Konvertit leitet jetzt die katholische Franziskusschule in Wilhelmshaven

Wie Bert Bergner zwei Mal neu anfing

Bert Bergner aus Wilhelmshaven war überzeugt evangelisch. Vor zwei Jahren wurde er katholisch. Der begeisterte Lehrer sieht sich am Ziel eines langen Glaubensweges. Jetzt übernahm er die Leitung einer katholischen Schule.

 

 

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Bert Bergner war nicht katholisch. Das ist so ungewöhnlich nicht in Wilhelmshaven, einer Stadt, in der nicht einmal die Hälfte der Menschen zu den großen Kirchen gehört und nur neun Prozent katholisch sind.

Bert Bergner war evangelisch. Bewusst und durchdacht. Er erinnert sich an eine „sehr intensive kirchliche Kinder- und Jugendzeit“ in der evangelischen Gemeinde Bant, auch nach der Konfirmation noch. Bergner studiert später evangelische Theologie – um Lehrer an Grund- und Hauptschulen zu werden. An solchen Schulen hat er auch gearbeitet, in Varel, Oldenburg und Wilhelmshaven, wo er zuletzt eine große Grundschule leitete.

 

Vor zwei Jahren wurde er katholisch

 

Bert Bergner ist inzwischen katholisch. Nach einem langen Glaubensweg, der vor zwei Jahren in den Übertritt mündete. In der Kirche St. Peter wurde er gefirmt und empfing erstmals die Kommunion.

Und jetzt, in diesem Frühjahr, hat er die Leitung der katholischen Franziskusschule in Wilhelmshaven übernommen, einer kirchlichen Oberschule in einer wenig katholischen Umgebung. Oberschulen fassen in Niedersachsen Haupt- und Realschulen zusammen.
Ein begeisterter Grundschullehrer wechselt an eine Oberschule, ein begeisterter evangelischer Christ wird katholisch – ungewöhnlich genug.

 

Für ihn war es Fügung

 

Aber Bert Bergner findet nichts daran verwunderlich. Für ihn ist klar: „Es war so etwas wie Fügung. Zwei Wege sind zusammengelaufen und haben sich zugespitzt, mein Weg als Lehrer und mein Weg als Christ. Und an den Punkt geführt, an dem ich heute stehe.“

Eine Fügung? Ein Blick auf den Lebensweg könnte helfen. Bergners Weg als Lehrer führte ihn nach der Arbeit in einer Gesamtschule zuletzt als Leiter an eine Grundschule im Süden der Stadt. Eine neue Schule, konstruiert aus mehreren alten – die Stadtverwaltung Wilhelmshaven fasste damals ihre zwanzig Grundschulen zu zwölf zusammen. Bert Bergner baute eine davon neu auf, die „Grundschule Rheinstraße“.

 

Schule in Brennpunktviertel von Wilhelmshaven aufgebaut

 

In einem Problemviertel der Stadt. „Brennpunkt“, fasst Bergner das zusammen. Mit vielen Kindern aus anderen Ländern, vielen Kinder aus armen Familien, vielen Kinder aus zerrütteten Familien. Und mit vielen Kinder „mit Förderbedarf“, wie Pädagogen das beschreiben. Keine einfache Aufgabe, sollte man denken.

Aber der neue Schulleiter machte sich mit Begeisterung an die Arbeit. Entwarf mit dem Kollegium Pläne für die neue Schule und was sie in der Stadt auszeichnen sollte. Besondere Offenheit für die besondere Lage ihrer Kinder zum Beispiel.

 

Neue Ideen für schwierige Schule

 

„Das geht nur mit vielen Partnern von außen“, sagt er im Rückblick. Also knüpfte er Kontakte zur evangelischen Familienbildungsstätte, zur Volkshochschule, zum Unesco-Besucherzentrum Wattenmeer, zu Kindergärten und zur benachbarten evangelischen Kirchengemeinde. Er sorgte für das Angebot von Mittagessen – das lieferte die Bildungsstätte – und Nachmittagsbetreuung (auch von dort). „Im Grunde haben wir eine Teil-Ganztagsbetreuung angeboten“, sagt er stolz. „Ohne die wäre es für viele Kinder aber auch gar nicht gegangen.“

Der Tatendrang des Schulleiters war noch nicht gebremst. Die vielen Kinder mit muslimischem Glauben – für die setzte Bergner bei der Schulbehörde alle Hebel in Bewegung und ließ sich einen besonderen Lehrer zuweisen: für islamischen Religionsunterricht. „Wir waren die erste Schule in Wilhelmshaven mit solchem Unterricht“, berichtet er. „Und noch heute sind wir die einzige.“

 

 Schulleiter sorgte für Arabisch-Dolmetscherin

 

Bergner sorgte auch für eine Arabisch-Dolmetscherin, die stundenweise kam und später fest angestellt wurde. „Ich hätte sonst mit vielen Eltern gar nicht reden können.“

Sorgen: Das drückt es für ihn gut aus. Viel Zeit habe er damit verbracht, Projekte und Programme zu finden, um Zuschüsse zu werben – „alles für die Kinder in meiner Schule.“ Denen gab Bergner selbst noch 14 Stunden Unterricht. Eine aufreibende und spannende Zeit, so fasst er es zusammen.

 

Nach zehn Jahren wollte er wechseln

 

Nach zehn Jahren schien ihm die Schule gut aufgestellt, der Betrieb klappte. Er hätte nach der Aufbauzeit an der Schulen noch lange bleiben können. Aber Bert Berg suchte mit Anfang 50 eine neue Herausforderung.

„Ich war sehr zufrieden an meiner Schule“, betont er, „ich musste nicht gehen.“ Aber ob er „mit meinen vielen Erfahrungen nicht auch anderswo noch etwas bewegen könnte?“ Als die katholische Franziskusschule einen Leiter suchte, bewarb er sich – und wurde genommen.

 

Wie zwei Wege zusammenkamen

 

Der Weg als Lehrer sei so an ein Ziel gekommen. Aber Fügung? Ist dieser Ausdruck des neuen Schulleiters nicht zu hoch gegriffen? Bert Bergner schüttelt den Kopf. Und erzählt strahlend, wieder begeistert, von seinem Glaubensweg. Von dem Weg eines evangelischen Christen in die katholische Kirche.

Einen ersten Kontakt hatte Bergner schon früh: über seine katholische Ehefrau Glaucia, eine Brasilianerin. Die ging donnerstags zur Abendmesse in St. Peter, der größten Kirche der Stadt. Bergner holte sie immer dort ab.

 

Begeistert von den Gottesdiensten

 

Später kam er früher, erlebte den Gottesdienst erst länger, später ganz. „Ich war fasziniert, wie schön die Feier war“, sagt er. Ein Funke sprang über. Schließlich wurde der Donnerstag um halb sieben sein sonntäglicher Gottesdienstbesuch – noch als evangelischer Christ.

Bert Bergner dachte neu nach. Er sprach lange mit Militärpfarrer Gerhard Schehr, der diesen Gottesdienst feierte. Er las auch neu: den großen evangelischen Dogmatiker Karl Barth. „Da habe ich die Dogmatik entdeckt und auf intellektuellem Weg einen neuen Zugang gefunden.“. Jedoch: „Die Beziehung zu Christus, die Gottes­erfahrung, die kam dann erst über Jahre.“

 

Anschluss bei katholischer Bibelgruppe

 

Er lernte Reinhard Stolte kennen, Pastoralreferent der Gemeinde und Leiter einer Bibelgruppe. Bergner ging mit ihm, auch seine Frau. Und er fühlte sich direkt am richtigen Platz. „Ich wollte nicht über die Bibel diskutieren, ich habe geistlich gesucht.“

Und in dieser Bibelgruppe das Geistliche gefunden, wie er schnell merkte. Eine Gruppe, „wo wir einfach die Bibel teilen, das Wort auf uns wirken lassen und uns austauschen, wie es uns bewegt“. Für ihn war das neu. „Ich kannte es gar nicht, so frei und persönlich über Glaubensdinge zu sprechen. Da habe ich für mich einen Zugang gefunden.“

 

Er spürt die katholische Atmosphäre

 

Mit der Bibelgruppe hat Bergner auch „Glaubensorte“ besucht, die Kirche in Schillig und die Abtei Burg Dinklage etwa. Er war tief beeindruckt. Bei einer pädagogischen Fortbildung lernte er die Katholische Akademie Stapelfeld kennen, noch heute schwärmt er von der Atmosphäre dort. „Ich spüre das heute irgendwie, wenn Menschen und Gegenden katholisch sind, sie strahlen etwas aus.“

Schließlich fand er zu einem Entschluss. Bergner sprach mit seiner Frau, seinen beiden Söhnen, dem Pfarrer. Der Glaubensweg kam für ihn an ein erstes Ziel: Bert Bergner wurde im August 2017 katholisch.

„Einfach überwältigend“

Und das nennt er Fügung: „Dass ich nach dieser bewussten Entscheidung, nach langem Nachdenken katholisch geworden bin.“ Dass ihm sich dann später die Chance bot, an eine Schule zu wechseln, wo das gelebt wird – „einfach überwältigend.“

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