Forum im Franz-Hitze-Haus in Münster

Wie Rechtsextreme das christliche Familienbild missbrauchen

Immer mehr rechte Gruppierungen greifen Themen der Familienpolitik auf, wie etwa den Schutz ungeborenen Lebens. Auch Christen und Konservative vertreten diese Meinung. Doch wollen sie dasselbe?

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Themen des christlichen Familienbilds sorgen für brisante Debatten, da unterschiedliche Meinungen mit besonderer Emotionalität aufeinanderprallen. Wie ist es aber zu bewerten, dass sich auch rechte, sogar rechtsextreme Gruppierungen für den Schutz der Familie und des ungeborenen Lebens einsetzen? Die Forderungen decken sich scheinbar mit denen der Kirche und konservativer Christen. Doch wollen sie wirklich dasselbe?

Familienpolitik wird auch von extremen Rechten aufgegriffen wird, hat Theologin Sonja Strube von der Universität Osnabrück bei einem Forum im Franz Hitze-Haus in Münster gesagt. Unter der Behauptung, dass das „deutsche Volk“ aussterbe, greifen sie dieses Thema auf, „damit deutsche Kinder zur Welt kommen und dem sogenannten ‚Volkstod‘ entgegenwirken“, sagte Strube.

 

„Rechte wollen Mitte der Gesellschaft erreichen“

 

So gebe es „milieuübergreifende Vernetzungen“: Rechte Gruppierungen „nutzen Themen, die die Mitte der Gesellschaft treffen. Indem sie auch den Lebensschutz aufgreifen, erreichen sie Menschen ganz anderer Milieus und Schichten, die gar nicht rechts sind, sondern konservativ.“

Strube nannte verschiedene Beispiele von offenbar familienfreundlichen Bewegungen und Organisationen, die sich allerdings erst bei genauerem Hinschauen nah an rechtsextremen Gruppierungen oder der AfD befinden.

 

Konservativ nicht gleich rechts

 

Die Theologin differenzierte zwischen rechten und konservativen Ansichten: „Konservative wollen Traditionen bewahren, während Rechte ausschließen.“ Rechtem Denken zufolge seien Menschen unterschiedlich viel wert.

Diskutierten im Franz-Hitze-Haus in Münster beim Forum „Christliches Familienbild und neue Rechte“ (v.l.): Hubert Hüppe, Christian Müller und Sonja Strube. | Foto: Melanie Ploch
Diskutierten beim Forum „Christliches Familienbild und neue Rechte“ im Franz-Hitze-Haus (v.l.): Hubert Hüppe, Christian Müller und Sonja Strube. | Foto: Melanie Ploch

„Rechte nutzen die Familien- und Lebensschutz-Rhetorik als Mittel zum Zweck“, sagt Strube. So wollten sie bürgerlich und harmlos erscheinen und nutzen die populistische Emotionalisierung: Die Themen würden bewegen, da „alle mal Kinder waren oder selbst eine Familie haben“.  Rechte würden die traditionelle Familie als einzige soziale Absicherung festsetzen, „um den Sozialstaat abzuschaffen.“ Strube betonte dabei, dass das aber nicht Ziel aller Rechts-Positionierten sei.

 

Verschleierte Vernetzungen im rechten Spektrum

 

Ansichten von Rechten und Konservativen scheinen nach Strube zwar gleich zu sein, allerdings sehen Rechte eher eine „Fortpflanzungs-Pflicht“, während nach christlichem Denken jedes Leben eines Menschen durch die Gottesebenbildlichkeit geschützt werden muss.

Die Forderungen und Aktionen der rechten Gruppierungen machten manche Gläubige jedoch anfällig, da es verschleierte Vernetzungen im rechten Spektrum gebe, sie also nicht immer als rechts verortet zu erkennen sind. Auch der Verlust von Alternativen sowie das „Verschließen der Augen vor dem, was christlichen Werten in rechten Gruppen widerspricht“ seien Gründe dafür.

 

Hüppe: Einsatz für das Leben oft diskreditiert

 

Hubert Hüppe (CDU), ehemaliges Mitglied des Bundestags, stellte sich in seinem Vortrag klar gegen Abtreibung. Der ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung räumte ein, dass es auch Rechte bei verschiedenen Demonstrationen gebe, beklagte aber, dass jeder, der für das Leben ist, oft diskreditiert werde, rechts zu sein: „Wenn man für Inklusion vor der Geburt ist, ist man ein Rechter; ist man für Inklusion nach der Geburt, ist man ein Linker.“

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