Anzeige
In spätestens fünf Jahren schließt die Pfarrei in Oer-Erkenschwick ihre Kirche St. Josef. Eine zweite Kirche wird in zehn Jahren aufgegeben. Eine Kindertageseinrichtung muss bereits in Kürze schließen.
Die Pfarrei St. Josef in Oer-Erkenschwick im Kreis Recklinghausen wird sich in den nächsten Jahren von zwei ihrer insgesamt vier Kirchen trennen. Sicher ist bereits die Schließung der Kirche St. Josef in spätestens fünf Jahren.
„Wir müssen die Vorgaben der Bistumsleitung erst noch verdauen“, fasst der leitende Pfarrer Reinhard Vehring die Stimmungslage in den kirchlichen Gremien und der Pfarrei zusammen. Die Vorgabe sieht darüber hinaus die Schließung oder Umnutzung einer weiteren Kirche in spätestens zehn Jahren vor.
Zahl der Katholiken nimmt ab
Grund der Kirchenschließungen sind die immer weniger werdenden Gottesdienstbesucher, die Entwicklung der Bistumsfinanzen und die geringer werdenden Schlüsselzuweisungen an die Pfarrei. Rund 10.000 Gemeindemitglieder zählt diese – mit abnehmender Tendenz. Allein im 2022 traten 150 Katholiken in Oer-Erkenschwick aus der Kirche aus.
„Für die Entscheidung des Bistums, die Kirche St. Josef aufzugeben, gab vor allem der hohe aktuelle und auch künftig zu erwartende Investitionsbedarf in das Kirchengebäude den Ausschlag“, erklärt Vehring die Schließung. Bereits in der Vergangenheit seien die Auflagen des Architekten Schürmann und seiner Erben eine hohe finanzielle Hypothek für die Pfarrei gewesen.
St. Josef wird Baudenkmal
Das nach Plänen von Joachim Schürmann entstandene, 1972 geweihte Gotteshaus wurde 2021 in die Liste der Baudenkmale eingetragen. In der Pfarrchronik heißt es über den aus Stahl, Glas und Beton bestehenden Kirchenbau: „In seiner konsequenten Sachlichkeit ist es ein bis heute umstrittenes, nicht nur in Fachkreisen hoch gelobtes, aber auch irritierendes Gebäude.“
Die dominierende durchsichtige Verglasung sollte ausdrücken, dass die Welt in die Kirche hineinblicken und die Kirche ebenso in die Welt hinausschauen solle, sagt Vehring über die seinerzeit innovative Architektur. Heute bereite das Flachdach wegen seiner Durchlässigkeit Sorgen. Die alte Ölheizung sei überholt. „Wir wollten vor Jahren eine Fotovoltaik-Anlage einbauen. Das wurde uns aber nicht genehmigt“, sagt Vehring.
Welche zweite Kirche trifft es?
Bei der Schließung des zweiten Kirchengebäudes stehen die Kirchen St. Peter und Paul, Christus König und St. Marien zur Auswahl. „Wir haben die Qual der Wahl. Die Bistumsleitung lässt uns die freie Wahl. Da St. Marien erst vor wenigen Jahren aufwändig renoviert worden ist, läuft es auf eine Entscheidung zwischen St. Peter und Paul und Christus König hinaus“, sagt Vehring.
Die Kirche St. Peter und Paul in Oer wurde erstmals 1278 als Pfarrkirche erwähnt. Das Gebäude wurde mehrfach umgebaut. 1933 kam es zu einer neuen Errichtung.
Erste deutschsprachige Gottesdienste im Bistum Münster
Die Kirche Christus König wurde 1929 nach Plänen des Gelsenkirchener Architekten Josef Franke errichtet. Es ist ein expressionistischer rechteckiger Kirchenbau mit verputzten Außenwänden. Besonders charakteristisch ist der mächtige Kirchturm.
Die 1963 geweihte Kirche St. Marien im Stadtteil Rapen war etwas Besonderes. Bereits vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurden dort die ersten deutschsprachigen Gottesdienste im Bistum Münster gefeiert. 2019 investierte das Bistum noch 1,8 Millionen Euro in eine umfassende Renovierung.
Gemeindeleben in jedem Stadtteil
Wie Vehring sagt, hat die Pfarrei nun fünf Jahre Zeit, ein Gesamtkonzept für die Nutzung und Unterhaltung ihrer Immobilien aufzustellen und einen Vorschlag für die Schließung einer weiteren Kirche zu erarbeiten. Die Pfarrei wird parallel ein Pastoralkonzept entwickeln.
Nach Rücksprache mit dem Kirchenvorstand und Pfarreirat sei allen Beteiligten klar, dass auch in Zukunft in allen Gemeindeteilen Gemeindeleben möglich sein soll. „Wir möchten in jedem Stadtteil einen Gebetsraum haben“, sagt Vehring.
Bedauern über Kita-Schließung
Sehr ärgerlich findet der leitende Pfarrer die Entscheidung, die Kindertageseinrichtung St. Josef zu schließen. „Wir müssen die Kita aufgeben, weil wir kein Geld für eine Renovierung haben. Für einen Neubau fehlt uns der Investor.“
Die Schließung bringe die Stadt in Zugzwang, weil in der ganzen Stadt Kindergartenplätze fehlten. Der Kita-Betrieb mit seinen 40 Plätzen in zwei Gruppen laufe nach und nach aus. „Ob in der St.-Josef-Kirche eine Kita entstehen kann, ist fraglich. Zunächst müssen wir klären, inwieweit diese Kirche überhaupt umgebaut werden kann und darf“, sagt Vehring.