Anna-Lina Angileau aus Oldenburg hat selbst Geschwister verloren

Wie eine Krankenschwester Menschen durch die Trauer hilft

  • Die Gemeinde St. Marien Oldenburg bietet für trauernde Menschen Gottesdienste als „Trost und Ruhetreffen“ an.
  • Sie sind auch gedacht für Menschen, die während der Pandemie Kranke und Sterbende nicht besuchen konnten.
  • Eine Kinderkrankenschwester bereitet sie jetzt auch für Familien mit kleinen Kindern vor.

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Sie heißen „Trost- und Ruhetreffen“ und sind in der Gemeinde St. Marien Oldenburg noch ungewöhnlich. Denn sie wenden sich an Menschen, die während der strengen Beschränkungen der Corona-Lockdowns besonders schwer gelitten haben: Menschen in Trauer.

Im Krankenhaus kein Besuch beim todkranken Ehemann. Kein Sitzen am Sterbebett der dahindämmerden Ehefrau. Beerdigung unter dem Ausschluss naher Menschen. Für viele war es das Entsetzlichste, was sie während der Lockdowns erlebt haben: kein Ort für die Trauer.

 

Besucher sollen Ruhe und Kraft finden

 

Anna-Lina Angileau aus Oldenburg wollte ihn schaffen. Die 28-jährige Kinderkrankenschwester aus Oldenburg hat in Absprache mit Pastoralreferent Heinz-Peter Hahn deshalb besondere Wortgottesdienste in der Kirche St. Christophorus organisiert. Der dritte findet am 19. September statt, diesmal erstmals für Eltern mit kleinen Kindern.

„Ich will Menschen, die oft ganz allein sind mit ihrer Trauer, einen Ort bieten“, sagt Anna-Lina Angileau. „An dem sie Ruhe und Kraft finden können.“ Sie gestaltet die Kirche dafür mit vielen Kerzen, sorgt für ruhige Musik, entwirft besondere Texte. Immer steht auf dem Altar ein Bild ihrer kleinen Schwester. Das spielt im Verlauf des Gottesdienstes weiter keine Rolle. Aber es gehört zu Anna-Lina Angileaus persönlicher Geschichte.

 

Schwerer Verlust als Kind

 

Der Altar bei den Trauer-Gottesdiensten in St. Christophorus Oldenburg, gestaltet von Anna-Lina Angileau. | Foto: privat
Der Altar bei den Trauer-Gottesdiensten in St. Christophorus Oldenburg, gestaltet von Anna-Lina Angileau. | Foto: privat

Denn schon als Kind machte sie die einschneidende Erfahrung, nahe Menschen zu verlieren. Ihre beiden Schwestern, da war sie gerade acht und elf Jahre alt. Das Mädchen aus Menden im Sauerland musste mit ansehen, wie ihre kleine Schwester nach langem Leiden an Leukämie verstarb. Und wenige Jahre später, wie ihre große, schwer pflegebedürftige Schwester eine neue Komplikation nicht überlebte.

Wie Trauer und Verzweiflung Menschen packen können, weiß Anna-Lina Angileau also sehr genau. Und sie versucht, Antworten zu finden. Auch auf die Frage: Wie verkraftet ein Kind solches Leid?

 

Halt im Glauben

 

Sie erinnert sich gut, wie sie selbst als Kind und Jugendliche Ruhe und Kraft gefunden hat. „Auch in meinem Glauben“. Vorgelebt wurde der ihr vor allem von der Großmutter. Anna-Lina Angileau ist fest überzeugt: „Ohne meine fromme Oma hätte ich das nicht geschafft.“ Die habe sie mit ihrem „ganz selbstverständlichen, tiefen Glauben“ immer wieder bestärkt.

Die Erfahrungen mit ihren Geschwistern und die Frage nach Krankheit und Tod von Kindern ließen Anna-Lina Angileau nicht los. Sie sei sehr bewusst Kinderkrankenschwester geworden, berichtet sie.

 

Arbeit bei Frühgeborenen

 

Inzwischen arbeitet sie auf einer Intensivstation für zu früh geborene Kinder. Nicht immer können die gerettet werden. Trauernde Eltern bleiben zurück – und oft genug trauernde Geschwisterkinder.

Die hat Anna-Lina Angileau besonders in den Blick genommen. Vor zwei Jahren hat sie deshalb eine Ausbildung zur Trauerbegleiterin besonders für Kinder abgeschlossen.

 

Kinder werden in den Blick genommen

 

In ihrer Kindheit sei solch eine spezielle Begleitung für Kinder unbekannt gewesen, erinnert sie sich. Viel zu lange sei bei Todesfällen die Trauer von Kindern aus dem Blick geblieben. Dort verzeichnet Anna-Lina Angileau nun ein Umdenken.

Inzwischen arbeitet sie in der Gemeinde St. Marien in der Vorbereitung auf die Erstkommunion als Katechetin mit. Dort spricht sie mit den Kindern auch ganz bewusst und intensiv über Tod und Auferstehung. „Kinder gehen da sehr offen mit um“, so ihre Erfahrung. „Denn viele haben schon irgendwelche Erfahrungen mit Verlust oder Trauer gemacht.“

 

Kinder sehr offen

 

Oft fänden sie spontan Trost, in der Vorstellung einer Zukunft im Himmel. „Wenn sie den in der Gruppenstunde malen, stellen sie sich den immer besonders schön vor.“

Für Anna-Lina Angileau ein Impuls, den sie auch in das nächste „Trost- und Ruhetreffen“ für Familien mit Kindern mitnehmen will.

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