Patrick Zindorf studiert in Witten moderne Musik für Gottesdienste

Evangelische Popakademie bringt neue Klänge in die Kirchen

In Witten studieren junge Menschen an der Evangelischen Popakademie mit dem Ziel, neue Musikformen in der Kirche zu etablieren. Patrick Zindorf ist der einzige Katholik unter den Studierenden.

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Von irgendwoher kommt Gesang. Hinter einer Doppeltür ist Klaviermusik zu hören. Und im großen Saal laufen die Proben für ein Musical. Auch Patrick Zindorf wird gleich seine Arbeit wieder aufnehmen. Nach der Mittagspause steht eine Bandprobe an. Ein Mitstudent wird am Ende des Semesters geprüft. Er wird ein Neues Geistliches Lied neu interpretieren. Für das Vorspiel hat er Zindorf als Bassisten engagiert.

Das ist Alltag in der Evangelischen Popakademie in Witten. „Ziemlich eng getaktet“, sagt der 22-Jährige zu seinem Stundenplan. „Manchmal geht das von acht Uhr morgens bis 20 Uhr abends so.“ Instrumenten-Übungen, Liturgik, theologische Kurse, Liedkunde, Psychologie, Chorleitung…

 

Voller Stundenplan

 

Die acht Semester bis zum Bachelor-Abschluss sind pickepacke voll. Am Ende wird Zindorf in der Lage sein, mehrere Instrumente zu spielen, Musikgruppen und Chöre zu leiten, Gottesdienste zu begleiten, selbst zu komponieren, andere Musiker fortzubilden sowie Konzerte und Musicals zu konzipieren. Alles im Raum der Kirche, versteht sich. „Mit Pop, Rock und Jazz“, fasst er zusammen. „Popularmusik eben.“

Weitere Beiträge zur Zukunft der Kirchenmusik in der Wochenzeitung Kirche+Leben vom 3. Februar. Hier können Sie sie bestellen, auch als E-Paper.

Also weg vom Gotteslob? Weg von traditionellen Gottesdienstklängen? Weg vom Bewährten? Zindorf wägt sichtbar ab, bevor er antwortet: „So würde ich das nicht sagen – eher eine Ergänzung, ein wichtiges Zusatzan­gebot zu dem Bestehenden.“ Er wird auch in der Lage sein, die Gemeinde bei klassischen Liedern zu begleiten. „Ich möchte ihr aber auch zeigen, was sonst noch geht.“ Neulich hat er eine Reggae-Version von „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ gespielt.

 

Er sucht den neuen Klang

 

Ihm ist wichtig, dass alles Platz hat in der Kirche. Er aber studiert, um Neues anbieten zu können. „Weiterentwickeln“ ist ein Wort, das er häufig nutzt. „Ins Wasser fällt ein Stein – das war seinerzeit auch ungewohnt in der Kirche“, sagt er. „Wenn ich es heute spielen würde, würde ich schauen, wie ich es weiterentwickeln könnte, um wieder einen neuen Klang zu schaffen.“

Zindorf hat keinen Zweifel, dass dieses Neue wichtig ist. Musik spiele heute wie in allen Epochen eine wichtige Rolle, um die Menschen emotional zu erreichen. Die Diskussion, was in der Kirche dafür erlaubt sei, sei alt. „Die Idee, Menschen mit der Musik in ihrer aktuellen Lebenswelt zu berühren, musste dafür immer Hürden nehmen.“ Teilt er die Zuhörer dafür in eine alte Gotteslob-Gemeinde und ein Laser-Gottesdienst-Publikum? „Überhaupt nicht!“ Dieses Mal kommt seine Antwort sofort.

 

Die Qualität entscheidet

 

„Musikgeschmack ist keine Frage des Alters.“ Er selbst steht auf klassische Weihnachtslieder. „Und warum sollten 80-Jährige nicht auch rockige und poppige Klänge in der Kirche genießen? Als sie 20 Jahre alt waren, haben auch sie die Beatles gehört.“
Entscheidend ist die Qualität, sagt er. „Ohne die Arbeit der vielen Jugendbands abwerten zu wollen – aber allein mit dem Ehrenamt erreicht man kein Niveau, das mit der professionellen klassischen Kirchenmusik mithalten kann.“ Mit seinem Studium gelangt er auf ein höheres Level, mit dem er populäre Musik mit einem ganz anderen Wert einbringen kann. „Ich werde auch andere dabei unterstützen können, besser zu werden.“

 

Allein unter Protestanten

 

Der Aufwand dafür ist groß, auch für Zindorf. Denn er kommt eigentlich aus der klassischen Ecke. Als Kind lernte er Klavier, mit zwölf Jahren saß er an der Orgel in der heimischen St.-Sebastian-Kirche in Buchholz bei Koblenz. Ein Jahr später begleitete er seinen ersten Gottesdienst. „Die Taufe von meinem Cousin.“ Mit Rock, Pop oder Jazz in der Kirche hatte er kaum etwas zu tun, bis er nach seinem Abitur auf das Angebot der Popakademie aufmerksam wurde. Er bewarb sich, spielte und sprach vor und wurde unter 30 Bewerbern ausgewählt. Jetzt ist er der einzige Katholik unter 20 evangelischen Mitstudierenden.

„Dass mein Weg etwas mit Musik zu tun haben würde, war mir klar“, sagt er. Aber es gab andere Angebote, etwa im technischen Bereich oder in der Produktion. Ist er nach Witten gegangen, weil er besonders gläubig ist? „Das hier ist kein Ort für christliche Hardliner“, sagt er. „Sondern ein Ort der Musik.“

 

Musik und Theologie

 

Dass er jeden Morgen Räume betritt, die vor zwei Jahren von der evangelischen Kirche mit einem religiösen Hintergrund eröffnet wurden, weiß er. „In der Atmosphäre und in den Inhalten spiegelt sich das natürlich wieder“, sagt Zindorf. „Aber hier wird nicht über jedes Lied Theologie gegossen.“

Bei der Bandprobe geben er und die drei anderen Musiker ein Beispiel, wie die Verbindung von Glaube und Musik hier interpretiert wird. Er klinkt seinen Elektro-Bass in den Verstärker und nimmt den Samba-Takt auf, mit dem sein Kommilitone das Neue Geistliche Lied „Du bist heilig“ interpretiert. Schlagzeug, Gitarre und Keyboard setzen ein. „Ohne Leidenschaft für die Musik würde das hier nicht funktionieren“, hat er vorher noch gesagt. „Dazu gehört aber auch Begeisterung für die Menschen und ihren Glauben.“

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Patrick Zindorf studiert in Witten moderne Musik für Gottesdienste

Evangelische Popakademie bringt neue Klänge in die Kirchen

In Witten studieren junge Menschen an der Evangelischen Popakademie mit dem Ziel, neue Musikformen in der Kirche zu etablieren. Patrick Zindorf ist der einzige Katholik unter den Studierenden.

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Von irgendwoher kommt Gesang. Hinter einer Doppeltür ist Klaviermusik zu hören. Und im großen Saal laufen die Proben für ein Musical. Auch Patrick Zindorf wird gleich seine Arbeit wieder aufnehmen. Nach der Mittagspause steht eine Bandprobe an. Ein Mitstudent wird am Ende des Semesters geprüft. Er wird ein Neues Geistliches Lied neu interpretieren. Für das Vorspiel hat er Zindorf als Bassisten engagiert.

Das ist Alltag in der Evangelischen Popakademie in Witten. „Ziemlich eng getaktet“, sagt der 22-Jährige zu seinem Stundenplan. „Manchmal geht das von acht Uhr morgens bis 20 Uhr abends so.“ Instrumenten-Übungen, Liturgik, theologische Kurse, Liedkunde, Psychologie, Chorleitung…

 

Voller Stundenplan

 

Die acht Semester bis zum Bachelor-Abschluss sind pickepacke voll. Am Ende wird Zindorf in der Lage sein, mehrere Instrumente zu spielen, Musikgruppen und Chöre zu leiten, Gottesdienste zu begleiten, selbst zu komponieren, andere Musiker fortzubilden sowie Konzerte und Musicals zu konzipieren. Alles im Raum der Kirche, versteht sich. „Mit Pop, Rock und Jazz“, fasst er zusammen. „Popularmusik eben.“

Weitere Beiträge zur Zukunft der Kirchenmusik in der Wochenzeitung Kirche+Leben vom 3. Februar. Hier können Sie sie bestellen, auch als E-Paper.

Also weg vom Gotteslob? Weg von traditionellen Gottesdienstklängen? Weg vom Bewährten? Zindorf wägt sichtbar ab, bevor er antwortet: „So würde ich das nicht sagen – eher eine Ergänzung, ein wichtiges Zusatzan­gebot zu dem Bestehenden.“ Er wird auch in der Lage sein, die Gemeinde bei klassischen Liedern zu begleiten. „Ich möchte ihr aber auch zeigen, was sonst noch geht.“ Neulich hat er eine Reggae-Version von „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ gespielt.

 

Er sucht den neuen Klang

 

Ihm ist wichtig, dass alles Platz hat in der Kirche. Er aber studiert, um Neues anbieten zu können. „Weiterentwickeln“ ist ein Wort, das er häufig nutzt. „Ins Wasser fällt ein Stein – das war seinerzeit auch ungewohnt in der Kirche“, sagt er. „Wenn ich es heute spielen würde, würde ich schauen, wie ich es weiterentwickeln könnte, um wieder einen neuen Klang zu schaffen.“

Zindorf hat keinen Zweifel, dass dieses Neue wichtig ist. Musik spiele heute wie in allen Epochen eine wichtige Rolle, um die Menschen emotional zu erreichen. Die Diskussion, was in der Kirche dafür erlaubt sei, sei alt. „Die Idee, Menschen mit der Musik in ihrer aktuellen Lebenswelt zu berühren, musste dafür immer Hürden nehmen.“ Teilt er die Zuhörer dafür in eine alte Gotteslob-Gemeinde und ein Laser-Gottesdienst-Publikum? „Überhaupt nicht!“ Dieses Mal kommt seine Antwort sofort.

 

Die Qualität entscheidet

 

„Musikgeschmack ist keine Frage des Alters.“ Er selbst steht auf klassische Weihnachtslieder. „Und warum sollten 80-Jährige nicht auch rockige und poppige Klänge in der Kirche genießen? Als sie 20 Jahre alt waren, haben auch sie die Beatles gehört.“
Entscheidend ist die Qualität, sagt er. „Ohne die Arbeit der vielen Jugendbands abwerten zu wollen – aber allein mit dem Ehrenamt erreicht man kein Niveau, das mit der professionellen klassischen Kirchenmusik mithalten kann.“ Mit seinem Studium gelangt er auf ein höheres Level, mit dem er populäre Musik mit einem ganz anderen Wert einbringen kann. „Ich werde auch andere dabei unterstützen können, besser zu werden.“

 

Allein unter Protestanten

 

Der Aufwand dafür ist groß, auch für Zindorf. Denn er kommt eigentlich aus der klassischen Ecke. Als Kind lernte er Klavier, mit zwölf Jahren saß er an der Orgel in der heimischen St.-Sebastian-Kirche in Buchholz bei Koblenz. Ein Jahr später begleitete er seinen ersten Gottesdienst. „Die Taufe von meinem Cousin.“ Mit Rock, Pop oder Jazz in der Kirche hatte er kaum etwas zu tun, bis er nach seinem Abitur auf das Angebot der Popakademie aufmerksam wurde. Er bewarb sich, spielte und sprach vor und wurde unter 30 Bewerbern ausgewählt. Jetzt ist er der einzige Katholik unter 20 evangelischen Mitstudierenden.

„Dass mein Weg etwas mit Musik zu tun haben würde, war mir klar“, sagt er. Aber es gab andere Angebote, etwa im technischen Bereich oder in der Produktion. Ist er nach Witten gegangen, weil er besonders gläubig ist? „Das hier ist kein Ort für christliche Hardliner“, sagt er. „Sondern ein Ort der Musik.“

 

Musik und Theologie

 

Dass er jeden Morgen Räume betritt, die vor zwei Jahren von der evangelischen Kirche mit einem religiösen Hintergrund eröffnet wurden, weiß er. „In der Atmosphäre und in den Inhalten spiegelt sich das natürlich wieder“, sagt Zindorf. „Aber hier wird nicht über jedes Lied Theologie gegossen.“

Bei der Bandprobe geben er und die drei anderen Musiker ein Beispiel, wie die Verbindung von Glaube und Musik hier interpretiert wird. Er klinkt seinen Elektro-Bass in den Verstärker und nimmt den Samba-Takt auf, mit dem sein Kommilitone das Neue Geistliche Lied „Du bist heilig“ interpretiert. Schlagzeug, Gitarre und Keyboard setzen ein. „Ohne Leidenschaft für die Musik würde das hier nicht funktionieren“, hat er vorher noch gesagt. „Dazu gehört aber auch Begeisterung für die Menschen und ihren Glauben.“

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Evangelische Popakademie bringt neue Klänge in die Kirchen

In Witten studieren junge Menschen an der Evangelischen Popakademie mit dem Ziel, neue Musikformen in der Kirche zu etablieren. Patrick Zindorf ist der einzige Katholik unter den Studierenden.

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Das ist Alltag in der Evangelischen Popakademie in Witten. „Ziemlich eng getaktet“, sagt der 22-Jährige zu seinem Stundenplan. „Manchmal geht das von acht Uhr morgens bis 20 Uhr abends so.“ Instrumenten-Übungen, Liturgik, theologische Kurse, Liedkunde, Psychologie, Chorleitung…

 

Voller Stundenplan

 

Die acht Semester bis zum Bachelor-Abschluss sind pickepacke voll. Am Ende wird Zindorf in der Lage sein, mehrere Instrumente zu spielen, Musikgruppen und Chöre zu leiten, Gottesdienste zu begleiten, selbst zu komponieren, andere Musiker fortzubilden sowie Konzerte und Musicals zu konzipieren. Alles im Raum der Kirche, versteht sich. „Mit Pop, Rock und Jazz“, fasst er zusammen. „Popularmusik eben.“

Weitere Beiträge zur Zukunft der Kirchenmusik in der Wochenzeitung Kirche+Leben vom 3. Februar. Hier können Sie sie bestellen, auch als E-Paper.

Also weg vom Gotteslob? Weg von traditionellen Gottesdienstklängen? Weg vom Bewährten? Zindorf wägt sichtbar ab, bevor er antwortet: „So würde ich das nicht sagen – eher eine Ergänzung, ein wichtiges Zusatzan­gebot zu dem Bestehenden.“ Er wird auch in der Lage sein, die Gemeinde bei klassischen Liedern zu begleiten. „Ich möchte ihr aber auch zeigen, was sonst noch geht.“ Neulich hat er eine Reggae-Version von „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ gespielt.

 

Er sucht den neuen Klang

 

Ihm ist wichtig, dass alles Platz hat in der Kirche. Er aber studiert, um Neues anbieten zu können. „Weiterentwickeln“ ist ein Wort, das er häufig nutzt. „Ins Wasser fällt ein Stein – das war seinerzeit auch ungewohnt in der Kirche“, sagt er. „Wenn ich es heute spielen würde, würde ich schauen, wie ich es weiterentwickeln könnte, um wieder einen neuen Klang zu schaffen.“

Zindorf hat keinen Zweifel, dass dieses Neue wichtig ist. Musik spiele heute wie in allen Epochen eine wichtige Rolle, um die Menschen emotional zu erreichen. Die Diskussion, was in der Kirche dafür erlaubt sei, sei alt. „Die Idee, Menschen mit der Musik in ihrer aktuellen Lebenswelt zu berühren, musste dafür immer Hürden nehmen.“ Teilt er die Zuhörer dafür in eine alte Gotteslob-Gemeinde und ein Laser-Gottesdienst-Publikum? „Überhaupt nicht!“ Dieses Mal kommt seine Antwort sofort.

 

Die Qualität entscheidet

 

„Musikgeschmack ist keine Frage des Alters.“ Er selbst steht auf klassische Weihnachtslieder. „Und warum sollten 80-Jährige nicht auch rockige und poppige Klänge in der Kirche genießen? Als sie 20 Jahre alt waren, haben auch sie die Beatles gehört.“
Entscheidend ist die Qualität, sagt er. „Ohne die Arbeit der vielen Jugendbands abwerten zu wollen – aber allein mit dem Ehrenamt erreicht man kein Niveau, das mit der professionellen klassischen Kirchenmusik mithalten kann.“ Mit seinem Studium gelangt er auf ein höheres Level, mit dem er populäre Musik mit einem ganz anderen Wert einbringen kann. „Ich werde auch andere dabei unterstützen können, besser zu werden.“

 

Allein unter Protestanten

 

Der Aufwand dafür ist groß, auch für Zindorf. Denn er kommt eigentlich aus der klassischen Ecke. Als Kind lernte er Klavier, mit zwölf Jahren saß er an der Orgel in der heimischen St.-Sebastian-Kirche in Buchholz bei Koblenz. Ein Jahr später begleitete er seinen ersten Gottesdienst. „Die Taufe von meinem Cousin.“ Mit Rock, Pop oder Jazz in der Kirche hatte er kaum etwas zu tun, bis er nach seinem Abitur auf das Angebot der Popakademie aufmerksam wurde. Er bewarb sich, spielte und sprach vor und wurde unter 30 Bewerbern ausgewählt. Jetzt ist er der einzige Katholik unter 20 evangelischen Mitstudierenden.

„Dass mein Weg etwas mit Musik zu tun haben würde, war mir klar“, sagt er. Aber es gab andere Angebote, etwa im technischen Bereich oder in der Produktion. Ist er nach Witten gegangen, weil er besonders gläubig ist? „Das hier ist kein Ort für christliche Hardliner“, sagt er. „Sondern ein Ort der Musik.“

 

Musik und Theologie

 

Dass er jeden Morgen Räume betritt, die vor zwei Jahren von der evangelischen Kirche mit einem religiösen Hintergrund eröffnet wurden, weiß er. „In der Atmosphäre und in den Inhalten spiegelt sich das natürlich wieder“, sagt Zindorf. „Aber hier wird nicht über jedes Lied Theologie gegossen.“

Bei der Bandprobe geben er und die drei anderen Musiker ein Beispiel, wie die Verbindung von Glaube und Musik hier interpretiert wird. Er klinkt seinen Elektro-Bass in den Verstärker und nimmt den Samba-Takt auf, mit dem sein Kommilitone das Neue Geistliche Lied „Du bist heilig“ interpretiert. Schlagzeug, Gitarre und Keyboard setzen ein. „Ohne Leidenschaft für die Musik würde das hier nicht funktionieren“, hat er vorher noch gesagt. „Dazu gehört aber auch Begeisterung für die Menschen und ihren Glauben.“

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In Witten studieren junge Menschen an der Evangelischen Popakademie mit dem Ziel, neue Musikformen in der Kirche zu etablieren. Patrick Zindorf ist der einzige Katholik unter den Studierenden.

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Das ist Alltag in der Evangelischen Popakademie in Witten. „Ziemlich eng getaktet“, sagt der 22-Jährige zu seinem Stundenplan. „Manchmal geht das von acht Uhr morgens bis 20 Uhr abends so.“ Instrumenten-Übungen, Liturgik, theologische Kurse, Liedkunde, Psychologie, Chorleitung…

 

Voller Stundenplan

 

Die acht Semester bis zum Bachelor-Abschluss sind pickepacke voll. Am Ende wird Zindorf in der Lage sein, mehrere Instrumente zu spielen, Musikgruppen und Chöre zu leiten, Gottesdienste zu begleiten, selbst zu komponieren, andere Musiker fortzubilden sowie Konzerte und Musicals zu konzipieren. Alles im Raum der Kirche, versteht sich. „Mit Pop, Rock und Jazz“, fasst er zusammen. „Popularmusik eben.“

Weitere Beiträge zur Zukunft der Kirchenmusik in der Wochenzeitung Kirche+Leben vom 3. Februar. Hier können Sie sie bestellen, auch als E-Paper.

Also weg vom Gotteslob? Weg von traditionellen Gottesdienstklängen? Weg vom Bewährten? Zindorf wägt sichtbar ab, bevor er antwortet: „So würde ich das nicht sagen – eher eine Ergänzung, ein wichtiges Zusatzan­gebot zu dem Bestehenden.“ Er wird auch in der Lage sein, die Gemeinde bei klassischen Liedern zu begleiten. „Ich möchte ihr aber auch zeigen, was sonst noch geht.“ Neulich hat er eine Reggae-Version von „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ gespielt.

 

Er sucht den neuen Klang

 

Ihm ist wichtig, dass alles Platz hat in der Kirche. Er aber studiert, um Neues anbieten zu können. „Weiterentwickeln“ ist ein Wort, das er häufig nutzt. „Ins Wasser fällt ein Stein – das war seinerzeit auch ungewohnt in der Kirche“, sagt er. „Wenn ich es heute spielen würde, würde ich schauen, wie ich es weiterentwickeln könnte, um wieder einen neuen Klang zu schaffen.“

Zindorf hat keinen Zweifel, dass dieses Neue wichtig ist. Musik spiele heute wie in allen Epochen eine wichtige Rolle, um die Menschen emotional zu erreichen. Die Diskussion, was in der Kirche dafür erlaubt sei, sei alt. „Die Idee, Menschen mit der Musik in ihrer aktuellen Lebenswelt zu berühren, musste dafür immer Hürden nehmen.“ Teilt er die Zuhörer dafür in eine alte Gotteslob-Gemeinde und ein Laser-Gottesdienst-Publikum? „Überhaupt nicht!“ Dieses Mal kommt seine Antwort sofort.

 

Die Qualität entscheidet

 

„Musikgeschmack ist keine Frage des Alters.“ Er selbst steht auf klassische Weihnachtslieder. „Und warum sollten 80-Jährige nicht auch rockige und poppige Klänge in der Kirche genießen? Als sie 20 Jahre alt waren, haben auch sie die Beatles gehört.“
Entscheidend ist die Qualität, sagt er. „Ohne die Arbeit der vielen Jugendbands abwerten zu wollen – aber allein mit dem Ehrenamt erreicht man kein Niveau, das mit der professionellen klassischen Kirchenmusik mithalten kann.“ Mit seinem Studium gelangt er auf ein höheres Level, mit dem er populäre Musik mit einem ganz anderen Wert einbringen kann. „Ich werde auch andere dabei unterstützen können, besser zu werden.“

 

Allein unter Protestanten

 

Der Aufwand dafür ist groß, auch für Zindorf. Denn er kommt eigentlich aus der klassischen Ecke. Als Kind lernte er Klavier, mit zwölf Jahren saß er an der Orgel in der heimischen St.-Sebastian-Kirche in Buchholz bei Koblenz. Ein Jahr später begleitete er seinen ersten Gottesdienst. „Die Taufe von meinem Cousin.“ Mit Rock, Pop oder Jazz in der Kirche hatte er kaum etwas zu tun, bis er nach seinem Abitur auf das Angebot der Popakademie aufmerksam wurde. Er bewarb sich, spielte und sprach vor und wurde unter 30 Bewerbern ausgewählt. Jetzt ist er der einzige Katholik unter 20 evangelischen Mitstudierenden.

„Dass mein Weg etwas mit Musik zu tun haben würde, war mir klar“, sagt er. Aber es gab andere Angebote, etwa im technischen Bereich oder in der Produktion. Ist er nach Witten gegangen, weil er besonders gläubig ist? „Das hier ist kein Ort für christliche Hardliner“, sagt er. „Sondern ein Ort der Musik.“

 

Musik und Theologie

 

Dass er jeden Morgen Räume betritt, die vor zwei Jahren von der evangelischen Kirche mit einem religiösen Hintergrund eröffnet wurden, weiß er. „In der Atmosphäre und in den Inhalten spiegelt sich das natürlich wieder“, sagt Zindorf. „Aber hier wird nicht über jedes Lied Theologie gegossen.“

Bei der Bandprobe geben er und die drei anderen Musiker ein Beispiel, wie die Verbindung von Glaube und Musik hier interpretiert wird. Er klinkt seinen Elektro-Bass in den Verstärker und nimmt den Samba-Takt auf, mit dem sein Kommilitone das Neue Geistliche Lied „Du bist heilig“ interpretiert. Schlagzeug, Gitarre und Keyboard setzen ein. „Ohne Leidenschaft für die Musik würde das hier nicht funktionieren“, hat er vorher noch gesagt. „Dazu gehört aber auch Begeisterung für die Menschen und ihren Glauben.“

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