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Reinhold Nann leitete bis 2024 die Territorialprälatur Caravelí im Süden des Andenstaats. Warum er sein Amt aus Liebe aufgab.
Der deutschstämmige ehemalige Bischof von Caravelí in Peru hat geheiratet. Wie Reinhold Nann (65) der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mitteilt, ist er „seit kurzem“ zivil verheiratet und lebt mit seiner Frau in Peru.
Der aus Breisach am Rhein stammende Nann war seit 2017 Bischof der Territorialprälatur Caravelí im Süden Perus. Eine Territorialprälatur ist eine Bistümern gleichgestellte Teilkirche. Bereits seit 2002 wirkte Nann dauerhaft in dem südamerikanischen Land.
Nann: Ich habe zu viel gesehen
Der KNA sagt er, für kurze Zeit habe er die fast absolute Machtfülle genossen, die ihm das Bischofsamt in seinem Territorium der Kirche gegeben habe. „Aber dann holte mich die traurige Realität ein. Wahrscheinlich hatte ich zuvor das Priesterbild idealisiert.“
Zwar sei er davon ausgegangen, dass es einige schwarze Schafe gebe, doch sei er der Überzeugung gewesen, die Mehrheit müsse genauso idealistisch sein wie er selbst. „Je weiter ich nach oben kam, umso deutlicher wurde mir das Ausmaß an Abgründen, Tragödien, Missbrauch, Mittelmäßigkeit und Lügen. Ich habe zu viel gesehen, war entsetzt und deprimiert“, so Nann.
Rücktritt aus Liebe
Bisher habe er den Zölibat gelebt und verteidigt: „Einige Male habe ich mich verliebt, aber dann doch schnell wieder meine Entscheidung für den Zölibat erneuert. Ich kam mir dabei fast wie ein Held vor, ohne zu bemerken wie ich immer einsamer und oberflächlicher wurde.“ Nach der Pandemie habe er sich in seine heutige Ehefrau verliebt.
Als Bischof sei er zurückgetreten, weil er eine Aus- und Entscheidungszeit gebraucht habe: „Die Depression war der Anlass, die Liebe der Grund dafür.“
Bis heute nicht laisiert
Mehrere Monate habe er anschließend getrennt von seiner Partnerin in Deutschland verbracht, um spirituelle und psychologische Hilfe zu holen. Im Dezember 2024 habe er den Vatikan und die Erzdiözese Freiburg informiert, dass er das Priesteramt aufgeben wolle. Der Vatikan habe ihn allerdings bis heute nicht laisiert.
Von der „Klerikerkirche“ erwarte er keine substanziellen Erneuerungen. Doch er glaube, das „krampfhafte Festhalten“ am Zölibat bringe der Kirche „weit mehr Schaden als Nutzen“. Nann verweist darauf, es habe zu Beginn in der Kirche keinen verpflichtenden Zölibat gegeben.
Nann: Heirat als Gewinn
Persönlich habe er viel verloren: „Meinen beamtenähnlichen Klerikerstatus, mein Einkommen, meine Beamtenpension, meine Krankenversicherung. Meine Position in der Kirche, Respekt und Aufmerksamkeit ganz vieler Menschen. Meinen Glauben an die institutionelle Kirche.“
Gewonnen habe er dafür eine Partnerin, die ihn liebe, die ganz zu ihm passe und die er nicht mehr verstecken müsse. Außerdem die Freiheit, ganz er selbst sein zu können, unabhängig von Amt und Institution.
Nann bezeichnet sich als „obdachlos“ in der Kirche - er sei auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Er wolle versuchen, Kirche urkirchlicher zu leben: „Als Glaubens-Gemeinschaft angefangen von meiner Ehe als Haus-Kirche, wo ich weiterhin das allgemeine Priestertum aller Gläubigen ausführe.“