Caritas Greven-Emsdetten geht Schritt für Schritt zurück in die Normalität

Wie Menschen mit Behinderung Corona meistern

Für Manuela Seegebarth ist die Corona-Situation schwierig. Sie ist gehörlos - und so bereitet die Verständigung hinter Mund-Nase-Masken große Probleme. Wie der Caritasverband Greven-Emsdetten Menschen mit Behinderung hilft.

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Schritt für Schritt zurück in die Normalität: Für Manuela Seegebarth ist die Corona-Situation schwierig. Sie wohnt im Haus Miriam, einer Einrichtung des Caritasverbands Greven-Emsdetten für gehörlose Menschen. Eines bedauert die 48-Jährige besonders: „Ich darf nicht alleine nach draußen gehen. Ich fühle mich etwas wie im Käfig“, schreibt Manuela Seegebarth auf Anfrage von „Kirche-und-Leben.de“.

Sie ist eine von etwa 160 Menschen mit Behinderung, die in den verschiedenen Einrichtungen des Caritasverbandes Greven-Emsdetten wohnt. Über das Grotthoff-Dahlmann-Stift, das Haus Mirjam und das Haus Tobias hinaus leben Menschen mit Behinderung eigenständig in ihren Wohnungen. Zudem werden rund 80 Menschen mit psychischen Erkrankungen ambulant betreut. „In der ganzen Betrachtung der Pandemie hat es eine starke Konzentration auf die stationäre Altenhilfe gegeben, aber weniger in Richtung Behindertenhilfe. Dabei haben wir da mit ähnlichen Fragestellungen zu kämpfen. Unsere Klienten sind auch Risikopatienten“, sagt Bernward Stelljes, Vorstand des Caritasverband Emsdetten-Greven. Die nun eingetretenen Lockerungen hält Stelljes für nachvollziehbar, bremst aber hohe Erwartungen an mehr Kontakte: „Wir müssen da in kleinen Schritten gehen.“

 

Die Stimmung unter den Bewohnern kippt

 

Bernward Steljjes und Michaela KoppSteuern mit ihren Mitarbeitern durch die Corona-Krise: Bernward Steljjes und Michaela Kopp vom Caritasverband Greven-Emsdetten. | Foto: Marie-Theres Himstedt

Kleine Schritte, die notwendig sind: „Wir merken, dass die Stimmung zunehmend kippt“, berichtet Michaela Kopp, Leiterin des Fachbereichs „Hilfen für Menschen mit Behinderungen“. „In den ersten Wochen konnten die Bewohner die Erklärungen noch akzeptieren: Das Virus ist gefährlich, weil es auch hoch ansteckend ist.“ Dann wurde die Situation zunehmend beengter. Im Haus Tobias in Greven habe ein Bewohner gefragt: „Warum darf ich nicht mehr so raus? Ich habe doch gar nichts Schlimmes getan!“ Michaela Kopp erläutert: „Für ihn war das Zuhause-Bleiben-Müssen wie eine Bestrafung.“ Und Stelljes ergänzt: „Natürlich wurde unseren Bewohnern die Situation erklärt.“ Die Bewohner mit einer geistigen Behinderung seien aber nicht immer in der Lage, Informationen reflexiv und kognitiv zu verarbeiten.

Vor einer hohen Herausforderung stehen außerdem hochbetagte Eltern von erwachsenen Menschen mit Behinderung, die bisher das Angebot für die Kurzzeitbetreuung der Caritas in Anspruch genommen haben: „Wir mussten alle Buchungen absagen“, so Bernward Stelljes. Für die Familien sei das oft tragisch: „Wenn wir die Einrichtungen wieder öffnen dürfen, wissen wir nicht, wie viele Kontakte wir von außen wieder zulassen können“, sagt Michaela Kopp. Eine solche Krisenanfrage kam von einem 87-Jährigen, der plötzlich in ein Krankenhaus musste: Wo sollte sein behinderter Sohn in der Zeit wohnen? Unter Umständen bliebe auch für den jungen Mann in einem solchen Fall nur die Aufnahme in ein Krankenhaus.

 

Der Alltag kommt dank Faceshield-Maske wieder

 

Christian Gebhardt, Orthopädie-Schuhmachermeister und Podologe spendete Faceshields an den Caritasverband Greven-Emsdetten.Christian Gebhardt, Orthopädie-Schuhmachermeister und Podologe spendete Faceshields an den Caritasverband Greven-Emsdetten. | Foto: pd

Für Manuela Seegebarth dagegen kommt der Alltag im Corona-Alltag wieder: „Ich puzzle viel, einmal in der Woche habe ich das Mittagessen gekocht und Brötchen gebacken.“ Mit Freunden kann sich die Gehörlose über die Videocam am Computer unterhalten, weil so auch die Gebärden zu sehen sind. Gegen die Langeweile helfen zusätzliche Angebote ihrer Caritas-Einrichtung in Emsdetten: „Ich habe im Garten geholfen und das Vogelhaus neu angemalt.“ Dabei nutzt sie Mundschutz und Handschuh. Aber was, wenn sie zum Einkaufen in die Stadt möchte und sich direkt mit anderen Gehörlosen unterhalten möchte? Dann setzt sie eines der Faceshields auf, die der örtliche Orthopäde dem Caritasverband gespendet hat: „Ich finde es gut für das Ablesen der Lippen. Aber leider stört mich das Faceshield auch beim Gebärden und drückt ziemlich am Kopf“, meint Seegebarth.

Auch wenn ihr individueller Mund-Nasen-Schutz noch gewöhnungsbedürftig ist, eins freut die 48-Jährige ganz besonders: „Dass jetzt die Quarantäne vorbei ist und ich wieder nach draußen gehen darf, mit Begleitung.“

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