Würdevolle Abschiednahme von Verstorbenen in Zeiten der Corona-Pandemie

Wie Bestatter Martin Volkery aus Ochtrup Kontakt mit Trauernden hält

  • Durch die Corona-Pandemie haben die Bestatter mehr zu tun als sonst. Dazu kommt, dass sie mit vielen Auflagen und Schwierigkeiten zu kämpfen haben.
  • Bestatter Martin Volkery aus Ochtrup findet es problematisch, Trauergespräche telefonisch oder per Video zu führen. Er hält den persönlichen Kontakt für wichtig.
  • Das Bestattungswesen müsse zwingend als systemrelevanter Beruf behandelt werden, meint Volkery. Doch das ist bis heute nicht in allen Bundesländern der Fall, etwa in Nordrhein-Westfalen.

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Bestatter sind in diesen Monaten der Corona-Pandemie besonderen Belastungen ausgesetzt. „Im Vergleich zum ersten Lockdown können wir den Familien aber schon mehr bieten als im letzten Frühjahr. Trotzdem spüren wir die enorme Verunsicherung der Angehörigen und oft den Schmerz, den die Menschen mit sich tragen“, sagt Martin Volkery.

Der Bestatter aus Ochtrup weiß, was zu tun ist, wenn ein Mensch stirbt. Seit 16 Jahren leitet der gelernte Schreiner das Familienunternehmen und ist Bestatter aus Überzeugung. Die Corona-Pandemie hat erhebliche Auswirkungen auf seinen Beruf und auf die Kontakte mit den Familien der Verstorbenen. „Oft durften sie gar nicht oder nur kurz zu ihrem im Sterben liegenden Liebsten. Da macht sich oft auch Wut breit, die wir sehr gut verstehen können“, sagt Volkery.

 

Erstgespräch im kleinen Kreis

 

Die Erstgespräche nach dem Todesfall finden, wenn eben möglich, derzeit nur mit den nächsten Verwandten statt. „Sonst sitzen wir manchmal mit sehr vielen Familienmitgliedern zusammen, um die Beerdigung zu besprechen. Das ist jetzt nicht möglich.“ Einige Angehörige könnten nicht verstehen, dass auch im Trauerfall Kontaktbeschränkungen einzuhalten seien.

Froh ist der Bestatter darüber, dass es den Angehörigen möglich ist, am Sarg Abschied nehmen zu können. „Beim ersten Lock-Down durften keine Abschiednahmen stattfinden. Das war sehr bedrückend und unerträglich für die Angehörigen“, sagt Volkery.

 

Wenn ein Verstorbener Covid19-infiziert ist

 

Bestatter Martin Volkery aus Ochtrup.
Bestatter Martin Volkery aus Ochtrup. | Foto: pd

Nach und nach seien aber diese Verordnungen gelockert worden. „Heute könnte man auch von einem positiv auf Corona getesteten Verstorbenen Abschied nehmen. Das wägen wir dann aber trotzdem ab. Je nach Zustand des Verstorbenen versuchen wir die Angehörigen davon zu überzeugen, dass es vernünftiger ist, von einer Abschiednahme am offenen Sarg Abstand zu nehmen“, sagt Volkery und erklärt: „Trotz aller Hygiene-Vorschriften setzen wir uns selber der Gefahr aus, uns mit Corona zu infizieren.“

Die in seinem Bestattungsunternehmen eingerichteten Abschiedsräume werden derzeit genutzt. Es gebe Hinweisschilder, Abstandsregelungen und Händedesinfektion.

 

Persönlicher Kontakt bleibt wichtig

 

Volkery hat kürzlich nach einem Sterbefall eine Familie betreut, mit der er persönlich nicht sprechen konnte, weil die Angehörigen selber positiv getestet waren und sich in Quarantäne befanden. „Das ist heute mit den technischen Mitteln möglich, aber der persönliche Kontakt, wenn auch derzeit mit Abstand und nur in sehr kleinen Gruppen, ist mir doch sehr wichtig.“

Schwer waren Beerdigungen, an denen nur 20 Trauergäste teilnehmen durften. „Das war zum Teil für die Angehörigen unerträglich.“ Auch für einen Bestatter seien dies Belastungen, bei denen sie an ihre Grenzen stoßen. „Wir fühlen uns verpflichtet, den Menschen beizustehen, so gut wir das können.“ Auch wenn die Beerdigungsfeiern mit wenigen Gästen begangen würden, sei es noch möglich, trotzdem in den Kirchen ansprechende Trauerfeiern zu organisieren. „Die Frage in diesen Tagen ist nur, wie lange wir das noch dürfen“, sagt Volkery mit Blick auf die aktuelle Corona-Situation und die Verschärfung des Lockdowns.

 

Bestatter sehen sich als systemrelevant

 

Auf die politische Tagesordnung kommen muss seiner Ansicht die Frage nach der System-Relevanz der Bestatter, die nur in einigen Bundesländern besteht, aber nicht in Nordrhein-Westfalen. „Dieses Thema treibt die gesamte Bestatter-Szene um. Wir fordern ganz klar, als systemrelevant anerkannt zu werden“, sagt Volkery.

Große Bestattungsunternehmen hätten Probleme, ihrer Arbeit nachzukommen, weil die Mitarbeiter sich um ihre Familien kümmern müssten und keinen Anspruch auf Betreuung der Kinder hätten. „Es wird oft verdrängt, dass es nun mal Menschen geben muss, die sich um die Verstorbenen kümmern.“

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