Einer der größten Orden des Abendlandes mit Doppel-Wurzel im Bistum Münster

Wie Norbert von Xanten vor 900 Jahren die Prämonstratenser gründete

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Jubiläum für eine der größten Ordensgemeinschaften der katholischen Kirche: Die Prämonstratenser wurden vor 900 Jahren von einem gegründet, der eines Tages fast buchstäblich vom Donner gerührt war. Der Gründer stammt aus dem heutigen Bistum Münster: Norbert von Xanten. Und das erste Kloster auf deutschem Boden liegt ebenfalls hier - in Cappenberg (Kreis Unna).

Es war ein dickes Gewitter, das das Leben des Domherrn Norbert komplett umkrempelte. Dem weltlichen Leben durchaus nicht abgeneigt, hatte der adlige Geistliche 1115 bei einem Unwetter sein Bekehrungserlebnis. Geläutert kehrte er von einem Ausritt in das reiche Stift Sankt Viktor in Xanten am Niederrhein zurück. Allein, bei seinen Mitbrüdern, die viele Einkünfte und wenig Verpflichtungen hatten, konnte er sich mit seinen plötzlichen Aufrufen zu geistlicher Umkehr nicht durchsetzen. Doch dieses Scheitern war nur der Anfang zu einer noch größeren Geschichte.

Bald kehrte Norbert mit 35 Jahren seinem bisherigen Leben, seinen Privilegien und seiner üppigen Pfründe den Rücken und lebte fortan als asketischer Buß- und Wanderprediger. Im einfachen Volk kam seine Ansprache gut an. Der "Amtskirche" war sein unkontrolliertes Wanderdasein dagegen verdächtig, ähnlich wie bei seinem Zeitgenossen Robert d'Arbrissel (um 1045-1116), dem Gründer der Abtei Fontevraud.

 

Ordensgründer wider willen

 

Wie dieser wurde auch Norbert eher wider Willen zum Gründer. Im nordfranzösischen Prémontré, auf Fernbesitz der Abtei Prüm, formte er 1120/21, vor 900 Jahren, eine neue geistliche Gemeinschaft Gleichgesinnter: die Keimzelle des Prämonstratenserordens, des schon bald größten Ordens sogenannter regulierter Chorherren.

Begeistert vom neuerwachten Armutsideal, betrachtete Norbert die Lebensweise der traditionellen Chorherren, die Privateigentum und eigene Wohnungen besaßen, als mit dem Ideal der radikalen Nachfolge Christi unvereinbar. Norberts Vision: Wie die Apostel sollen Priester aus einer Gemeinschaft heraus als Seelsorger wirken, nicht vereinzelt. Sein Orden dient dabei vor allem als ein Zusammenschluss selbstständiger Klöster; die oberste Instanz, das Generalkapitel, legt lediglich eine für alle Klöster verbindliche Rahmengesetzgebung fest.

 

Priester, Gemeinschaft, Seelsorge

 

Die Spiritualität der asketisch lebenden Prämonstratenser steht also auf drei Säulen: Priestergemeinschaft, geistliches Ordensleben und engagierte Seelsorge. Zu ihren Hauptaufgaben gehören Predigt, Unterricht und Pfarreiarbeit. Immer mehr Stifte von Chorherren und -frauen in Europa übernahmen Norberts strenge Regel, wurden also "reguliert", indem ihre Mitglieder Gelübde ablegten.

Für Norbert selbst hielt das Leben noch einen zweiten Bruch bereit. Nicht nur, dass Papst Honorius II. Anfang 1126 die Regel der "Chorherren des heiligen Augustinus nach den Gebräuchen der Kirche von Prémontré" bestätigte. Er zog auch deren Gründer ab und machte ihn überraschend zum Erzbischof von Magdeburg.

 

Unbeliebter Reformer: Barfuß als Erzbischof

 

Während Norbert offenbar hoffte, damit eines der wichtigsten deutschen Bistümer auf einen Schlag reformieren zu können, kam der Schritt eigentlich bei kaum jemand sonst gut an. In Magdeburg, wo er angeblich barfuß und in ärmlicher Kleidung einzog, wollte die Geistlichkeit weder von ihren Besitzungen lassen noch den Zölibat einhalten. Seine Ordensbrüder hingegen sahen ihn als Abtrünnigen, der in die Gebräuche der schlechten Welt zurückgekehrt war.

Neben der Kirchenreform widmete sich Norbert in seinen acht Bischofsjahren vor allem der Slawenmission; er starb im Juni 1134 in Magdeburg. Nach der Reformation in Mitteldeutschland kamen seine Gebeine schließlich ins Kloster Strahov oberhalb von Prag. 1582 wurde er heiliggesprochen.

 

Wie die Geschichte weiterging

 

Durch Hussiten- und Türkenkriege und die Säkularisationen des 18. und 19. Jahrhunderts wurde der Orden fast völlig vernichtet. Heute ist er wieder weltweit mit etwa 1.300 männlichen und weiblichen Mitgliedern und rund 80 selbstständigen Klöstern vertreten, davon die Hälfte in Übersee. Vor allem in Belgien und den Niederlanden werden die Prämonstratenser nach ihrem Gründer auch "Norbertiner" genannt. 65. Generalabt ist seit 2018 der Belgier Jos Wouters (61).

Der weibliche Zweig sind die Prämonstratenserinnen, der dritte Orden die sogenannten Prämonstratenser-Tertiaren. In Deutschland gibt es derzeit drei Prämonstratenser-Abteien - Duisburg-Hamborn, Windberg in Niederbayern und Speinshart in der Oberpfalz - sowie zwei Priorate: Roggenburg im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben und Magdeburg.

 

Erstes Kloster in Deutschland in Cappenberg

 

An der letzten Wirkungsstätte ihres Ordensgründers, in Magdeburg, wollen die Prämonstratenser aus Duisburg 2021 ihr neues Kloster fertigstellen. Es soll Platz für elf Ordensmänner bieten. Dort sollen dann auch die Europäische Sankt-Norbert-Stiftung, die evangelische Altstadtgemeinde, die evangelisch-reformierte Gemeinde und die katholische Pfarrgemeinde Sankt Augustinus vertreten sein.

Im Bistum Münster liegt zudem das Kloster Cappenberg (Selm, Kreis Unna), das 1122 als erstes Prämonstratenserkloster auf deutschem Boden vom späteren heiligen Gottfried von Cappenberg gestiftet wurde. Er selber wie sein Bruder Otto traten dem Orden bei. Bis heute stellt die Prämonstratenser-Abtei Hamborn in Duisburg den Pfarrer in Cappenberg. 2022 soll dort das 900-jährige Jubiläum des Klosters gefeiert werden.

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