Die Siebenjährige hat eine schwere Krankheit, aber sagt: „Gott hat mich so gemacht“

Wie das Caritas-Baby-Hospital in Bethlehem der kleinen Sali hilft

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Sali weiß, was sie will. Ihre Familie unterstützt sie, damit sie trotz ihrer seltenen Krankheit eine möglichst normale Kindheit erleben kann. Dabei erfährt die Siebenjährige aus der Nähe von Hebron umfassende Hilfe durch das Caritas-Baby-Hospital. Eine Reportage aus Bethlehem.

Lila, rosa, grün“, lauten Salis Anweisungen an ihre Schwes­ter. Die Mädchen spielen mit Steckbauteilen. Himmelblaue Shirts mit der Aufschrift „I love you“, die passenden Shorts, die dunklen Haare mit derselben perlengeschmückten Schleife hochgebunden. Hier an Salis Lieblingsplatz – dem Tisch im Wohnzimmer – gleichen sich die Mädchen aufs Haar.

Ihre Beine hat Sali im Schneidersitz unter dem Körper verschränkt, so wie es nur Kinder können. Nichts deutet darauf hin, dass ihre Beine sie nicht tragen können. Sali ist an spinaler Muskelatrophie (SMA) erkrankt, einer seltenen neuromuskulären Erbkrankheit, die zu Muskelschwund, Lähmungen und verminderter Muskelspannung führt. Statistisch gesehen ist einer von 10.000 lebendgeborenen Menschen betroffen.

Die ganze Familie hilft

Im Caritas Baby Hospital in Bethlehem ist sie die einzige Patientin mit SMA-Typ 2. Dem Krankheitsbild entsprechend kann Sali frei sitzen, aber nicht laufen. „Sali ist unsere kleine Königin, sie steht im Mittelpunkt, und alle kümmern sich um sie“, erzählt Mutter Iman. Will sie sich fortbewegen, ist das Mädchen auf Hilfe oder ihren Rollstuhl angewiesen. Um ins Haus zu kommen, muss die Siebenjährige getragen werden.

Die ganze Familie bemüht sich, dass Sali so normal wie möglich aufwächst. Sie geht in die Schule und spielt gerne draußen mit ihren Cousinen und Cousins. „Wenn sie etwas nervt, beschwert sie sich.“ Damit komme sie „ganz nach dem Rest der Familie, denn alle hier sind Dickköpfe“.

Mutiertes Gen

Sali ist auf den Rollstuhl angewiesen. | Foto: Andrea Krogmann (pd)
Sali ist auf den Rollstuhl angewiesen. | Foto: Andrea Krogmann (pd)

Keine von Salis jüngeren Schwestern Siwar (6), Sila (4) und Gheena (2) hat von den Eltern das mutierte Gen auf Chromosom 5 geerbt, das für SMA verantwortlich ist. „Gott hat mich so gemacht“, sagt Sali selbstbewusst, und mit diesem Satz beendet sie jede Diskussion über ihre Krankheit. Meis­tens fühlt sie sich „ganz normal, wie alle anderen Kinder“, nur manchmal, vertraut sie der Sozialarbeiterin Hiba Sa‘di bei einem ihrer Hausbesuche an, „fehlen mir meine Beine“ – beim Spielen mit Freundinnen etwa oder auf dem Weg zur Schule, in die sie so gerne geht.

Die anderthalb Kilometer fahren ihre Eltern sie mit dem Auto – die hügelige Schotterpiste wäre mit dem Rollstuhl jedenfalls nicht zu bewerkstelligen. Den Platz vor dem Haus hingegen hat Vater Nizar so gestaltet, dass Sali beim Spielen kaum einen Nachteil hat.

Sie wollte laufen lernen, aber es ging nicht

Schnell und geschickt tobt sie hier vom Rollstuhl aus mit den Cousinen und Cousins, die im Haus gegenüber wohnen. Wagt es jemand, sein Auto auf ihrem Weg zu parken, hat die zierliche Schülerin keine Scheu, ihrem Unmut Luft zu machen.

Als Sali etwa zehn Monate alt war, wollte sie laufen lernen, aber es ging nicht. Damit begann für die Familie aus dem abgelegenen Ort Dura südwestlich von Hebron eine Odyssee von Arzt zu Arzt.

Erst ein Gentest brachte die Diagnose SMA, mit der sich die Familie 2020 an das Caritas-Baby-Hospital in Bethlehem wandte. Seither wurde Sali drei Mal stationär im Krankenhaus aufgenommen – immer wegen einer Lungenentzündung, was bei SMA häufig vorkommt.

Wäre eine Betreuung zu Hause möglich?

Salis Familie liebt den Olivenbaum hinter dem Haus. | Foto: Andrea Krogmann (pd)
Salis Familie liebt den Olivenbaum hinter dem Haus. | Foto: Andrea Krogmann (pd)

Gegenwärtig wird im Krankenhaus geprüft, ob bei Sali neben den Besuchen der Sozialarbeiterin auch eine multidisziplinäre Hausbetreuung möglich und machbar wäre. Dann könnten Ärzte und Physiotherapeutinnen mit der Familie zu Hause in Salis gewohnter Umgebung zusammenarbeiten, erklärt Dr. Nader Handal, Salis behandelnder Kinderarzt im Caritas-Baby-Hospital, der auf pädiatrische Neurologie spezialisiert ist.

Wann immer Sali stationär behandelt werden muss, übernachtet auch Mutter Iman im Krankenhaus. Selbst wenn sie sich Sorgen macht, wie die zu Hause gebliebene Familie ohne sie zurechtkommt: Allein lassen will sie ihre Tochter auf keinen Fall. Sie muntert Sali auf, wenn eine Blutentnahme ansteht oder begleitet sie ins Spielzimmer.

Oft holt Iman auch den Rat von Sozialarbeiterin Hiba ein: Wie können die Lebensumstände von Sali verbessert werden? Was tut ihr gut? Einen der wichtigsten Ratschläge hat die Mutter dabei bereits verinnerlicht: die regelmäßige Lungenphysiotherapie. Im Caritas-Baby-Hospital hat Iman gelernt, wie sie Salis anfällige Lunge am besten stärken kann. Physiotherapie und Atemübungen gehören seither auch zu Hause zum täglichen Mutter-Tochter-Programm.

Finanziert und betrieben wird das Caritas-Baby-Hospital im Westjordanland von der Kinderhilfe Bethlehem. Zehntausende Kinder und Babys werden dort jährlich stationär oder ambulant betreut. Alle Kinder erhalten Hilfe, unabhängig von ihrer Herkunft und Religion. Das Behandlungskonzept bindet die Eltern eng in den Heilungsprozess ihrer Kinder mit ein, und das Krankenhaus verfügt über einen gut ausgebauten Sozialdienst. Mit 250 lokalen Angestellten ist das Caritas-Baby-Hospital ein bedeutender Arbeitgeber in der Region. Es stärkt das palästinensische Gesundheitswesen und ist darüber hinaus führend bei der Ausbildung von Ärzten und Pflegenden in der Kindermedizin. Nur dank Spenden kann das Caritas-Baby-Hospital seine Aufgaben erfüllen und Kinderleben retten.

Spendenkonto IBAN DE22 6602 0500 0303 0303 03
www.kinderhilfe-bethlehem.de

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