erst ab

 

Viele Einsatzkräfte, so Stemmer, wehrten zunächst ab: Sie hätten keine Probleme. „Aber wenn man sich wirklich Zeit nahm, kamen die Sorgen doch: dass vielleicht das Haus der Geschwister weggeschwemmt war.“ Sich Zeit nehmen für Gespräche – das sei das Entscheidende gewesen bei diesem Einsatz, fasst der Seelsorger zusammen.

Stemmer ist ausgebildeter Rettungssanitäter und immer wieder bei Notfällen dabei gewesen. Bei Einsätzen, deren Bilder Menschen verfolgen oder belasten können. Er versteht die Feuerwehrleute und Rettungskräfte in der Eifel sehr gut.

 

Langfristige Begleitung besonders wichtig

 

Die Malteser sind als ausgebildete Fachkräfte im Rahmen der Notfallseelsorge unterwegs.	Foto: Malteser Wilhelmshaven
Die Malteser sind als ausgebildete Fachkräfte im Rahmen der Notfallseelsorge unterwegs. | Foto: Malteser Wilhelmshaven

Ihm ist deshalb auch klar, dass diese Notfallhilfe unmittelbar nach der Katastrophe weitergeführt werden muss. „Vielen wird jetzt erst klar, was sie geleistet haben und bis an welche persönlichen Grenzen sie gekommen sind.“

Eine langfristige Begleitung sei besonders wichtig, betont Stemmer. Aber solch dauerhafte Gesprächsangebote seien eher die Sache von Helfern mit kürzeren Wegen. Dieser Einsatz bundesweit zusammengerufener ehrenamtlicher Malteser sei aber wichtig gewesen, um das Angebot überhaupt bekannt zu machen.

Notfallversorgung Malteser Oldenburger Land
Nach Angaben der Diözesangeschäftsstelle der Malteser im oldenburgischen Bistumsteil unterhalten sie dort vier Teams der Psychosozialen Notfallversorgung, in Wilhelmshaven sowie in den Landkreisen Wesermarsch, Cloppenburg und Vechta. 64 Ehrenamtliche sind dort aktiv bei etwa 300 Einsätzen im Jahr. Gut 1.200 Menschen werden betreut. In diesen Teams sind acht Ehrenamtliche auch für die Betreuung von Einsatzkräften ausgebildet. Sie werden im Jahr rund 30 Mal angefordert. (fjs)

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