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In seinem Fastenhirtenwort spricht der Münsteraner Bischof Felix Genn von einer Zeit der Erneuerung für die Kirche. Er spricht von der Vertrauenskrise der Kirche und über den Ukraine-Krieg. Außerdem lädt Genn ein, eigene Vorsätze zu verwirklichen.
„Es ist eine Zeit der Erneuerung für unsere Kirche. Sie muss es sein. Erneuerung fängt aber bei Christus an.“ Mit diesen Worten hat sich der Bischof von Münster, Felix Genn, in seinem jetzt veröffentlichten Hirtenwort zur Fastenzeit an die Gläubigen im Bistum gewandt.
In dem Hirtenwort nennt der Bischof Vorsätze für die Fastenzeit und lädt ein, in den kommenden 40 Tagen des Zugehens auf Ostern aus diesen Vorsätzen zu leben. Das Bischofswort ist am Samstag und Sonntag, 25./26. Februar in den Gottesdiensten im Bistum verlesen worden; einige Pfarreien nutzen die vom Bistum gebotene Möglichkeit, es als Videobotschaft in die Gottesdienste zu übertragen, wie die Bischöfliche Pressestelle berichtet.
Von der Ukraine und der Vertrauenskrise
Bevor Bischof Genn auf die Vorsätze eingeht, richtet er den Blick auf die Situation in der Ukraine. Dieser Krieg, der mit der „irrsinnigen Begründung, es handele sich um eine Verteidigung gegenüber Aggressionen“, begonnen habe, bedeute in der Tat eine „Zeitenwende“. Die Folgen seien bis heute spürbar: „Illusionen wurden vernichtet, der Gedanke an eine gute, vertrauensvolle, friedliche Zusammenarbeit und der gute Wille dazu haben nicht die Kraft, dem Bösen, das sich in einem solchen Krieg zeigt, zu widerstehen“, sagte der Bischof. Welche Konsequenzen der Krieg letztlich haben werde, sei noch nicht vorauszusagen.
Das Hirtenwort steht im Wortlaut und als Videobotschaft auf www.bistum-muenster.de
Mit Blick auf die Kirche unterstreicht Bischof Genn, deren Krise habe zu großem Misstrauen inner- und außerhalb der Kirche geführt. Zugleich warnt er die Kirche davor, nur um sich selbst zu kreisen. Bischof Genn: „Auch die notwendigen Strukturreformen, die in unserem Bistum vorgesehen sind und in den kommenden Monaten in eine Entscheidungsphase geführt werden, dürfen uns nicht daran hindern, über all das hinaus unser Leben als getaufte und gefirmte Christinnen und Christen nach dem Evangelium zu gestalten und durch dieses Zeugnis andere mit dem Evangelium und dem Leben Jesu Christi in Berührung zu bringen.“
Wichtig sei bei allen drängenden Fragen vor allem, „die persönliche Nachfolge, das Leben mit Christus zu gestalten, die Liebe und Vergebung zu leben, großherzig zu sein, die Weite des Herzens zu wahren, in Gottes Nähe zu bleiben.“
Konkrete Umkehr in der Fastenzeit
Jeder einzelne könne sich in der Fastenzeit für konkrete Schritte der Umkehr, der Vergebung und der Liebe entscheiden und sie tun. Beispielhaft nennt der Bischof eigene Vorsätze. So brauche religiöses Leben immer wieder eine Einübung. Deren Ziel sei, „Christus und das Geheimnis seiner Person besser zu verstehen, ihn also mehr und mehr kennenzulernen“. Hierdurch könne man eine Kraft erhalten, „die die Welt verbessern kann“.
Konkret schlägt der Bischof vor, sich bewusster von den Sonntagslesungen anregen zu lassen. Man könne sich fragen, welches Wort aus den jeweiligen Lesungen für die jeweils kommende Woche eine Anregung sein kann, um Jesus Christus besser zu verstehen. Weiter lädt er ein, näher hinzuschauen, „wo ich mich von dem entferne, was ich im Innersten als richtig erkannt habe“.
Es bedarf gewisser Anstrengung
Jeder kenne Versuchungen, etwa die, sich von sich selbst zu entfremden, um vor anderen gut dazustehen, oder auch die, sich selbst zu belügen. Bisweilen könne es eine harte Übung sein, zu sich selbst zurückzufinden und dabei die Bereitschaft zu entdecken, die eigenen Grenzen zu bejahen und anzuerkennen. „Ist jemand an diesen Punkt gelangt, wird er auch fähiger, zu erkennen, dass es jemanden gibt, der größer ist als mein eigenes Ich“, betont Bischof Genn.
Übungen wie die der Fastenzeit könnten effektiv sein und zu einer Vertiefung des eigenen Mensch- und Christseins beitragen. Bischof Genn: „Das ist eine interessante Erfahrung, dass Religionen, wenn sie kraftvoll geblieben sind, genau wussten, dass es immer einer gewissen Anstrengung bedarf, um die Wirkungen zu erzielen, um die es in der Tiefe beim religiösen Leben geht: um mehr Glauben und Vertrauen, um die Kraft der Hoffnung und vor allem eine echte selbstlose Liebe.“