Landgericht Gießen muss neu verhandeln

Werbeverbot für Abtreibungen: Urteil gegen Hänel aufgehoben

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat das Urteil gegen die Ärztin Kristina Hänel wegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aufgehoben. Das Landgericht Gießen muss nun neu verhandeln.

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Das Oberlandesgericht Frankfurt hat das Urteil des Landgerichts Gießen gegen die Ärztin Kristina Hänel wegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aufgehoben. Es lasse sich nicht ausschließen, dass eine im Februar verabschiedete Neufassung des Gesetzes im Berufungsverfahren zu einer für die Angeklagte günstigeren Bewertung führen könnte, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Erklärung.

Das Verfahren werde deshalb zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Gießen zurückverwiesen. Über die Strafbarkeit selbst hat das Oberlandesgericht nicht entschieden.

 

Hänel war bisher immer verurteilt worden

 

Das Amtsgericht Gießen hatte die Ärztin im November 2017 wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu einer Geldstrafe verurteilt. Abtreibungsgegner hatten entdeckt, dass sie auf ihrer Homepage Abbrüche anbot, und Hänel angezeigt. Das Landgericht Gießen verwarf im Oktober 2018 Hänels Berufung und bestätigte das Urteil des Amtsgerichts.

Der zugrundeliegende Paragraf 219a im Strafgesetzbuch wurde im Februar 2019 geändert. Er untersagt weiterhin das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder, wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Damit soll auch sichergestellt werden, dass Abtreibung nicht als normale Dienstleistung angesehen wird. Durch die Änderung sollen schwangere Frauen aber leichter Zugang zu Informationen über Ärzte erhalten, die eine Abtreibung durchführen.

 

Warum das Urteil aufgehoben wurde

 

Im Juni wurden erstmals nach der Änderung des Gesetzes zwei Ärztinnen in Berlin wegen des Verstoßes gegen Paragraf 219a verurteilt. Zur Begründung hieß es, die Ärztinnen hätten auch jetzt nur darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen anbieten. Die Zusatzinformation, dass ein „medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch“ zu ihrem Leistungsspektrum gehöre, verstoße auch gegen das neu gefasste Gesetz.

In der aktuellen Urteilsbegründung des Oberlandesgerichts Frankfurt heißt es, Hänel habe gegen das Urteil des Landgerichts Gießen, das zuvor ihre Berufung verworfen hatte, Revision eingelegt. Aufgrund der Gesetzesänderung habe das Urteil keinen Bestand mehr.

 

Hänel selbst rechnet nicht mit Freispruch

 

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass im Rahmen der Berufung noch neue Feststellungen getroffen werden könnten, die ergäben, dass die Informationen im Internet bei Anwendung des neuen Rechts straflos wären. Die Sache müsse daher vor dem Landgericht Gießen neu verhandelt werden.

Hänel selbst schrieb auf Twitter, das Urteil sei „nicht wirklich aufgehoben“, sondern „nur zurück verwiesen, und zwar aus formalen Gründen“. Das Oberlandesgericht habe nicht darüber entschieden, ob ihr Verhalten gesetzeswidrig war. Nach ihrer eigenen Einschätzung sei die Information auf ihrer Internetseite auch unter den neuen Bedingungen weiterhin strafbar. „Leider“, fügte Hänel hinzu.

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