Interview über Frauenpriestertum, Missbrauch und Kirchenaustritt

Essener Generalvikar Pfeffer hat Sympathie für Ende des Zölibats

Eine Diskussion über den Zölibat und über die Zulassung von Frauen in „allen Ämtern und Aufgaben“ der Kirche hat der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer gefordert. Er beklagte eine „riesige Glaubwürdigkeitskrise“, die letztlich auch der Gesellschaft schade.

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Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer hat eine offene Diskussion in der Kirche über den Zölibat gefordert. In einem Interview mit der „WAZ“ (Ausgabe vom 15. November) sagte er, es wäre naiv zu glauben, der Zölibat wäre kein Grund für die geringe Zahl von Priesteramtskandidaten. Er habe Sympathie für die Forderung nach einer Abschaffung.

Die von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebene Missbrauchsstudie weise zudem darauf hin, „wie schwierig der Zölibat zu leben ist“. Auch werde darin kritisiert, dass der Verzicht auf Sexualität und Partnerschaft in der Kirche als „Geschenk“ bezeichnet wird, „obwohl Bindung und Sexualität für jeden Menschen sehr zentrale Bedürfnisse sind“, sagte Pfeffer. Umso wichtiger sei es, „junge Menschen mit diesem sensiblen Thema nicht allein lassen“ und zu fragen, „wie es eigentlich geht“.

 

Frauen in alle Ämter und Aufgaben?

 

Der Generalvikar erklärte, eine rasche Abschaffung des Zölibats sei ein weltkirchliches Thema. „Aber es ist wichtig, dass wir offen diskutieren und keine Denk- und Sprechverbote verhängen.“ Das gelte auch für die theologisch hoch aufgeladene Frage nach der Weihe von Frauen zu Priestern: „Wir müssen offen über die gleichrangige Beteiligung von Frauen an allen Ämtern und Aufgaben in der Kirche reden“, forderte Pfeffer.

Dass Jesus nur Männer in seinen Apostelkreis berufen hat, sei „2000 Jahre später ein schwer vermittelbares Argument, um Frauen für alle Zeiten aus den zentralen Ämtern der Kirche auszuschließen. Die Leute laufen uns bereits in Scharen davon.“

 

Kritik an Papst Franziskus

 

Die Kirche befinde sich in einer „riesigen Glaubwürdigkeitskrise, die nicht nur mit dem Missbrauchsskandal zu tun hat“, sagte Pfeffer. Er beklagte, die Kirche habe jahrzehntelang „von einem hohen Ross herunter den Menschen gesagt, wie sie zu leben haben“.

Kritisch äußerte sich Pfeffer zum Vergleich des Papstes von Abtreibung mit Auftragsmord. „Da sehe ich für mich als Mann, der nie Vater geworden ist, überhaupt kein Recht, ein drastisches moralisches Urteil zu fällen.“ Er halte es lieber mit einem anderen Wort von Franziskus, demgemäß die Kirche „ihre Moral nicht wie einen Felsblock auf die Menschen werfen“ dürfe.

 

Warum Enttäuschte bleiben sollen

 

Ungeachtet dessen werde die Kirche Mitte der 2020er Jahre einen gewaltigen Einbruch erleben, weil dann die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Erwerbsleben ausscheiden und die Austrittsbereitschaft nachfolgender Generationen höher sei.

Pfeffer warb dafür, die Kirche so auszurichten, „dass sie in die Breite unserer Gesellschaft wirkt und ausstrahlt“. Er ermutigte Enttäuschte und Kirchenkritiker zum Bleiben, „weil unsere Gesellschaft viel zu verlieren hat, wenn all das verschwindet, wofür die christlichen Kirchen stehen“.

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