Die meisten der wenigen Katholiken im Land sind besonders betroffen

Wie Bischof Happe aus Sendenhorst Corona in Mauretanien erlebt

Seit 25 Jahren ist Martin Happe aus Sendenhorst Bischof von Nouakchott in Mauretanien. Auch dort herrscht der Lockdown. Das trifft vor allem die wenigen Katholiken, die häufig als Migranten aus dem Ausland kommen.

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Das Coronavirus hat Mauretanien erreicht, die Zahl der Infizierten in dem nordwestafrikanischen Land steigt seit Tagen an. Mit großer Sorge blickt Bischof Martin Happe auf die Lage in der Diözese Nouakchott. „Trotz drastischer Maßnahmen werden seit kurzem täglich neue Fälle festgestellt. Und wie viele Menschen in den Elendsvierteln oder auf dem Land ohne Diagnose an dem Virus sterben, weiß niemand.“ Bischof Happe stammt aus Sendenhorst. Der Ordensmann der Weißen Väter ist seit 1995 Bischof von Nouakchott. In dem Bistum leben zwischen 4.000 und 5.000 Katholiken.

Bereits Anfang März wurde in Mauretanien ein Lockdown verhängt. „Die Regierung hat schnell reagiert und das Land abgeschottet“, lobt Bischof Happe die Entscheidung der Politiker. Rund zwei Monate seien lediglich Lebensmittelgeschäfte und Supermärkte geöffnet gewesen, im Handel und Gewerbe habe es einen Stillstand gegeben. „Bis heute darf man seinen Landkreis nicht verlassen“, sagt Happe. Kurzzeitige Lockerungen Mitte Mai hätten zu steigenden Infektionszahlen geführt und seien mittlerweile wieder zurückgezogen worden. So seien Nouakchott und Kiffa durch Sicherheitskräfte abgeriegelt, eine Ein- und Ausfahrt sei nicht möglich. Die Bildungseinrichtungen seien bis vorerst Ende Juli geschlossen, auch Moscheen und Kirchen bleiben zu.

 

Wenn das Virus nicht tötet, tötet der Hunger

 

Für Bischof Happe bedeutet das: Besuche in Pfarreien und Missionsstationen im Landesinneren sind nicht möglich. Weil der 74-Jährige zudem gesundheitlich angeschlagen ist, vermeidet der Ordensmann nach Möglichkeit Kontakte. „Die Gesamtzahl der Priester und Ordensleute im Land beträgt knapp 50, darum kann ich über moderne Kommunikationsmittel trotzdem Kontakt mit ihnen halten und auch, wenn nötig, Anweisungen geben“, erklärt Happe.

Sorgen bereiten dem Bischof die Folgen der Einschränkungen für die Menschen, darunter auch die Katholiken. Weil Mauretanien eine islamische Republik ist, stammen die Katholiken fast ausschließlich aus dem Ausland. Ein Großteil der städtischen Bevölkerung, darunter die vielen Migranten, lebt von Gelegenheitsarbeit. „Sie stehen plötzlich ohne jegliches Einkommen da, haben kein Geld für Lebensmittel und können ihre Miete nicht mehr bezahlen“, beschreibt Happe die Situation. „Die Menschen sagen deshalb: Wenn uns das Virus nicht umbringt, wird es der Hunger sein.“

 

32.000 Euro aus dem Bistum Münster

 

Schon früh haben den Bischof Hilferufe von Pfarreien und Ordensgemeinschaften zur Unterstützung von bedürftigen Menschen erreicht. Die Katholiken sind in Mauretanien vor allem aufgrund ihres caritativen Engagements gern gesehen. Bischof Happe brachte darum umgehend die katholische Caritas mit anderen sozialen Hilfsdiensten zusammen. „Während ich dann auf Reaktionen aus Schwesterkirchen gewartet habe, habe ich hier erst einmal einen Kassensturz gemacht. So konnten wir sehr schnell vielen indirekten Corona-Opfern mit Lebensmittelpaketen und Hygienekits unter die Arme greifen“, berichtet der Bischof.

Einige seiner Appelle haben schnell gefruchtet: So hat auch das Bistum Münster die mauretanische Diözese mit 32.000 Euro unterstützt. Kontaktiert wurde Happes Bistums auch vom Migrationsdienst der Vereinten Nationen. „Sie wollten von unseren Kontakten zu den vielen Migranten profitieren, um ihre Hilfe wirksam einzusetzen.“ Das bedeute zwar einen hohen Verwaltungsaufwand, aber gleichzeitig auch steigende Mittel, um zu helfen.

 

Langstreckenlauf statt Sprint

 

Eine große Herausforderung sieht Bischof Happe in der Dauer der Pandemie: „Ich versuche meinen Leuten klar zu machen, dass es sich hier nicht um einen Sprint, sondern um einen Langstreckenlauf handelt.“ Es sei wichtig, umsichtig zu handeln und den nötigen Abstand einzuhalten, um weiterhin den Armen und Hilfsbedürftigen nahe sein zu können.

Kopfzerbrechen bereitet ihm besonders die Wohnungsfrage: „Viele Migranten haben mit ganzen Familien nur ein Zimmer gemietet, das heißt sie teilen sich eine gemeinsame Küche, ein gemeinsames Bad und gemeinsame Toiletten.“ Zudem bestehe die Gefahr, dass sie ihr Zuhause verlieren, weil sie die Miete nicht bezahlen können. „Da etwas zu unternehmen, wäre mir ein Anliegen, aber es fehlen uns die Mittel“, erklärt der Bischof.