Hans Jürgen Arens aus Emmerich sieht Potenzial in amerikanischem Leitungsmodell

Wie ein Wirtschaftsfachmann die Vinzenzkonferenzen retten will

Hans Jürgen Arens ist seit Jahren Mitglied der Vinzenzkonferenz von St. Aldegundis in Emmerich. Die Idee des Vinzenz von Paul, Diener der Armen zu sein, ist für ihn aktueller denn je. Arens möchte diese Idee beleben.

Anzeige

Hans Jürgen Arens steht an der Tür des Pfarrheims St. Martini in Emmerich. Jeden ersten Samstag im Monat warten er und vier oder fünf Männer der Vinzenzkonferenz St. Aldegundis mit drei Pflegefachkräften auf demenzkranke Menschen, die sie in dem Heim für vier Stunden betreuen. Neben Essen und Trinken singen und spielen die Männer mit den Kranken. „Wir wollen die Sinne anregen, das steigert die Lebensfreude.“

Der 76-Jährige hat das Projekt, das die Vinzenzkonferenz „Imu“ nennt, vor sieben Jahren ins Leben gerufen. „Ihr mit uns“ bedeutet das Kürzel. „Wir möchten den betreuenden Angehörigen eine Auszeit ermöglichen, Beratung vermitteln und den an Demenz erkrankten Menschen eine Abwechslung bieten“, sagt Arens. Das Schicksal des eigenen Bruders und der Schwägerin, die beide an Demenz erkrankten, hat ihn bewogen, dieses Angebot auf den Weg zu bringen. „Man kann sich nicht vorstellen, wie furchtbar es ist, den Verfall zu erleben“, sagt er.

 

Erfolgreicher Ökonom

 

Das soziale Engagement bei der Vinzenzkonferenz in Emmerich ist nur eine Seite seines Lebens. Arens ist ein promovierter Ökonom und hat eine erfolgreiche Karriere als Wirtschaftsfachmann und Berater hinter sich. In Trier geboren, studierte er Volkswirtschaft und Ökonomie in Köln und Bochum und arbeitete acht Jahre als Wissenschaftler an der Uni Dortmund.

Später wechselte er in die Wirtschaft, wurde Leiter der Gas- und Wasserwirtschaft in Emmerich. In dieser Zeit begleitete er ein bundespolitisch bedeutsames Projekt: Rund um die Container sollte in dem Emmericher Binnenhafen ein Umschlagplatz für Dienstleistungen geschaffen werden. „Dieser Gedanke war damals völlig neu“, erinnert sich Arens.

 

Berater haben einen schlechten Ruf

 

Eine weitere Station war Bonn, wo er nach dem Abzug der Ministerien und Botschaften die Wirtschaft stärken sollte. 1995 wechselte er in die Selbstständigkeit. „20 Jahre habe ich als Berater gute Projekte gefördert, zum Beispiel in Wien, Wiesbaden und Würzburg. Berater haben einen schlechten Ruf“, weiß er. Ihm machte die Arbeit Freude. Er nahm die Mitarbeiter der Firmen bei seinen Überlegungen mit. „Ich weiß nichts, ihr wisst alles“, hat er ihnen gesagt. „Das Wissen sitzt doch in den Menschen drin.“

Ein Erlebnis im eigenen Haus hat ihn zu der Vinzenzkonferenz in Emmerich geführt. In einer Einliegerwohnung seines Hauses wohnte ein Mann, der eines Tages seine Miete nicht mehr zahlen konnte. Arens suchte Rat bei den Vinzentinern. Nach einem Gespräch stellte sich heraus, dass die Rente des Mieters wohl ausreichte, dessen Sohn ihn jedoch so ausgenommen hatte, das ihm nicht einmal genug Geld für das tägliche Brot blieb.

 

Vinzrnzkonferenzen bleiben notwendig

 

Mit Hilfe der Vinzenzkonferenz wurde der Mieter nach einiger Zeit wieder schuldenfrei. „Seitdem bin ich dabei“, sagt Arens. Trotz des allgemeinen Wohlstandes glaubt er, dass die Arbeit der Vinzenzkonferenzen immer wichtiger wird. „Die Verhältnisse werden komplexer. Früher ging es darum, Lebensmittel zu besorgen. Heute steht die Gruppe vor neuen menschlichen Herausforderungen wie eben die Betreuung der Demenzkranken und ihrer Angehörigen. Die Idee des Vinzenz von Paul, Armen zu helfen, ist aktueller denn je.“

Doch die Vinzenzkonferenzen sterben nach Ansicht des Ökonomen aus, weil die Männer sich aus den Gemeinden rekrutieren. „Wir müssen neue Gruppen ansprechen, Menschen, die sich nicht vom Lifestyle-Gequatsche anstecken lassen“, sagt er nüchtern.

 

Führung ist lernbar

 

Zwei Personen haben ihn inspiriert, ein Modell zu verfolgen, das die Idee des Dienens, von Vinzenz von Paul gegründet, auf moderne Füße stellt. Der US-Amerikaner Robert K. Greenleaf, Gründer der modernen „Servant-Leadership-Bewegung“, entwickelte in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Philosophie des Dienens als Führungsprinzip (Leadership). Die zweite Person ist die Ordensschwester Patricia Bombard, die für diese „Leadership-Idee“ in Afrika und Indien wirbt.

Arens hat selbst an einem Leadership-Seminar der Uni Nijmegen teilgenommen. Führung ist jedermanns Geschäft, Führung ist lernbar, sie ist ein Erkennen der menschlichen Verhältnisse, lauten die Kerngedanken. Es ging um die aktuellen Bedingungen der Gesellschaft, um persönliche Identität und Selbsteinschätzung. Zwölf Personen haben an diesem Seminar teilgenommen: Lehrer, Berater und Caritas-Mitarbeiter.

 

Selbständig denken

 

In dieser Idee sieht Arens eine Chance für die Zukunft der Vinzenzkonferenzen. Es gehe darum, den Menschen klar zu machen, dass es sich für jeden lohnt, sich darauf einzulassen. „Die Vorstellung von Leadership bedeutet, selbstständig in den Bereichen denken zu lernen, in denen sie leben und arbeiten.“ Die Teilnehmer müssten nicht nur an Vorträgen teilnehmen, sondern ein eigenes Projekt entwickeln. „Selbsterkenntnis sammeln und in die Tat umsetzten“, fasst er zusammen. Er glaubt, dass dieses Angebot gerade für junge Leute interessant ist. „Es gibt einen Bedarf, bekannte Wertvorstellungen in Frage zu stellen und in neue Worte zu kleiden.“

Arens möchte auch in Deutschland solche Kurse auf den Weg bringen. Im Erzbistum Paderborn und bei den Vinzenzschwestern in Untermarchtal hat er Unterstützer gefunden. Auch der Vorsitzende des Diözesancaritasverbandes in Münster, Domkapitular Josef Leenders, unterstützt seine Idee. Er hofft, dass der Gedanke von Arens zur Belebung der Vinzenzkonferenzen beiträgt. „Wenn der Kurs dann auch noch zur persönlichen Fortbildung beiträgt, umso besser.“

Anzeige