Drei Viertel der niedersächsischen Kliniken sehen sich in ihrer Existenz bedroht

"Zerreißprobe": Katholische Krankenhäuser demonstrieren in Oldenburg

  • Drei Viertel der niedersächsischen Krankenhäuser sehen sich mittelfristig in ihrer Existenz bedroht.
  • Darunter sind auch die neun katholischen Krankenhäuser im oldenburgischen Teil des Bistums Münster.
  • Sie haben im Zentrum von Oldenburg dagegen demonstriert.

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Drei Viertel der niedersächsischen Krankenhäuser sehen sich mittelfristig in ihrer Existenz bedroht. Darunter sind auch die neun katholischen Krankenhäuser im oldenburgischen Teil des Bistums Münster. Sie haben heute im Zentrum von Oldenburg unter dem Motto „Krankenhäuser vor der Zerreißprobe“ auf ihre Lage aufmerksam gemacht.

Enorme Kosten durch Corona und die Inflation entziehen ihnen wirtschaftlich die Basis. So beschreiben Fachleute im Bezirk Oldenburg/Aurich der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft die Lage. Zudem: Die Pflegekräfte seien extrem überlastet. Zudem gebe es viel zu wenig.

Klinikpersonal entlasten

Martin Pohlmann aus Vechta ist Vorsitzender des Bezirks, zugleich stellvertretender Caritasdirektor im oldenburgischen Teil des Bistums Münster. Der Krankenhaus-Betriebswirt kennt auch die Praxis: Er hat früher selbst als Pfleger und später als Geschäftsführer einer Klinik gearbeitet. Für ihn ist eines besonders wichtig: „Wir müssen das Klinikpersonal entlasten.“ Die Pflegekräfte seien im dritten Jahr der Corona-Pandemie am Ende ihrer Kräfte. Allein der Personalausfall aufgrund der Corona-Sommerwelle habe sich in den letzten Wochen verdoppelt, sagte er im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“.

Deshalb müsse die Pflege von „unnötiger Bürokratie“ entlastet werden. Pohlmann sprach von einem „Dokumentierungswahn“, der Pflegekräfte unnötig am Schreibtisch halte. Diese Zeit könne besser in der unmittelbaren Pflege eingesetzt werden.

Zu viel Misstrauen gegen Kliniken

Nach seinen Worten sind die Krankenhäuser Opfer neuer Verordnungen, die sie zu Nachweispflichten verschiedenster Art gegenüber den Krankenkassen anhalten. Bei geringfügigen Fehlern werde sofort die Bezahlung der Leistungen gekürzt, obwohl der Patient behandelt worden sei. Inzwischen nehme hier eine „Misstrauenskultur“ überhand, beklagte Pohlmann.

Die Pflegekräfte seien durch den Alltag auf den Stationen ohnehin stark belastet. Dort sei Corona nämlich „noch sehr präsent“. Die Zahl infizierte Patienten auf normalen Stationen nehme nicht ab, sie müssten weiter unter enormem Schutzaufwand versorgt werden.

Kosten sind oft nicht gedeckt

Wirtschaftlich geraten nach den Worten Pohlmanns immer mehr Krankenhäuser in wirtschaftliche Probleme. Wegen Personalmangels könnten oft Betten nicht mehr belegt werden. „Dann sinkt ganz einfach der Erlös“, sagt  Pohlmann. „Kosten sind dann nicht mehr gedeckt.“

Der Fachmann fordert dringend einen Inflationsausgleich für die Krankenhäuser. Die gestiegenen Kosten für Energie, Medikamente und Lebensmittel könnten sie wegen ihres Finanzierungssystems nicht einfach weitergeben.

Pohlmann mahnt: „Ohne ein schnelles und strukturiertes Eingreifen der Politik ist die Patientenversorgung in unserer Region ernsthaft gefährdet.“

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