Ist die Kirche mehr als eine Kulisse im Fernseh-Krimi?

ZDF: Wilsberg ermittelt am Samstag in einem Pfarrer-Mord

„In Treu und Glauben“ lautet der Titel des neuen Krimis mit Georg Wilsberg am Samstag um 20.15 Uhr im ZDF. Darin wird ein Pfarrer tot aufgefunden. Doch welche Rolle spielt die Kirche in dem Film? Ist sie mehr als eine Kulisse?

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Dieser „Wilsberg“ am Samstag um 20.15 Uhr im ZDF steckt voller Klischees: Es geht in dem beliebten Münster-Krimi mit dem Titel „In Treu und Glauben“ dieses Mal unter anderem um zwei Priester. Und es geht im Zusammenhang mit den Geistlichen – das ist nun wirklich völlig überraschungsfrei – wieder einmal um Sex und den Zölibat.

Außerdem dreht sich der Film um eine Therapeutin und eine großbürgerliche Familie. Die Klischees über Psychologen und reiche Unternehmerfamilien sind in diesen 90 Minuten allerdings ebenso ausgeprägt wie die über die katholische Kirche. Klischees gehören zur Unterhaltung dieser Art wohl einfach dazu.

 

Ekki will heiraten

 

So beginnt die Handlung: Ekki Talkötter (Oliver Korittke) will heiraten, und sein Freund Georg Wilsberg (Leonard Lansink) soll Trauzeuge sein – auch wenn er große Zweifel hat, ob Kerstin Buckebrede (Isabell Polak) auch wirklich die Richtige ist. Und dann erscheint ausgerechnet Pfarrer Ludger Albers (Markus Knüfken) aus der Gemeinde St. Michaelis, der Ekki trauen soll, im Antiquariat des Privatdetektivs.

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Pfarrer Albers heuert Wilsberg an, weil er das Opfer einer Stalkerin aus seiner Gemeinde ist und von der liebestollen Frau ständig mit Briefen belästigt wird. Rosemarie Dettmer (Steffi Kühnert) ist hin und weg von dem Priester. Bevor Gerüchte die Runde machen, soll Wilsberg die Sache so diskret wie möglich aus der Welt schaffen.

 

Stalkerin unter Mordverdacht

 

Doch wenig später wird Pfarrer Albers tot in seiner Wohnung gefunden. Kommissarin Anna Springer (Rita Russek) und ihr ehrgeiziger Assistent Overbeck (Roland Jankowsky) nehmen die Ermittlungen auf. Bald gerät die Stalkerin unter dringenden Tatverdacht. Anwältin Alex Holtkamp ist von der Unschuld ihrer neuen Mandantin überzeugt. Sie setzt sich dafür ein, dass Dettmer schnell aus der Untersuchungshaft entlassen wird. Doch Anna Springer ist nicht wohl dabei, die Stalkerin freizulassen.

Ekki Talkötter und Kerstin Buckebrede beim Vorgespräch für die Hochzeitsmesse. | Foto: ZDF
Ekki Talkötter und Kerstin Buckebrede beim Vorgespräch für die Hochzeitsmesse. | Foto: ZDF

Wilsberg verfolgt derweil eine andere Spur, die ihn zur Sexualtherapeutin Dr. Sabine Morgenstern führt. Gerne würde Wilsberg wissen, was der Pfarrer in ihrem Therapiezimmer zu suchen hatte. Doch Morgenstern beruft sich auf die Schweigepflicht. Und je weiter Wilsberg sich um die Aufklärung des Falls bemüht, desto mehr ungeklärte Fragen tauchen auf.

 

„Ich bin aus Ihrem Verein ausgetreten“

 

Soweit die Handlung, deren Ende nicht verraten werden soll. So nebenbei erwähnt Ekki, er habe es mit dem Heiligen Geist nicht so, und Wilsberg will nicht missioniert werden. „Ich bin aus Ihrem Verein ausgetreten“, sagt der Privatdetektiv. Ob es Zufall ist, dass sich die beiden Serienhelden eher kirchenfern geben? Ganz sicher aber ist es kein Zufall, dass auch ein Beichtstuhl vorkommt, übt doch dieser Ort des Sündenbekenntnisses für Nicht-Katholiken nach wie vor eine gewisse Faszination aus.

Auffällig auch, dass in dem Münster-Krimi noch ein Dekan van der Vorst mitspielt, ein Priester in Leitungsfunktion, der wie Don Camillo aufs Kreuz heraufblickt. Indes: Das geistliche Amt des Dekans als Führungsperson in der mittleren Verwaltungsebene existiert im Bistum Münster gar nicht, wohl aber gibt es Dechanten. Kannten die Drehbuchschreiber den Unterschied nicht, oder war ihre Änderung Absicht?

 

Pfarrer voller Idealismus

 

Stalkrein Rosemarie Dettmer
Von der Stalkerin Rosemarie Dettmer verfolgt: Pfarrer Ludger Albers. | Foto: ZDF

Immerhin zeigt sich: Die Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf zeichnen das Mordopfer als Figur voller Idealismus, als einen sensiblen Geistlichen, der trotz Anfechtungen standhaft bleibt und sich für die Hospizbewegung einsetzt. Die Bücherwand in der Wohnung von Pfarrer Albers sieht so aus, wie sie in vielen Pfarrhäusern anzutreffen ist. Bemerkenswert auch: Als Bauunternehmer Manfred Buckebrede (Uwe Preuss) von dem Ort spricht, von dem er die Geschickte seiner Firma lenkt, formuliert er: „Das ist mein Allerheiligstes.“

Je länger man diesen Film schaut, umso mehr wird klar: Die schwierige Beziehung zwischen dem schüchternen Steuerprüfer Ekki und seiner Freundin Kerstin steht im Vordergrund und ebenso deren alles regelnde Helikopter-Eltern – die katholische Kirche spielt nur eine Nebenrolle, sie bildet die Kulisse. Weihnachtliches ist in der Sendung am vierten Adventssonntag nicht zu entdecken.

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