Seit 2016 gibt es ein offizielles Ausbildungskonzept

Wie sich der Begräbnisdienst durch Laien im Bistum Münster etablierte

  • Bis zu einem offiziellen Konzept für die Trauer- und Begräbnisdienst durch Laien dauerte es viele Jahre.
  • Es war nicht der Priestermangel, der die ersten Projekte schon Anfang der 2000-er Jahre anstieß.
  • 70 Frauen und Männer im Bistum Münster führen heute ehrenamtlich Trauergespräche, feiern Gottesdienst und leiten Beisetzungen.

Anzeige

Mittlerweile sind es mehr als 70 Frauen und Männer, die ehrenamtlich im Bistum Münster im Trauer- und Begräbnisdienst aktiv sind. Sie führen Trauergespräche, feiern Gottesdienst und leiten Beisetzungen. Die Entlastung der weniger werdenden Priester liegt auf der Hand. Am Anfang aber stand ein anderer Gedanke. Der hatte es aber zunächst schwer, sich zu etablieren.

Hans-Gerd Paus darf sich ohne Zweifel als Pionier dieses Dienstes bezeichnen. Der heutige Gefängnisseelsorger in Geldern war Anfang der 2000-er Jahre Pfarrer in St. Margareta in Münster. Von einer Reise nach Skandinavien brachte er die Erfahrung mit, dass bei Bestattungen in der dortigen Diaspora immer wieder Laien einsprangen. „Das passierte, wenn wegen der großen Entfernungen kein Geistlicher anreisen konnte.“

 

Neue Nähe wurde möglich

 

Beeindruckt war er vor allem vom Engagement und der großen Nähe der Laien zu den Familien der Verstorbenen. „Sie kannten sich aus dem Alltag und der Pfarrgemeinde – dadurch wurde die Begleitung sehr persönlich.“ Zurück in Münster gründete er mit sechs Freiwilligen aus seiner Pfarrei einen Arbeitskreis und schrieb ein Buch mit dem Titel „Die Gemeinde bestattet ihre Toten“. Zudem entwickelte er ein Ausbildungskonzept, mit dem er Laien auf den Trauer- und Begräbnisdienst vorbereitete.

Was fehlte, war die offizielle Anerkennung durch das Bistum. Und das tat sich schwer, neben Priestern und Diakonen Menschen ohne Weihe dazu zu beauftragen. Zwar wurde eine Studie durchgeführt und die Akteure in St. Margareta bekamen danach eine zeitlich und auf die Pfarrei begrenzte Genehmigung. Bis zu einer vollständigen Aufnahme in das seelsorgliche Konzept des Bistums sollte es aber bis 2016 dauern.

 

Barmherzigkeit als Grundidee

 

„Das war eine echte Hängepartie“, erinnert sich Pastoralreferent Reinhold Leidecker. Gemeinsam mit dem damaligen Pfarrer in St. Felizitas Lüdinghausen, Reinhard Kleinewiese, hatte er 2009 nach dem Vorbild aus Münster ein ähnliches Projekt initiiert. Drei Frauen machten sich mit auf den Weg. „Unser Beweggrund damals war noch nicht der Mangel an Klerikern, sondern die Einsicht, dass eine Beerdigung ein Akt der Barmherzigkeit ist und damit Aufgabe eines jeden Christen sein kann.“

Die Frauen gingen mit zu Trauergesprächen, halfen bei der Gottesdienstvorbereitung und assistierten bei der Beisetzung. „Es gab damit mehr Augen und Ohren, die in dieser schwierigen Lebenssituation für die Menschen da sein konnten.“ Denn ein entscheidender Faktor damals war auch damals schon die Zeit, sagt Leidecker. Während die Priester und Diakone manchmal mehrere Beerdigungen in der Woche vorbereiten und leiten mussten, konnten sich die Frauen auf die Situation der Angehörigen mit mehr Ruhe einlassen. „Es bestand die Möglichkeit, eine besondere Nähe aufzubauen.“

 

Niedrigere Hürden für Kirchenferne

 

Gunhild Krüger war eine der drei Frauen in Lüdinghausen, die von Beginn an mit dabei waren. Seit ihrer offiziellen Beauftragung 2016 hat die pensionierte Realschullehrerin etwa 30 Beisetzungen selbstständig begleitet. Sie hat dabei die Erfahrung gemacht, dass ihr Angebot gerade bei der wachsenden Kirchenferne vieler Menschen besonders wichtig ist. „Mit einem Priester oder mit Gottesdiensten können nur noch wenige etwas anfangen.“ Wenn dann sie als Frau zu ihnen kommen, seien die Hürden nicht so hoch, sich auf eine Begleitung einzulassen.

Welche Ausstrahlung sie dabei entwickeln kann, beschreibt sie an dem Beispiel der Angehörigen, die eine Bestattung „ohne christliche Elemente“ wünschten. „Ich habe ihnen erklärt, warum mir die christlichen Lieder, Gebete und Rituale wichtig sind.“ Dieses Glaubensgespräch wirkte. „Sie entschieden sich für eine katholische Beisetzung.“

 

„Laien fühlen sich auch für die toten Mitmenschen verantwortlich“

 

Im Rückblick sagt Hans-Gerd Paus, dass ihm von Beginn an klar war, „dass dieses Angebot erfolgreich wird“. „Es gab bei immer weniger Priestern keine Alternative.“ Entscheidend aber war für ihn ein Bewusstsein vieler Laien, das er von Beginn an spürte: „Sie fühlten sich nicht nur für die lebenden Mitmenschen verantwortlich – auch für die toten.“

Das Referat „Seelsorge in kritischen Lebenssituationen“ im Generalvikariat in Münster bietet eine Ausbildung im „Trauer- und Begräbnisdienst durch Freiwillige“. Der Kurs dauert ein halbes Jahr und beinhaltet sowohl theologische, rechtliche und spirituelle Inhalte, als auch praktische Übungen etwa zu Trauergesprächen und zur Liturgie. Die Teilnehmer schließen die Fortbildung mit einem Zertifikat ab und erhalten eine Beauftragung für einen fünfjährigen Dienst in ihrer Pfarrgemeinde.

Anzeige