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Woran glauben Muslime? Was sagt der Islam zu Gewalt? Wie soll man den Koran lesen? Film- und Fernsehmacher Willi Weitzel lässt sich neugierige Fragen vom Theologen Mouhanad Khorchide aus Münster beantworten - in einem neuen Buch.
Das könne er am besten, sagt Willi Weitzel: sich unbefangen, aber nicht unkritisch auf ein Thema einlassen. Was der Reporter benennt, ist eine seltene Tugend geworden. Vielleicht war seine preisgekrönte Sendereihe „Willi will's wissen“ gerade deshalb so erfolgreich. Wie die Löcher in den Käse kommen oder das Wasser aus der Leitung - seit über 15 Jahren findet Weitzel für jede Frage einen Profi, der sie verständlich beantworten konnte.
Einem komplexen Thema widmet sich Weitzel jetzt in Buchform: dem Islam. Als Experten hat er den muslimischen Theologen Mouhanad Khorchide von der Universität Münster befragt. Zwei Tage haben Weitzel und Khorchide zusammengesessen und im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt gesprochen. Das gemeinsame Buch „Der Islam. Fragen und Antworten für alle, die's wissen wollen“ ist in der Edition Chrismon erschienen.
Gegenseitiger Respekt
In der heutigen Gesellschaft werde der Islam oftmals mit Gewalt und negativen Aspekten assoziiert, erklärt Khorchide. Er verstehe, dass Menschen darauf teils mit Angst und Unbehagen reagierten. „Man muss sehr darauf eingehen, diese Anfragen an den Islam ernst nehmen“, betont der Wissenschaftler, der für eine historisch-kritische Lesart des Koran eintritt und seit Jahren zum interreligiösen Dialog aufruft.
Weitzel spricht mit großem Respekt, beinahe Ehrfurcht von seinem Interviewpartner. Er beschreibt Khorchide als intellektuell und weltoffen, mutig und unterhaltsam - und als „bescheidenen, gläubigen Muslim“.
Sachliche Aufklärung über den Islam
Umgekehrt sagt der Theologe, dass Weitzel mit seinen neugierigen Fragen auch Erwachsene überraschen könne. Ihm geht es um Aufklärung: Wenn Gewalt im Koran vorkomme oder die Rolle der Frau beschrieben werde, müssten auch Muslime lernen, „diese Stellen im historischen Kontext zu verorten, im siebten Jahrhundert“.
Die Mischung aus wechselseitiger Wertschätzung und sachlichem Interesse ist auf den gut 100 Buchseiten stets präsent. Fachbegriffe werden in Boxen am Seitenrand knapp erklärt.
Kernaussagen des Glaubens
Manchmal sind es gerade die scheinbar munteren Fragen, die zu einem Aha-Erlebnis führen. So wie die nach Khorchides Lieblingsfarbe gleich zu Beginn: Violett, lautet die Antwort. Weitzel räumt ein, er hätte auf Grün, die Farbe des Islam, getippt: Dabei fände er es als Katholik selbst komisch, wenn jemand ihm die Vatikan-Farben Weiß und Gelb gewissermaßen automatisch zuordnen würde.
Den Kern des Bandes machen jedoch die Kapitel rund um den Glauben aus: Woran glauben Muslime, was tun Muslime, wie ist der Islam entstanden? Es geht um den Glaubensalltag, bestimmte Regeln wie das Fasten im Ramadan, aber auch um politische Fragen.
Was weiß man - außer den Schlagzeilen?
Am Ende steht ein Ausblick zur vieldiskutierten Frage, ob es einen modernen Islam geben könnte. An kaum einem Tag stehe der Islam nicht in den Schlagzeilen, sagt Weitzel. Er selbst habe irgendwann bemerkt, „dass ich gar nicht mehr weiß, um was geht es hier eigentlich?“
Willi Weitzel/Mouhanad Khorchide: Der Islam: Fragen und Antworten für alle, die's wissen wollen. Edition Chrismon, Leipzig 2018, 120 Seiten, 14 Euro
Vor der Arbeit am Buch habe er nur wenig über den Islam gewusst, so der Publizist. Das Gespräch mit Khorchide habe dann jedoch „Licht, Ordnung und Verständnis in die Halbweisheiten gebracht, die ich bis dato über den Islam aufgeschnappt und abgespeichert hatte“.
Viele Fragen auch an das Christentum
Eine Erfahrung, die das Buch nun weitertragen soll. Weitzel würde sich freuen, wenn „Der Islam. Neugierige Fragen für alle, die's wissen wollen“ zum Beispiel Oberstufenlektüre werden würde.
Immer wieder kommen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Religionsgruppen zur Sprache; Weitzel geht in manchen Fragen von Gewohnheiten, Bräuchen und Erfahrungen des Christentums aus. Beim Schreiben habe er allerdings gedacht: „Mensch, eigentlich müsste man das mal über den eigenen Glauben machen - da hab ich genau so viele Fragen.“