Aktion der beiden großen Kirchen in Trier eröffnet

„Woche für das Leben“: Behinderte Kinder sind unersetzbar

Auf die Sorgen von Eltern, deren ungeborenes Kind behindert sein könne, gebe es keine einfachen Antworten. Aber Gott trage das „Ja“ zum Leben mit, sagte Kardinal Reinhard Marx beim Eröffnungsgottesdienst für die bundesweite „Woche für das Leben“.

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Mit einem ökumenischen Gottesdienst im Trierer Dom haben der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof  Heinrich Bedford-Strohm, am Samstag die bundesweite Aktion „Woche für das Leben“ eröffnet, die bis zum 21. April in katholischen und evangelischen Kirchengemeinden begangen wird.

Eröffnung der Woche für das Leben am 14. April 2018 in Trier, mit (v.l.n.r.): Stephan Ackermann, Bischof von Trier; Bischof Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD); Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender
Eröffnung der "Woche für das Leben" mit (von links) Bischof Stephan Ackermann (Trier), Bischof Heinrich Bedford-Strohm (EKD), Kardinal Reinhard Marx und Christoph Pistorius (Evangelische Kirche im Rheinland). | Foto: Michael Merten (KNA)

In seiner Predigt erinnerte Kardinal Reinhard Marx an das Wort „Gott ist ein Freund des Lebens“ als die seit 1989 gemeinsam bestehende Grundbotschaft der katholischen und evangelischen Kirche für die „Woche für das Leben“. Das teilte die Deutsche Bischofskonferenz mit.

„Ich kann die Sorgen der Eltern sehr gut verstehen: Jeder hofft, dass sein Kind gesund ist“, sagte Kardinal Marx.  Wenn das in Frage stehe, kämen Ängste auf, die Familien sehr belasten: „Es sind Notlagen, die wir alle sehen und ernst nehmen müssen. Werdende Mütter und Väter stellen sich auch die Frage: Warum ausgerechnet mein Kind? Auf diese Sorgen gibt es keine einfachen Antworten, aber es gibt ethische Leitlinien und Werte, die Eltern und Ärzten Orientierung geben können, eine dem Leben verpflichtete Entscheidung zu treffen“, so Marx.

 

Jede Schwangerschaft brauche Vertrauen

 

„Es ist gut, von der Grundhaltung auszugehen, die in jeder Schwangerschaft notwendig ist: von Zuversicht, Hoffnung und Liebe. Jede Schwangerschaft braucht das Vertrauen, dass das Wagnis des neuen Lebens gut ist. Als Christen können wir darauf hoffen und vertrauen, dass Gott das Leben schützt und liebt. Denn Gott sagt bedingungslos Ja zum Menschen. Deswegen sagen wir über eine schwangere Frau: Sie ist guter Hoffnung!“

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz betonte: „Wir sind dankbar für alle Zeugnisse von Eltern, denen das Ja zum Leben ihres Kindes einiges abverlangt und die dennoch versuchen, mutig und zuversichtlich in die Zukunft zu gehen. Sie und Ihre Kinder sind unersetzbar und wichtig für unsere Gesellschaft! Die Kirche trägt Ihr Ja zum Leben mit!“

„Woche für das Leben“
Seit mehr als 20 Jahren setzten sich die evangelische und die katholische Kirche mit dieser Aktionswoche für den Schutz und die Würde des Menschen vom Lebensanfang bis zum Lebensende ein. Das Themenheft und weitere Informationen unter www.woche-fuer-das-leben.de

Marx hob hervor, dass auch Papst Franziskus an das Geschenk des Lebens in seinem aktuellen apostolischen Schreiben "Gaudete et exsultate" erinnert, in dem es heißt: „Die Verteidigung des ungeborenen unschuldigen Lebens zum Beispiel muss klar, fest und leidenschaftlich sein, weil hier die Würde des menschlichen Lebens, das immer heilig ist, auf dem Spiel steht und es die Liebe zu jeder Person unabhängig von ihrer Entwicklungsstufe verlangt.“ (Nr. 101)

Daher, so Kardinal Marx, sei die Woche für das Leben so wichtig: „Unser Ja-Wort zum Leben umfasst alle Menschen und zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens.“

 

Bedford-Strohm: Pränataldiagnostik ist dem Leben verpflichtet

 

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm sprach in seiner thematischen Hinführung im Gottesdienst von den Zielen, an denen sich Pränataldiagnostik zu orientieren hat: „Pränataldiagnostik ist zuallererst dem Leben verpflichtet. Sie soll Frauen bei ihrer Schwangerschaft so gut wie möglich medizinisch begleiten und die medizinischen Risiken für die Frau und das werdende Leben begrenzen.

Als Christen glauben wir, dass uns das Leben von Gott geschenkt ist. Deswegen hat der Schutz dieses Lebens einen so großen Stellenwert für uns. Niemand darf von einem moralischen Hochpodest aus über die schwierigen Konfliktsituationen hinweggehen, die entstehen, wenn Eltern durch Pränataldiagnostik mit abzusehenden schweren Schäden in der embryonalen Entwicklung konfrontiert werden. Sie brauchen einfühlsame Begleitung und Beratung gerade auch in den damit verbundenen ethischen Fragen. Umso wichtiger ist eine bewusste Reflexion der ethischen Dimensionen der heutigen pränataldiagnostischen Möglichkeiten.“

 

Keine Therapiemöglichkeit nach Bluttests

 

Das Jahresthema „Kinderwunsch. Wunschkind. Unser Kind!“ lenkt den Blick auf die ambivalenten Folgen, die heutige Methoden der Pränataldiagnostik mit sich bringen. Während bestimmte diagnostische Möglichkeiten eine verbesserte Vorsorge und ein therapeutisches Handeln ermöglichen, die den Embryo vor Schaden schützen, generieren andere Testverfahren lediglich ein Wissen darüber, ob das Kind bestimmte genetische Merkmale oder Störungen hat.

Mit einer Therapiemöglichkeit sind letztere Tests, zu denen der sogenannte „Bluttest“ für Schwangere gehört, jedoch nicht verbunden. Eltern, die einen beunruhigenden Befund erhalten, stehen oftmals nur noch vor der Wahl, ihr Kind mit einer möglichen Behinderung zur Welt zu bringen oder die Schwangerschaft abzubrechen – ein schwerer Entscheidungskonflikt, auf den viele Paare gar nicht vorbereitet sind. Deshalb sehen die Kirchen ihren wichtigen Auftrag darin, werdenden Eltern beratend und unterstützend beizustehen und sie zu ermutigen, ihre Elternrolle in guter Hoffnung und im Vertrauen auf Gott, den Schöpfer, anzunehmen.

Zum Schwerpunktthema
Bei der „Woche für das Leben“ geht es in diesem Jahr um Aufgaben und Konsequenzen der Pränataldiagnostik und deren ethische, medizinische und soziale Einordnung. Besonders wird die sich daraus ergebende Frage nach dem Wert des Lebens mit Behinderung in den Blick genommen. Die Bewertung pränataldiagnostischer Methoden ist nicht nur eine medizinisch-technische Sache. Es müssen vornehmlich auch ethische Kriterien und die jeweiligen gesellschaftlichen Auswirkungen berücksichtigt werden. In den medizinischen Fortschritten sehen die katholische und evangelische Kirche nicht nur hilfreiche Maßnahmen für die Gesundheit von Mutter und Kind, sondern auch die Gefahr einer zunehmenden Ablehnung von Kindern mit Behinderung und das Streben hin zu vermeintlich perfekten Menschen.

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