Jürgen Jamin über Katholiken in großer Minderheit

Ein Pfarrer in Island stammt vom Niederrhein

An diesem Wochenende wird in den Sonntagsmessen für das Bonifatiuswerk gesammelt. Es unterstützt Gemeinden in der Diaspora, also in großer Minderheit. Unter anderem in Island, wo ein Pfarrer vom Niederrhein arbeitet.

 

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An diesem Wochenende wird in den Sonntagsmessen für das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken gesammelt. Es unterstützt Gemeinden in der Diaspora, also in großer Minderheit. Unter anderem in Island, wo Jürgen Jamin aus Kalkar am Niederrhein als Pfarrer arbeitet.

Herr Pfarrer, warum Island?


Jürgen Jamin
(56) aus Kalkar wurde 1988 in Münster zum Priester geweiht. Er war Kaplan in Ahlen, Weeze und Wemb. Von 1993 bis 1996 wirkte er als Regionalvikar am Niederrhein. Zwischen 1994 und 1998 war Jamin Spiritual der Internats-Schule Gaesdonck. 1998 ging er nach Island und wurde 1999 Priester des Bistums Reykjavik. Zwischen 2000 und 2008 war der Niederrheiner Pfarrer der Domgemeinde in Reykjavik. Danach studierte er Kirchenrecht in Venedig, promovierte 2014 und blieb als Dozent an der dortigen Hochschule. 2018 kehrte Jamin nach Island zurück und wurde Pfarrer in Akureyri im Norden der Insel. | Foto: privat

Während des Studiums habe ich im Priesterseminar mit Interesse die Zeitschriften des Bonifatiuswerks und des Ansgarwerks gelesen. Ich fand es spannend, wie die Geistlichen in der Diaspora im Norden ihren Dienst tun. 1985 habe ich erstmals vier Wochen in Island verbracht. Warum es gerade Island wurde und nicht ein anderes nordisches Land, kann ich gar nicht genau sagen. Vielleicht war die besondere Lage ein Grund – eine Insel hoch oben im Nordatlantik. Abenteuer!

Sie wurden 1998 in Münster zum Priester geweiht. Warum der Wechsel nach Island nach zehn Jahren im Bistum Münster?

Das Interesse war die ganze Zeit da. Aber ich wollte das Handwerk des Priesters in vertrauter Umgebung in Deutschland lernen. Das war im Rückblick eine kluge Entscheidung. Nach zehn Jahren war mir klar: Bald wirst du Pastor – oder du wechselst. Bischof Reinhard Lettmann kannte mein Interesse. Da hat er mich schweren Herzens gehen lassen.

Wie war 1998 der Start?

Zunächst habe ich drei Jahre an der Universität Reykjavik isländische Sprache und Geschichte studiert. Die Grammatik ist komplexer als bei anderen skandinavischen Sprachen wie Schwedisch. Wenn ich vergleiche, ist es ein bisschen so, als müsste man heute Lateinisch sprechen.

Wie sieht Ihre Arbeit in Akureyri aus?

Die Pfarrei ist ungefähr so groß wie Mecklenburg-Vorpommern. Hier leben rund 1700 Katholiken, 280 davon in der Stadt Akureyri. Jeden Sonntag nach der Messe dort fahre ich zu einer der vier Außenstationen, um mit den dort lebenden Gläubigen Gottesdienst zu feiern – übrigens in evangelischen Kirchen. Das sind bis zu 140 Kilometer Entfernung.

Was reizt Sie an Ihrer Aufgabe – trotz der herausfordernden Umstände?

Spendenkonto des Bonifatiuswerks: IBAN DE 4647 2603 0700 1000 0100 bei der Bank für Kirche und Caritas Paderborn, GENODEM1BKC. Weitere Informationen zum Hilfswerk im Internet.

Der direkte Kontakt mit den Menschen. In Island lernt man irgendwann alle Katholiken seiner Pfarrei persönlich kennen. Zum Beispiel bei der Firmkatechese, die ich als Pfarrer nach der Sonntagsmesse selbst leite – Religionsunterricht an Schulen gibt es nämlich nicht. Oder ich treffe die Menschen anlässlich des Gottesdienstes und nachher beim Kirchenkaffee. Viele Katholiken in meiner Pfarrei sind Filipinos und Polen, die als Migranten nach Island gekommen sind. Es sind oft hart arbeitende Menschen, die auf eine einfache, beeindruckende Weise gläubig sind. Unsere Kirche in Akureyri hat vielleicht 60 Sitzplätze. Sonntags kommen aber bis zu 100 Gläubige, zum Teil von weit her. Da werden alle Hocker und Stühle zusammengesucht, viele Leute stehen auch.

Was bedeutet Deutschland für die Katholiken in Island?

Ohne Deutschland könnten wir hier nicht existieren. Das meint die Spenden der Katholiken für das Bonifatiuswerk genauso wie die Hilfe der deutschen Priester. Sie geben ein Prozent ihres Gehalts, um damit ihre Mitbrüder in der nordischen Diaspora zu unterstützen.

Wie leben die Katholiken in Island? Wie hilft das Bonifatiuswerk auch im Bistum Münster? Weitere Hintergründe in der Wochenzeitung Kirche+Leben vom 18. November, die Sie hier bestellen können.

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