Reaktionen auf Entscheidung des Papstes für einen weltkirchlichen synodalen Weg

Zulehner und Söding: Mehr Demokratie in Kirche

  • Als einen "bemerkenswerten Schritt" hat der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner die Ankündigung des Papstes bezeichnet, die Weltkirche ab Oktober auf einen zweijährigen synodalen Weg zu schicken.
  • Thomas Söding sieht als unabdingbar für Kirche an, "das Prinzip Synodalität auf Dauer zu stellen".
  • Der Vatikan hatte einen weltweiten Beratungsprozess zu Gemeinschaft und Teilhabe in der katholischen Kirche angekündigt.

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Als einen "bemerkenswerten Schritt" hat der Wiener Pastoraltheologe Paul M. Zulehner die Ankündigung des Papstes bezeichnet, die Weltkirche ab Oktober auf einen zweijährigen synodalen Weg zu schicken. Es komme "Bewegung in die stagnierende Weltkirche", schreibt Zulehner in seinem Blog. Damit der Prozess ein Erfolg werde, sei es jedoch neben der thematischen Breite unabdingbar, dass sich Momente kirchlicher Demokratisierung kirchenrechtlich niederschlagen und etwa im Vorfeld der für 2023 angekündigten Weltbischofssynode die Synodenordnung geändert werde.

Im Blick auf die thematische Ausgestaltung des synodalen Weges geht der Theologe davon aus, dass es vor allem um die großen Themen des Pontifikats gehen werde: "Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung". Doch auch die Kirche selbst werde Thema sein müssen: "Denn es stellt sich die Frage, mit welcher Gestalt der Kirche die Kirche optimal ihren Beitrag zum Schicksal der Welt und hier wieder der verwundeten Natur und der vielen Armen leisten kann."

 

Offene Fragen: Wie kommt Kirche zu einer Entscheidung?

 

Zu den "großen offenen Fragen" zählt Zulehner etwa, wie die weltkirchliche verbindliche Entscheidungsfindung in einer Synode vonstatten zu gehen hat. Bis jetzt sei es der Papst allein, der - nach Beratungen und Gebet - die Synodenergebnisse in einem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben veröffentlicht. "Die Frage bleibt aber offen, ob diese Konstruktion des Entscheidens die einzig mögliche ist". Beispiele für stärker demokratisch strukturierte Prozesse böten etwa die Wahlvorgänge in Orden oder die Papstwahl.

Tatsächlich würden sich viele Kirchenmitglieder eine solche Implementierung "demokratischer Spielregeln" wünschen, zitierte Zulehner aus einer laufenden interkontinentalen Synodenumfrage, an der sich bislang rund 20.000 Menschen beteiligt haben. "Für viele in der Umfrage klafft die Partizipationskultur in der Kirche und in der Berufswelt/der Gesellschaft krass auseinander; und dies vielfach ohne theologische Notwendigkeit", so Zulehner. Die Erwartungen an den nun angekündigten Weg seien groß. Vieles hänge davon ab, ob es gelinge, Beschlussfassungsformen zu finden, die nicht folgenlos bleiben, sondern eine möglichst breite Partizipation erlauben.

 

Söding: Bischöfe müssen über ihren Schatten springen

 

Der Bochumer Theologe Thomas Söding fordert einen veränderten Leitungsstil in der katholischen Kirche. "Ein Schlüssel für die Zukunft der Kirche ist es, das Prinzip Synodalität auf Dauer zu stellen", schreibt Söding in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de am Samstag. Der Reformprozess Synodaler Weg habe "die Chance, hier einen starken Impuls zu setzen. Er muss sie nutzen."

Dies gelte insbesondere angesichts des vom Vatikan angekündigten weltweiten Beratungsprozesses zu Gemeinschaft und Teilhabe in der katholischen Kirche. "Tatsächlich muss es spannend werden, weil es gilt, katholische Synoden neu mit Leben, mit Geist und mit Macht zu versehen", schreibt Söding. Die Bischöfe trügen in ihren Diözesen die Verantwortung dafür, eine breite Basis zu Wort kommen zu lassen - und mit nach Rom zu nehmen, "was der Geist den Gemeinden sagt".

 

Zu starke Konzentration auf Bischöfe

 

Insofern seien die Bischöfe "am Zug: Sie müssen über ihren Schatten springen. In den Diözesen müssen sie ihre Räte mitberaten und entscheiden lassen." Derzeit konzentrierten sich Reformprozesse zu stark auf die Bischöfe, kritisierte der Theologe: "Nach heutigem Kirchenrecht sind Synoden Bischofsversammlungen. Nur ausnahmsweise können auch andere Gläubige herangezogen werden, aber selbst Priester, Diakone und Ordensleute nur mit beratender, nicht mit entscheidender Stimme." Es sei an der Zeit, die Verantwortung auf mehr Schultern zu verteilen.

 

Bibel: Immer brauche es die versammelten Gläubigen

 

Söding verwies auf die Kirchengeschichte, in der es immer wieder Synoden gegeben habe, bei denen "keineswegs nur 'Kleriker', sondern auch 'Laien' in Beratungs- und Entscheidungsprozessen" mitgewirkt hätten. Dies werde bereits in der Bibel beschrieben: "Immer braucht es die versammelten Gläubigen, die ganz Ohr sein wollen, um dann den Mund aufzumachen und die Ärmel hochzukrempeln. Immer wird gemeinsam beraten. Immer wird auch gemeinsam entschieden."

Am Freitag hatte der Vatikan den weltweiten Beratungsprozess zu Gemeinschaft und Teilhabe in der katholischen Kirche angekündigt. Die zweijährigen Konsultationen auf diözesaner und kontinentaler Ebene sollen in eine Bischofssynode münden, die im Oktober 2023 in Rom stattfindet. Das Thema lautet: "Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Partizipation und Mission".

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