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Gabriele Grieshop leitet die bischöflichen Berufsschulen Marienhain in Vechta für soziale Berufe. Die Schulleiterin ist ungewöhnlich: eine Mathematikerin, die an der Universität Vechta gelehrt hat.
Sie ist keine Lehrerin. Wohl eine hoch qualifizierte Wissenschaftlerin, eine Mathematikerin mit Doktortitel. Aber Gabriele Grieshop ist eben keine Lehrerin.
Und trotzdem leitet sie jetzt eine Schule? Die Berufsschulen Marienhain in Vechta sind eine besondere Schule, die einzige katholische Berufsschule im Oldenburger Land, spezialisiert auf Gesundheits- und Sozialberufe. Als Mathematikerin?
Darf sie eine Berufsschule leiten?
„Am Anfang“, so berichtet sie, „habe ich mich schlicht gefragt, ob ich Schulleiterin überhaupt werden darf.“ Eines habe sie sich jedoch nicht gefragt: „Ob ich das kann.“
Denn Gabriele Grieshop kannte diese Schule schon gut; seit zehn Jahren unterrichtete sie dort mal vier, mal fünf Stunden in der Woche Mathematik, in der Ausbildung der Erzieherinnen und der Fachoberschule für Sozialpädagogik. Aber immer nebenbei, neben ihrer Arbeit als Wissenschaftlerin, erst an der Universität in Vechta, dann an der in Oldenburg. „Sichere Stellen“, sagt sie. Und geforscht habe sie auch gerne.
Geforscht in der Vermittlung von Mathe
Zum Beispiel über angehende Mathematik-Lehrer – und was sie bereits von ihrem Fach wissen. Eine solche Studie war dann auch Grundlage ihrer Doktorarbeit. Sie habe bewusst nicht in der reinen Mathematik geforscht, berichtet sie. „Da wird man schnell sehr einsam.“ Sondern in der Mathematik-Vermittlung, wo das Fach Menschen berühre.
Später habe sie in diesem Bereich auch weitergearbeitet, zum Beispiel Modelle entwickelt, wie man kleine Kinder an Mathematik heranführen kann. Modelle, die sie dann mit angehenden Erzieherinnen ausprobierte – mit Erzieherinnen, die in der Berufsschule Marienhain lernten. „Mathe an der frischen Luft“ oder „Mathe im Spiel“ hieß das und war für die Ganztagsbetreuung gedacht. Erste Erfahrungen mit dieser Schule – pädagogische Erfahrungen.
Grieshop hatte die Uni satt
Die dann eine wichtige Rolle spielten. Mit der Zeit sei sie „irgendwie Uni-müde“ geworden, schildert Gabriele Grieshop ihre damalige Stimmung. Die Stelle einer Schulleiterin an der Berufsschule Marienhain wurde frei – und sie stand vor der Frage, ob sie das überhaupt werden durfte. Sie durfte. Der Schulträger, die bischöfliche Stiftung St. Benedikt, entschied sich für sie.
Die Schule kannte die gebürtige Vestruperin natürlich schon früh. Bei einem Verwandtschaftskaffee hatte sie gehört, dort würden dringend Mathematiklehrer gesucht. Sie bewarb sich – und konnte „quer einsteigen“, zunächst für einige Stunden. Mit Mathematikunterricht, erst für angehende Erzieherinnen, dann auch in der Fachoberschule für Sozialpädagogik. „Voll die Quer-Einsteigerin“, sagt sie, und lacht.
Bunte Lehrerschaft im Marienhain
Aber Grieshop war überrascht: Klassische Lehrer gab es in dem 26-köpfigen Kollegium der Schule ohnehin nur wenige: für Fächer wie Deutsch und Mathematik. Dagegen viele andere. Sie zählt auf: „Wir haben eine Juristin und eine Medizinerin, eine Musikerin, Theaterpädagogen und Motopäden, natürlich Heil- und Sozialpädagogen.“ Begeistert fasst sie zusammen: „Unser Kollegium ist so bunt, wir sind einfach anders.“ Sie habe sich sofort wohl gefühlt.
Noch heute klingt die Begeisterung des Anfangs beim Gespräch aus jedem Satz. Etwa wenn Grieshop sagt: „Unsere Schule ist eine Perle in der regionalen Bildungslandschaft.“ Oder wenn sie sogar von der „Strahlkraft“ ihrer Schule spricht.
Berufsschule Marienhain ist eine Perle
Perle und Strahlkraft – wie passt das zu einer ganz normalen Berufsschule?
Weil sie eben nicht ganz so normal ist. Das sagt Grieshop sehr nachdrücklich. „Wir haben nur vier gleichartige Fachbereiche, konzentrieren uns ganz auf soziale Berufe.“ Auf die Ausbildung von Erzieherinnen und Heilpädagogen, eine Schule für Altenpflege und eine Fachoberschule für Sozialpädagogik. Katholische Berufsschulen dieser Art gibt es auch anderswo im Bistum, im Oldenburger Land ist sie aber die einzige.
Grieshop nennt diese Konzentration auf vier eng verwandte soziale Berufswege „einen großen Vorteil“. Die Schule sei dadurch „sehr homogen“; in anderen, in großen Berufsschulen seien soziale Berufe oft nur ein kleiner Bereich unter vielen anderen – von Tischlern bis zu Industriekaufleuten.
Marienhain geprägt vom Geist des Ordens
Zudem sei die Schule von einem ganz eigenen Geist geprägt. Den macht sie auch am Wirken der Schwestern Unserer Lieben Frau fest, die diese Schule gegründet und geleitet haben, bis sie 2013 von der bischöflichen Schulstiftung übernommen wurde.
Seit einigen Jahren arbeitet keine Ordensfrau mehr im Kollegium mit; die Schule, direkt neben dem Kloster gelegen, halte zu den verbliebenen 22 Schwestern aber engen Kontakt, nutze auch die Kirche der Schwestern für alle religiösen Termine, sagt die Schulleiterin.
Das christliche Profil mache sich nicht nur an der prägenden Tradition der Schwestern fest, so Grieshop. „Entscheidend ist einfach, dass wir uns als Schule mit unseren Ausbildungszielen ganz unmittelbar im sozialen Bereich bewegen. Wir leben vieles auch ganz unbewusst mit an christlichen Werten.“
Wie Berufsschule christliches Profil zeigt
Wie eine bischöfliche Schule christliches Profil zeigen könne, darüber hat sich Grieshop also durchaus Gedanken gemacht. Der Unterricht an sich sei ja an allen vergleichbaren Schulen so: gleicher Lernstoff, gleiches Verhältnis von Theorie und Praxis. „Das Einzige, wo wir uns unterscheiden können, ist die Beziehungsarbeit, der wertschätzende Umgang.“
Einen solchen Umgang gebe es zwischen Schülern und Lehrern, im Kollegium, aber auch im Kontakt mit Einrichtungen wie Kindergärten und Altenheimen. Die Begleitung der Schüler dort, aber auch der Kontakt zu den Ausbildern vor Ort – „da leisten wir ganz intensive Beziehungsarbeit“. Die Schule nehme sich dafür mehr Zeit als vielleicht anderswo, „ganz unabhängig davon, dass wir natürlich auch gute Leute haben.“
Sehr intensiv war sie bisher da nicht eingebunden. Aber Grieshops Urteil ist ganz eindeutig: „Auch das macht die Strahlkraft unserer Schule hier in der Region aus – und an mir als neuer Schulleiterin liegt es nun, diese Strahlkraft zu erhalten.