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Mit 613 Weisungen regelt das jüdische Gesetz das Glaubensleben. Jesus Christus selbst will die Gläubigen von dieser schieren Last befreien und fasst die Ge- und Verbote im Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe als handlungsleitend zusammen, erklärt Pater Daniel Hörnemann OSB und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.
Als man Jesus hereinlegen wollte, gab er eine Zusammenfassung all dessen, was für ihn das Wichtigste war: „Du sollst den Herrn, Deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen. Und Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst.“ Dieses Doppelgebot war keine Erfindung Jesu, die Weisung der Gottes- und Nächstenliebe findet sich bereits im Ersten Testament in Dtn 6,5 und Lev 19,18. Sie sind die Grundpfeiler der gesamten Heiligen Schrift. Jesus hat das Doppelgebot zur Einheit zusammengefasst durch sein Wort und seine Tat.
Wie viele Knochen hat jeder Mensch in seinem Leib? Es sind 248. Wie viele Tage hat das Jahr? Es sind 365. Genauso viele Verbote (248) und Gebote (365) zählt das jüdische Gesetz – eine erdrückende Menge von Bestimmungen, die das Glaubensleben im Grunde zu einer Sache der Gelehrten machen. Jesus hingegen führt das Ganze der 613 Weisungen auf das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe zurück. Er befreit die Menschen von einer drückenden Last, legt ihnen ein sanftes, tragbares Joch auf. Er macht deutlich, dass die Erfüllung des Gotteswillens keine totale Überforderung des Menschen ist, auch keine reine Sache der Theologen.
Gottes Gebote als Orientierungshilfen
Die Lesungen vom 30. Sonntag im Jahreskreis (Lesejahr A) zum Hören finden Sie hier.
In Jesu Worten liegt eine wunderbare Freiheit, trotz aller Bindung an die Tora behält er die Menschen im Auge, vor allem die Kleinen und Schwachen. Wenn er den Randexistenzen neue Beachtung und Würde zurückgab, ihnen einen liebenden, nicht ausgrenzenden Gott verkündete, dann wollte er damit eine tiefe und grundlegende Veränderung bewirken. Jesus steht dafür ein, dass Gottes Gebote nicht Lasten sein wollen, die die Menschen niederdrücken, sondern Weisungen im Sinne von Orientierungshilfen, Wegweiser.
Doch bereits die Zehn Gebote waren als Einweisung in die Freiheit zu verstehen. Der Dekalog lässt die Absicht erkennen, möglichst das ganze menschliche Leben zu erfassen. Hinter dieser ganzheitlichen Sichtweise steht das theologische Programm: Israels Gott ist ein Gott, der den Menschen in allen seinen Lebensbereichen anspricht und zur Entscheidung und Verantwortung zieht.
Weisungen zum Schutz der Schwachen
Die Überschrift begründet und motiviert alle folgenden Forderungen: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Knechtschaft in die Freiheit hinausgeführt hat.“ Die Weisungen sind nicht davon zu lösen. Der rettende Gott, der einen Heils-Vorschuss gewährt, ist auch ein fordernder Gott. Die Zehn Gebote fordern dazu auf, nach dem jeweilig Guten und Richtigen zu suchen und zu fragen, was vor Gott bestehen kann. Sie dienen vor allem zum Schutz der Schwachen.
Dem Grundgesetz Israels im Dekalog folgen die Ausführungen und Konkretisierungen des Bundesbuchs (Ex 21,1-23,33). Darin geht es um den rechten Gottesdienst und das rechte Sozialverhalten.
Die Frage der sozialen Gerechtigkeit