Über soziale Kontakte und untersagte Gottesdienste

Wie Corona aus dem Gewohnten wieder Ersehntes machen kann

Ganz schön wenig los gerade: soziale Kontakte minimiert, öffentliche Gottesdienste abgesagt, Fastenzeit für alle. Das hat mit Spaß und Vergnügen nichts zu tun. Eine gute Chance, die leisen und kleinen Freuden wahrzunehmen.

 

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Ganz schön wenig los gerade: soziale Kontakte minimiert, öffentliche Gottesdienste abgesagt, Fastenzeit für alle. Das hat mit Spaß und Vergnügen nichts zu tun. Eine gute Chance, die leisen und kleinen Freuden wahrzunehmen.

Schluss mit lustig. Inzwischen nervt der x-te Witz über Klopapier als Wertanlage und Nudeln als das neue Gold. Corona ist nicht spaßig. Es macht krank und kostet manche das Leben. Und spätestens seit die Einschränkungen jeden, buchstäblich jeden, in einer Weise gepackt haben, wie wir das seit dem Ende des Krieges nicht mehr erlebt haben – will sagen: die meisten haben so etwas noch nie erlebt! –, dürfte klar sein, dass zurzeit mit dem Wörtchen „ansteckend“ am wenigsten Lachen verbunden wird.

In den sozialen Medien gehen in diesen Tagen Gott sei Dank aber nicht nur Fake, Panik und echte Angst um, sondern auch wunderbar leichte Ermutigungs-Botschaften. Etwa kleine Videos aus dem nun wirklich mächtig Corona-gebeutelten Italien. Sie zeigen von vielen Orten, wie Menschen gleichzeitig aus der häuslichen Isolation auf die Balkone treten und singen, musizieren, klatschen. Hat es vor Corona nicht gegeben!

Oder ein herrlich unbekümmerter Ausschnitt aus dem Film „Der Junge muss an die frische Luft“, als Hape Kerkeling (gespielt von Julius Weckauf) als in Damenklamotten verkleideter Knirps und scheinbar mit einer Zigarette fuchtelnd in die Kamera sagt: „Ich nehm gern noch ein Eierlikörchen. Das Leben muss ja irgendwie weitergehen!“

 

Fastenzeit für alle

 

Trotzdem: Es ist Verzichts-Zeit. Wie merkwürdig im wahrsten Wortsinn, dass unserer gesamten Gesellschaft – ob gläubig oder nicht – diese Fastenzeit auferlegt wird. Eine echte Zeit des Verzichts. Wer weiß, wie uns diese Erfahrung am Ende verändern wird!

Es ist aber zweifelsohne auch für engagierte Christen eine ziemlich viel zumutende Verzichtszeit: Keine Gottesdienste, nirgends! Auch wenn manche Gemeinden und auch „Kirche-und-Leben.de“ täglich im Internet Eucharistiefeiern übertragen: Meist sind da eben nur ein Priester, vielleicht eine Lektorin und ein Organist zusammengekommen. Eine wirkliche Gottesdienstgemeinde ist etwas anderes.

 

Was ist mit anderen Formen von Gottesdiensten?

 

Zwar ist die Eucharistie natürlich Quelle und Höhepunkt des kirchlichen Lebens und hat gerade in diesen Erfahrungen von Krankheit, Isolation und Vereinzelung zweifelsohne ihre stärkende Bedeutung. Aber hatte das Konzil nicht zum einen die aktive Teilnahme aller Gläubigen an dieser Feier neu entdeckt und betont – und so auch dem Priester eine darauf ausgerichtete Rolle zugewiesen? Hatten wir in den Gemeinden nicht endlich entdeckt, dass es auch andere Formen des Gottesdienstes gibt – Stundengebet, Andacht, Wortgottesfeiern –, damit das Wertvollste, die Eucharistie, nicht aus lauter Gewöhnung gewöhnlich wird?

Doch kaum sind sämtliche Gottesdienste untersagt, sind die digitalen Angebote nahezu ausschließlich Eucharistiefeiern – obwohl kaum einer der Mitfeiernden tätig teilnehmen, Gemeinschaft erleben und die Kommunion leibhaftig empfangen kann.

 

Nur Mut zu kleinen Freuden!

 

Wenn doch schon Verzichts-Zeit ist – im kirchlichen Jahreskreis wie in Corona-Zeit –: Könnte diese eucharis­tielose Zeit nicht auch aus dem Gewohnten wieder ein Ersehntes machen, wie der Verzicht auf soziale Kontakte und manche andere Einschränkung die Sehnsucht nach freudiger Begegnung mit Freunden, Kollegen, Nachbarn nähren kann?

Bis dahin wären die kleinen Freuden zu entdecken: Enkel schreiben den Großeltern ganz altmodisch einen Brief. Freunde telefonieren mal wieder, statt sich nur SMS und WhatsApp zu schicken, womöglich sogar per Video. Nachbarn erledigen den Einkauf für die älteren Menschen.

Aber auch dies: die Familie versammelt sich wieder häufig zum Essen um den Tisch und betet gemeinsam. Am Sonntag lesen alle reihum das Evangelium und sagen, was sie davon verstanden haben. Jeder denkt am Abend Gott dankend an die Kranken und jene, die dafür sorgen, dass ihnen geholfen und für alle das Leben weitergeht. Und ab und an beim Blick durchs Fenster kann man hören, wie das Leben zwitschernd in Fahrt kommt.

 

Passt: die Botschaft des vierten Fastensonntags

 

Das sind die kleinen Freuden. Auch dafür ist Zeit in der Fastenzeit, am kommenden Sonntag: „Freue dich, Stadt Jerusalem. Seid fröhlich zusammen mit ihr, alle, die ihr traurig wart. Freut euch und trinkt euch satt an der Quelle göttlicher Tröstung.“ Diese Jesaja-Verse stehen über diesem vierten Fastensonntag, den die Tradition deshalb auf Lateinisch den „Sonntag Laetare“, den „Freuden-Sonntag“ nennt.

Das hat mit Spaß und Vergnügen nichts zu tun. So wie diese Zeit gerade nichts mit Spaß und Vergnügen zu tun hat. Die Freude allerdings, die bleibt. Sie ist eine Innensache, sie läuft nicht laut feiernd draußen rum. Darum passt sie so gut in diese Isolations-Zeit, diese Verzichts- und Fastenzeit. Fein, still, göttlich.

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