Professor erhält Verdienstorden des Landes NRW

Wim Kösters: Kenner der Währungspolitik und der katholischen Soziallehre

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Der Wirtschaftswissenschaftler Wim Kösters ist für seine Forschung und Begabtenförderung mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet worden. Ein kirchliches Ehrenamt liegt ihm besonders am Herzen.

„Die wichtigste Aufgabe der Geldpolitik ist, für Geldwertstabilität zu sorgen, also eine Inflation zu vermeiden. Das ist auch ganz im Sinn der Gerechtigkeit, denn von Inflation werden besonders ärmere Menschen in Mitleidenschaft gezogen. Die Europäische Zentralbank hat über viele Jahre für niedrige Inflationsraten gesorgt, aber in den letzten beiden Jahren zu langsam reagiert und damit einen deutlichen Anstieg der Preise zugelassen“, sagte Professor Wim Kösters in einem Gespräch mit Kirche+Leben nach seiner Auszeichnung mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.

Der aus dem münsterländischen Greven stammende Kösters zählte viele Jahre zu den führenden Wirtschaftswissenschaftlern in Deutschland und ausgewiesenen Kennern der Geldtheorie. Von 1991 bis zum Jahr 2011 lehrte er als Inhaber des Lehrstuhls für Theoretische Volkswirtschaftslehre und Direktor des Instituts für Europäische Wirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum.

Kösters kritisiert die EZB-Geldpolitik

Und mehr als 20 Jahre lang hat sich Wim Kösters für das „RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung“ in Essen eingesetzt. Von 1996 bis 2002 gehörte er zunächst dem Forschungsbeirat an, darunter vier Jahre lang als Vorsitzender. Von 2003 bis 2017 war Kösters Mitglied im Vorstand des RWI.

Bekannt geworden ist Kösters, der in vielen wirtschaftspolitischen Gremien tätig war, durch seine Kritik an der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). So sagte er auf dem Höhepunkt der Euro-Krise: „Wenn die EZB jetzt, was ihr im Maastrichter Vertrag ja direkt verboten ist, einzelnen Staaten Staatsanleihen abkauft, so finanziert sie damit Staatsausgaben dieser Länder. Das grenzt an einen Rechtsbruch.“

Schon in seinem Studium in den 1960er Jahren in Münster hatte sich Kösters intensiv mit der katholischen Soziallehre beschäftigt, nahm an den sozialen Seminaren in der Akademie Franz-Hitze-Haus teil und erwarb an der Universität neben seiner Promotion in Wirtschaftswissenschaften ein Diplom in katholischer Soziallehre.

Begabtenförderung durch das Cusanuswerk

Eine Nähe zur Kirche hatte Kösters seit Jugend an und setzte sie später fort: Seit mehr als 40 Jahren engagiert er sich ehrenamtlich für die Studierenden und Promovierenden im Rahmen der katholischen Begabtenförderung des Cusanuswerks. 15 Jahre arbeitete er im Auswahlgremium der Studienförderung mit. Seit 2011 leitet er die Stiftung des Cusanuswerks als Vorstandsvorsitzender. Auch durch seinen Einsatz konnten bisher etwa 9.000 hochbegabte Studierende und Promovierende ideell und finanziell gefördert werden.

„Junge Menschen zu fördern und begleiten zu können, ist eine wunderbare Aufgabe. Das Cusanuswerk leistet die Nachwuchsförderung auch für das Gemeinwohl“, sagte Kösters. Dessen außergewöhnliche Begleitung begabter Menschen hob auch der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), bei der Verleihung des Verdienstordens in Düsseldorf hervor.

Die Knappheit – das Thema der Ökonomie

Auch in seinem Ruhestand blickt der Ökonom auf die aktuellen Herausforderungen und auf die Themen der Zukunft: Durch erschöpfbare Ressourcen, Klimawandel, immer noch wachsende Weltbevölkerung und vieles andere werde in Zukunft die Knappheit zunehmen und die Ökonomie wichtig bleiben, sagte er im Gespräch.

Zentrales Thema der Ökonomie sei der Umgang mit der Knappheit der Ressourcen, die daraus resultiere, „dass für unsere unendlichen Bedürfnisse nur begrenzte Mittel der Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung stehen“. Dieser Grundthese müsse sich die Ökonomie immer wieder stellen.

Kösters: Knappheitsproblem wird immer wieder ignoriert

„Dies ist so seit der Vertreibung aus dem Paradies, in dem es alles im Überfluss gab. Da seitdem zwei Engel mit flammenden Schwertern den Eingang bewachen, sind wir gezwungen, mit der Knappheit umzugehen. Trotzdem wird immer wieder versucht, das Knappheitsproblem zu ignorieren und zum Beispiel einen Euro zweimal auszugeben“, sagte Kösters.

Und weiter, das biblische Bild gebrauchend: „Die unangenehme Aufgabe für Ökonomen ist dann, auf die Knappheit hinzuweisen. Die göttliche Weisung, uns die Erde untertan zu machen, verstehe ich als Ökonom so, dass wir nach Lösungen für eine Milderung des Knappheitsproblems durch gutes Wirtschaften suchen müssen. Das ist mein Job hier auf Erden, den ich jedoch im Paradies, sollte ich es denn dahin schaffen, natürlich verlieren würde.“

Einfluss der katholischen Soziallehre

In diesem Sinn hat auch die katholische Soziallehre oder christliche Sozialethik eine bleibende Aktualität: Die Soziallehre weite den Blick über die Individualethik mit dem Beispiel des guten Samariters aus auf Prinzipien gesellschaftlicher Gestaltung.

Schon durch die ersten päpstlichen Sozialenzykliken seien wichtige sozialethische Prinzipien wie Personalität, Subsidiarität und Solidarität formuliert worden, die später sogar in die deutsche Sozialgesetzgebung und schließlich in die Europäischen Verträge übernommen worden seien. „Das zeigt die Wichtigkeit der kirchlichen Aussagen über das menschliche Sozialleben“, sagte Kösters.

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