BUNDESTAG

Union scheitert mit Migrationsgesetz – so reagieren die Kirchen

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Keine Mehrheit für eine schärfere Migrationspolitik – auch nicht mit der AfD. So reagieren ZdK, Diakonie und der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck.

Von jjo, KNA

Der Bundestag hat ein Gesetz der Union zur Verschärfung der Migrationspolitik durchfallen lassen. Zuvor war befürchtet worden, dass erstmals ein Gesetzentwurf nur mit Hilfe der in Teilen rechtsextremen AfD beschlossen würde. Nun stimmten 349 Abgeordnete gegen das Gesetz, 338 dafür, teilt der Bundestag nach Auszählung der namentlichen Abstimmung mit.

Zwölf Mitglieder der Unionsfraktion gaben ihre Stimme nicht ab. Dazu gehörten Monika Grütters, Helge Braun, Annette Widmann-Mauz und Elisabeth Winkelmeier-Becker (alle CDU). Von der FDP gaben 16 Abgeordnete ihre Stimmen nicht ab, es gab in dieser Fraktion zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen.

Zustimmung schien zunächst möglich

CDU, CSU, FDP, BSW und AfD zusammen hätten eine Mehrheit gehabt, sie schien vor der Bundestagsdebatte möglich. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) sagte nach der Abstimmung, er sei mit sich selbst sehr im Reinen, dass „wir es wenigstens versucht haben“, das Gesetz einzubringen. Das schulde man den Familien der Opfer, sagte er mit Blick auf Gewalttaten, die von Menschen mit Migrationsgeschichte verübt worden waren.

ZdK: Sieg der Anständigen

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) bewertet das Ergebnis als „Sieg der Anständigen“. Für das ZdK stehe fest, dass die Würde für jeden Geflüchteten oder einen Asylsuchenden genauso gelte wie für Abgeordnete, sagte ZdK Generalsekretär Marc Frings der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Die Debatte habe deutlich gemacht, dass sich die Mitglieder des Bundestags ihrer Verantwortung sehr bewusst gewesen seien. Es sei nicht nur um die komplexe Migrationspolitik gegangen, sondern auch darum, weiteren Schaden für die Demokratie selbst zu verhindern.

Diakonie: Signal gegen Dammbruch

Der evangelische Sozialverband Diakonie sprach von einem „Sieg der Vernunft und einem klaren Signal gegen einen Dammbruch“. Es sei nicht akzeptabel, die Unterstützung von Parteien einzukalkulieren, die die demokratische Grundordnung und eine rechtsstaatlich basierte Migrationspolitik ablehnten.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, kritisierte das Verhalten der demokratischen Parteien. „Der Verlust des Willens zum Konsens der politischen und parlamentarischen Mitte in diesem Land beunruhigt mich zutiefst.“

Bischof Overbeck kritisiert Taktik der Union

Am Mittwoch hatte ein Antrag der Unionsfraktion zur Migration nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit erhalten. Zu einer politischen Umsetzung der enthaltenen Vorhaben kommt es gleichwohl bis mindestens zur Bundestagswahl nicht.

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck kritisiert derweil das Vorgehen der Unionsfraktion. Er persönlich sei der Meinung, dass „dieser politische Akt schrecklich“ gewesen sei. Die CDU hätte sich nicht von dem Grundsatz verabschieden dürfen, keine Mehrheiten mit der AfD zu suchen, sagte er bei einer Veranstaltung in Köln laut Bericht des „Kölner Stadtanzeigers“.

Essener Bischof: Im Wahlkampf „Klappe halten“

Zugleich wird der Bischof zitiert, die Kirchen müssten aufpassen, „nicht zum Kommentator aller Ereignisse zu werden“. Die 27 katholischen Bischöfe seien einig gewesen, das Vorgehen von Friedrich Merz nicht zu kommentieren. „Ich halte es für klug, aus politischen Gründen sechs Wochen vor der Wahl die Klappe zu halten, selbst wenn solche Dinge geschehen.“

Ein am Mittwoch veröffentlichtes Schreiben der Verbindungsbüros der evangelischen und katholischen Kirche in Berlin hatte innerhalb der katholischen Kirche für Irritationen gesorgt. Das Papier kritisiert die migrationspolitischen Anträge der Unionsfraktion und die von Merz in Kauf genommene gemeinsame Abstimmung mit der AfD.

Umstrittenes Kirchen-Papier

Die Generalsekretärin der Bischofskonferenz, Beate Gilles, erklärte daraufhin, das Vorgehen sei „in dieser Schrittfolge“ nicht mit der Bischofskonferenz abgestimmt worden. Bei den Bischöfen gab es unterschiedliche Positionen: Beispielsweise Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer distanzierte sich von dem Papier, zustimmend äußerte sich der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann.

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