Michael Rottmann zur Energie- und Kirchenkrise

Wie es in der Kirche wieder wohlig warm werden könnte

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In vielen Kirchen wird es an Weihnachten ziemlich kalt sein. Das liegt nicht nur am fehlenden Heizen wegen der Energiekrise, sondern am derzeit fehlenden Wohlfühlfaktor in der Kirche generell. Doch die Wärme kann zurückkehren, kommentiert unser Redaktionsmitglied Michael Rottmann.

Viele werden Weihnachten wohl frieren in der Christmette. Manche Gemeinden haben sogar Decken angeschafft. Ein großes Trara gab es nicht deswegen. Ein paar Grad Celsius weniger – so etwas ertragen wir geduldig. Weil jeder die Gründe kennt: Putin, der Krieg, die Gewalt in der Ukraine. Wenn ein Boykott des Diktators notwendig ist, dann zeigen wir gerne unsere Solidarität!

Das Bibbern verbindet uns sogar ein bisschen untereinander. Genauso wie die Sehnsucht danach, dass es wieder wohlig warm wird in der Kirche. Und zwar nicht nur auf dem Thermometer. Sich in unserer Kirche wohlzufühlen – das ist schwierig geworden. Die Gründe sind allzu bekannt, der sexuelle Missbrauch und seine Vertuschung an erster Stelle.

Enttäuschung und Ohnmacht

Wer heute mit Christinnen und Christen spricht – auch mit ehedem sehr engagierten, stößt immer wieder auf fragende und manchmal verzweifelte Gesichter. Und hört Sätze wie: „Irgendwann reicht es!“ Oder: „Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.“

Weil es eben etwas Anderes ist, sich für die notleidenden Menschen in der Ukraine eine Zeit lang etwas wärmer anzuziehen – oder sich mit Enttäuschung und Ohnmacht dauerhaft allein gelassen zu fühlen. Und dazu mit dem peinigenden Gefühl, als Mitglied dieser Kirche selbst Teil eines Systems zu sein, das all das ermög­licht hat.

Mitsprache muss ermöglicht werden

Wie es irgendwann wieder warm werden kann? Ohne einen Umstieg auf alternative Energien wird es nicht gehen. Zum Beispiel die des Kirchenvolks. Also: Weg vom blindem Vertrauen in allmächtige Kleriker! Hin zu mehr Kontrolle und Mitverantwortung aller. Dazu wird eine umfassende Umrüstung der Anlage nötig sein: unter anderem Strukturen, die diese Mitsprache und Mitverantwortung erst möglich machen.

Auch dann wird es nicht auf Knopfdruck warm. Aber klare, konkrete Schritte und Schnitte wären ein wichtiges Zeichen. Für eine Kirche, die mutig, entschlossen und konsequent analysiert und handelt. In der Menschen sich wieder richtig und gut aufgehoben fühlen könnten. Auf die sie wieder vertrauen. Und nicht sagen müssen: „Jetzt gehe ich. Ich kann nicht anders.“

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