Kita in Nordwalde hat „fairen“ Supermarkt im Flur

Wie die Faire Woche Kindern hilft, Nachhaltigkeit zu verstehen

  • Die Faire Woche läuft in der Kita Wichernwald in Nordwalde: Mit einem fairen Supermarkt lernen Kinder und ihre Eltern, was fairer Handel bedeutet.
  • Die Kita ist seit einem Jahr „fair“ zertifiziert.
  • Die Vision dahinter: Mit kleinen Brötchen große Kreise im Umdenken hin zu fairem, saisonalem und regionalem Handeln ziehen.

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Frida, Olivia und Nerin schmeckt es: „Ich mag die Hörnchen“, sagt Nerin und steckt sich ein Stückchen mit selbstgemachtem Frischkäse in den Mund. Das gemeinsame Frühstück in der Vogelnestgruppe der Kita Wichernwald in Nordwalde (Kreis Steinfurt) ist immer ein Ereignis für die Kinder, denn sie haben vorher bereits tüchtig gespielt und sind entsprechend hungrig.

„Wir backen viermal die Woche Brot oder Hörnchen“, berichtet Leiterin Katrin Bertling. Sonst geschieht das auch zusammen mit den Kindern, momentan backt die Erzieherin aufgrund der Corona-Bestimmungen selbst, „bis auf mittwochs, da ist Müsli-Tag“, sagt Katrin Bertling mit herzlichem Lachen. Die Kinder brauchen also nicht ihr eigenes Frühstück mitbringen, sondern bekommen für zehn Euro im Monat regionales und saisonales Frühstück.

 

Kirchengemeinde engagiert sich bei Fairer Woche

 

Die Einrichtung, benannt nach dem evangelischen Theologen Johann Hinrich Wichern, gehört zum Verein Jugend- und Familiendienst mit Sitz in Rheine, und ist seit einem Jahr als „fair“ zertifiziert: „Das bedeutet, dass wir uns verpflichtet haben, fünf Kriterien einzuhalten, etwa in der Weiterbildung und im Wissenstransfer, aber auch in der Ausrichtung auf fair produzierte Lebensmittel“, erklärt Katrin Bertling.

Der Arbeitskreis Faire Woche Nordwalde ist auch in diesem Jahr wieder mit einem Stand auf dem Nordwalder Wochenmarkt unetrwegs. | Foto: pd
Der Arbeitskreis Faire Woche Nordwalde ist auch in diesem Jahr wieder mit einem Stand auf dem Nordwalder Wochenmarkt unterwegs. | Foto: pd

Nicht ganz unbeteiligt daran ist die Kirchengemeinde St. Dionysius Nordwalde in Vertretung von Elisabeth Paßlick. Die 72-Jährige engagiert sich seit Jahren für die „Faire Woche“ in Nordwalde. Noch bis zum 26. September hat der Arbeitskreis, bestehend aus Mitstreitern beider Kirchen, Privatleuten, der Kommune und der Wirtschaft, zu dem Thema Faire Woche „Zukunft Fair Gestalten – Fair handeln für Menschenrechte weltweit“ wieder ein umfangreiches Programm in Nordwalde auf die Beine gestellt. Von Verkauf fairer Lebensmittel auf dem Wochenmarkt, Schauspiel, Diskussion bis zu einem Vortrag einer Klimapsychologin in der der Kardinal-Von-Galen-Gesamtschule. „Nur wegen Corona wollten wir die Faire Woche daher im Kindergarten nicht ausfallen lassen“, sagt Elisabeth Paßlick.

 

Öko-fairer Verkaufsladen im Flur

 

So organisierte sich die Kita den öko-fairen Verkaufsladen des Arbeitskreises, eine selbst geschreinerte mobile Ladentheke mit mehr als 100 Produkten im Angebot, die es jetzt im Eingang der Kita zu kaufen gibt. „Das Angebot soll auch die Eltern für fairen Handel sensibilisieren“, erklärt Elisabeth Paßlick den Hintergrund des kleinen „Supermarkts“ im Kindergarten.

Der faire Handel sei mittlerweile aus seiner Nische herausgekommen. Mit Kaffee, Tee und Schokolade habe es angefangen, mittlerweile gibt es viel Handwerkliches wie Körbe oder Kerzenhalter, berichtet Elisabeth Paßlick und hofft, dass der Konsum größere Kreise zieht: „Mein Wunsch ist es, dass es selbstverständlich in unserer Gesellschaft ist“, öko-fair zu denken und zu handeln.“

 

Von großen Visionen und kleinen Brötchen

 

Eine Vision, die im Rahmen der Fairen Woche von Monsignore Pirmin Spiegel vertreten wurde, der in St. Dionysius zu Gast war. Der Geschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor gab in seiner Predigt deutlich zu verstehen: „Es kann keinen fairen Handel geben, wenn man nicht die Handelswege im Blick hat.“ Zwei Millionen Kinder litten in Westafrika auf Kakaoplantagen: „Die Kinder leisten dort schwere körperliche Arbeit.“ Im Sinne einer „universellen Geschwisterlichkeit“ appellierte er mit der Aussage von Papst Franziskus an alle Menschen guten Willens: „Wir sind Gemeinschaft. Wir sollten dafür Sorge tragen, dass jeder Mensch in Würde leben kann.“

Große Worte, die zumindest in der Kita Wichernwald mit kleinen Brötchen ihre Wirkung entfalten: „Wir sprechen mit den Kindern darüber, woher unser Essen kommt“, berichtet Kathrin Bertling. Wie aufwendig es ist, Zitronen zu ziehen, haben die Kinder bereits selbst ausprobiert, die Bananen kommen aus fairem Handel und ansonsten werde über den Träger in Rheine vor Ort eingekauft: „Regional und saisonal kann eine Brücke zu fairem Handel schlagen“, ergänzt Elisabeth Paßlick.

 

„Wetbags“ sind besser für die Umwelt

 

Machen sich für fairen Handel stark: Elisabeth Passlick (links), Arbeitskreis Faire Woche Nordwalde und Katrin Bertling, Leiterin Kita Wichernwald. | Foto: Marie-Theres Himstedt
Machen sich für fairen Handel stark: Elisabeth Paßlick (links), Arbeitskreis Faire Woche Nordwalde und Katrin Bertling, Leiterin Kita Wichernwald. | Foto: Marie-Theres Himstedt

In der Kita läuft die Vermittlung für fairen Handel und mehr Klimagerechtigkeit über viele kleine Projekte, in denen sich die Kinder mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen: „Wir trennen gemeinsam den Müll, wir basteln mit Sachen, die zu schade zum Wegwerfen sind, und auch die Eltern werden eingebunden.“ Der Kindergarten schaffte sogenannte „Wetbags“ an, wiederverwendbare Beutel, in denen die Wechselsachen der Kinder, die gerade lernen ohne Windel auszukommen, nach Hause transportiert werden: „Klingt vielleicht überflüssig, aber so sparen wir an die zehn Plastikmülltüten pro Tag“, erklärt Katrin Bertling.

Im Bistum Münster machen sich viele Kitas auf den Weg, um Wissen zum Thema Nachhaltigkeit zu vermitteln. In Lüdinghausen waren die Einrichtungen im Kitaverbund St. Felizitas im vergangenen Jahr die ersten, die die Auszeichnung „Zukunft einkaufen – Glaubwürdig wirtschaften“ des Bistums Münster entgegennehmen konnten. „Die Kitas sind bei der Kampagne ,Zukunft einkaufen‘ unsere häufigsten Kunden“, sagt Thomas Kamp-Deister, Referatsleiter Schöpfungsbewahrung von der Fachstelle Weltkirche im Bischöflichen Generalvikariat Münster. Die zehn Kitas im Verbund St. Antonius Rheine sind gerade im Zertifizierungsprozess, ebenso der Verbund St. Georg in Bocholt, oder Einrichtungen in Ostbevern.

Viele kleine Vorbilder, von denen Erwachsene noch viel lernen können.

Klimapilger zu Gast in Nordwalde
Im Rahmen der Fairen Woche sind auch die Klimapilger am Sonntag, 26. September, in Nordwalde zu Gast. Die Gruppe läuft von Polen über Deutschland, die Niederlande und England nach Schottland zum Weltklimagipfel in Glasgow. Auf dem Bispinghof Nordwalde gibt es Abendessen für die Pilger und Gäste nach Münsterländer Art, serviert von den Firmlingen der Gemeinde. Die Wahlberichterstattung zur Bundestagswahl kann auf dem Bispinghof verfolgt werden. Wer mitpilgern möchte, wende sich per E-Mail an: akfairewochenordwalde(at)gmx.de.
Alle Veranstaltungen stehen unter dem Vorbehalt der aktuellen Corona-Entwicklung. Die Vorgaben der dann geltenden Corona-Schutzverordnung werden bei allen Veranstaltungen eingehalten.

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