40 Tage gegen den Strich

Wie eine deftige Eintopf-Tafel die Fastenzeit bereichert

Fastenzeit gegen den Strich: mehr statt weniger! Denn zu diesen 40 Tagen gehört nicht nur Verzicht, sondern auch, anderen etwas Gutes zu tun. Kurz: Nächstenliebe. Das muss man sich nicht einmal vornehmen. Wach durch den Alltag zu gehen, genügt

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Fastenzeit gegen den Strich: mehr statt weniger! Denn zu diesen 40 Tagen gehört nicht nur Verzicht, sondern auch, anderen etwas Gutes zu tun. Kurz: Nächstenliebe. Das muss man sich nicht einmal vornehmen. Wach durch den Alltag zu gehen, genügt.

In der Fastenzeit auf Essen verzichten – nun gut, das kann man machen. Solange das nicht Bauch- oder Kopfschmerzen oder sogar beides verursacht. Da sollte man im Zweifel besser auf den eigenen Körper als auf den Katechismus hören. Nicht dass einem die Puste ausgeht – und das ist wörtlich gemeint. Ohnehin geht es in der Fastenzeit eher darum, Atem zu holen.

Aber wer hätte gedacht, dass ausgerechnet beim Essen mit Freunden aufgeht, wie erfüllend diese 40 Tage sein können? Das lag in diesem Fall nicht am deftig-einfachen Eintopf, der auf dem Tisch stand, sondern an einem Erlebnis, das Birgit beim Essen erzählte, eine der Gäste. Wie sie nämlich im Wochenendtrubel schlichtweg einer anderen Frau die Tür zum Kaufhaus aufgehalten habe.

 

Helfen macht reich

 

Die wildfremde Dame aber bedankte sich nicht nur ausnehmend freundlich, sie berührte Birgit auch vorsichtig am Arm und sprach sie an: „Ob Sie wohl so nett sind und mich einmal zur Parfüm-Abteilung begleiten würden? Ich bin nämlich blind, und bei den vielen Menschen heute ist es eine Tortur, durch die schmalen Gänge zu kommen.“

Für Birgit eine Selbstverständlichkeit. Und so schlenderten die beiden fremden Frauen Arm in Arm um die duftenden Regale, rochen an diversen Flakons, diskutierten und lachten – und gingen erst draußen wieder getrennter Wege. Die blinde Frau hatte sich mehrfach bedankt, und die Freundin erzählte uns: „Dabei war ich diejenige, die beschenkt wurde!“ Einmal tief durchatmen: Helfen macht reich.

 

Die fremde Nachbarin

 

Von einer anderen Fastenlektion erzählte Björn daraufhin. Wie er vor ein paar Tagen im Garten gearbeitet habe, als eine entfernte Nachbarin vorbei kam und ihm zurief: „Ach, machen Sie es wieder alles so schön wie im letzten Frühjahr?“

Lange hatte er sie nicht gesehen. Bestimmt ein Jahr nicht. Früher war sie jeden Tag mit ihrem Mann in strammem Schritt spazieren gegangen, und immer hatten sie einen kleinen Plausch über den Garten gehalten. Doch dann war der Mann gestorben, ganz plötzlich. Danach hatte Björn sie nicht mehr gesehen. Bis zu diesem Tag.

 

Helfen macht satt

 

Sie fachsimpelten über diese Rose und jene Hortensie – und aus einer spontanen Idee heraus fragte Björn: „Wie wär's mit einer Tasse Kaffee und einem frisch gebackenen Stück Kuchen?“ Die Dame war kurz irritiert, schließlich kannte man sich ja kaum. „Och“, sagte sie schließlich, „beim Essen kann ich nicht nein sagen.“

Und so pellte sie sich aus dem dicken Mantel, zupfte die Pudelmütze vom Kopf, entschuldigte sich für die zerzausten Haare – und schon war der erste Bissen Pfirsichkuchen verspeist. Eine Stunde später hatte sie Björn ihr ganzes Herz ausgeschüttet, hatte von dem großen Verlust erzählt, mehr als eine Träne einfach laufen lassen. Stolz sei sie auf ihre erwachsenen Söhne, die ja für sie da seien. Aber einsam sei sie doch. „Dass Sie mich da einfach so einladen, das ist ganz wunderbar“, habe sie erzählt. Und als sie ging, hatte Björn viele bewährte Hausfrauen-Tipps für diverse Rezepte. Unter anderem für den Eintopf, der vor uns auf dem Tisch dampfte. Einmal tief durchatmen: Helfen macht satt.

So einfach kann das sein. Denn auch darum geht es in der Fastenzeit: die wahrzunehmen, denen es nicht gut geht, die Hilfe brauchen. Solidarität mit Bedürftigen kann an der Gartenhecke oder im Kaufhaus anfangen und aus der Zeit des Verzichts eine erfüllende Erfahrung machen.

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