Martin Stauch hört nach 14 Jahren als Geschäftsführer der Treffen auf

So haben sich die Katholikentage verändert

Martin Stauch war 14 Jahre Geschäftsführer der Katholikentage. Er blickt zurück – unter anderem auf Duisburger Folgen, Osnabrücker Begeisterung und die jahrelange Zuschuss-Debatte in Münster.

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Es ist noch unklar, ob seine Mitarbeiter „Großer Gott, wir loben dich“ singen werden, wenn Martin Stauch die Geschäftsstelle des Katholikentags verlässt. Für den scheidenden Geschäftsführer war das Lied jedenfalls immer ein besonderer Moment am Ende jedes Katholikentags.

„Am Ende des Abschlussgottesdienstes ist das Lied ohnehin ein Gänsehaut-Moment“, sagt der 52-Jährige, der 14 Jahre oberster Organisator der Katholikentage war. „Aber zusätzlich enden zwei Jahre Arbeit in diesem Moment – und das hoffentlich erfolgreich.“

 

Regelmäßig umgezogen

 

Beim Katholikentag vom 9. bis 13. Mai 2018 in Münster wird Stauch diesen Augenblick nicht mehr als Verantwortlicher miterleben. Ab Januar übernimmt er die Aufgabe des Verwaltungsleiters der Bauhaus-Stiftung in Dessau (Sachsen-Anhalt).

Stauch wird wieder „sesshaft“. Denn in Diensten des Katholikentags ist er 14 Jahre lang alle zwei Jahre mit der Geschäftsstelle des Treffens in die kommende Gastgeberstadt umgezogen. Verantwortlich war er für die Katholikentage in Ulm 2004, Saarbrücken 2006, Osnabrück 2008, Mannheim 2012, Regensburg 2014, Leipzig 2016 und – zumindest bisher – Münster 2018. Auch beim Ökumenischen Kirchentag 2010 in München organisierte Stauch an vorderer Front.

 

„Die Treffen sind teurer geworden“

 

Was hat sich verändert in 14 Jahren? „Die Treffen sind teurer geworden“, sagt der Geschäftsführer. Angefangen hat Stauch mit 6,9 Millionen Euro Etat, Münster 2018 kommt auf 9,3 Millionen Euro. „Wir haben ja unsere Teilnehmerzahlen nicht nur gehalten, sondern gesteigert.“ Ulm 2004 hatte 25.000 Dauergäste, Leipzig 2016 erreichte 34.000. Hinzu kommen rund 30.000 Tagesbesucher, viele aus der Region rund um die Gastgeberstadt.

Mehr Teilnehmer benötigen mehr Unterkünfte, mehr Veranstaltungsräume. „Auch die Zahl ehrenamtlicher Helfer, deren Anreise wir zahlen, die wir verpflegen und beherbergen, musste natürlich steigen.“ Zu Beginn von Stauchs Zeit brauchte der Katholikentag 1.500 Helfer, heute 2.000.

 

Sperr-Poller und Lkw-Barrikaden in Münster

 

Hinzu kamen äußere Faktoren, die Geld kosteten. „Duisburg war ein Einschnitt“, sagt Stauch. Nach der Massenpanik bei der „Love Parade“ 2010 mit 21 Toten habe sich das Sicherheits- und Evakuierungskonzept massiv verändert. Auch die latente Terror-Bedrohung hat finanzielle Folgen. „In Münster wird es an einigen Stellen Sperr-Poller geben, vielleicht auch einzelne Lkw-Barrikaden.“

Nicht, dass Sicherheit früher keine Rolle gespielt hätte, sagt Stauch. „Lange Zeit lief vieles über Absprachen. Heute müssen wir umfangreich dokumentieren. Das Sicherheitskonzept des Katholikentags in Münster umfasst 100 Seiten.“

 

„Wir müssen mehr begründen“

 

Martin Stauch
Sollte so eine Geschäftsstelle funktionieren? | Foto: Jens Joest

Mehr Dokumentation, mehr Transparenz – das gilt für die gesamte Vorbereitung von Katholikentagen. „Wir sind heute stärker begründungspflichtig als vor 14 Jahren.“ Hier denkt Stauch vor allem an Münster, wo sich die politische Diskussion über den Zuschuss der Gastgeberstadt mehr als zwei Jahre hinzog. „Früher waren die Städte meist die ersten, die ›Hier!‹ gerufen haben. Heute können wir nicht mehr selbstverständlich von staatlichen Zuschüssen ausgehen.“

Auch der Charakter der Katholikentage hat sich nach Stauchs Ansicht verändert. Inzwischen seien Städte mit weniger als 200 000 Einwohnern als Gastgeber möglich, „wenn es dort Messehallen oder ein Kongresszentrum gibt“.

 

Osnabrück statt Essen

 

In Osnabrück gab es allenfalls eine mittelgroße Stadthalle. Deshalb, gibt der Geschäftsführer heute zu, „war ich skeptisch, als Osnabrück einsprang“, um den Katholikentag 2008 nach dem Rückzug von Essen auszurichten. „Den Osnabrückern fehlten schon fünf Monate Vorbereitungszeit. Das haben sie aber durch ihre Begeisterung wettgemacht.“

Inzwischen werden immer mehr Veranstaltungen des Katholikentags draußen abgehalten. „Das betrifft die Logistik, wir müssen zum Beispiel Stromleitungen legen.“ Verändert hat sich auch die so genannte „Kirchenmeile“, wo sich katholische Organisationen präsentieren. „Außerhalb von Messehallen brauchen wir Strom und kleine Zelte. In Messehallen reichen Trennwände.“

 

Klimaneutrales Treffen

 

Stauch sagt, er habe versucht, in jedem seiner 14 Jahre eine Neuerung einzubringen. Eine dieser Ideen war, Katholikentage „klimaneutral“ zu organisieren: Kohlendioxid-Emissionen wurden reduziert, und für die verbleibende Menge – etwa bei der Anreise der Teilnehmer – erwerben die Veranstalter Zertifikate, die Solarlampen in Indien finanzieren: „Diese Technik ersetzt dort ein klimaschädliches Kraftwerk.“

Stauch wirkt zufrieden im Rückblick auf seine Katholikentags-Zeit – und freut sich auf seine neue Aufgabe: „Für Design habe ich mich schon lange interessiert.“ Hinzu kommt: Das Bauhaus begeht 2019 in Dessau den 100. Jahrestag seiner Gründung.

 

Eine Rückkehr ist geplant

 

Auch Stauchs Frau dürfte der Job-Wechsel freuen. Zwar werden die drei Kinder – 23, 21 und 19 Jahre alt – eher nicht mehr mit den Eltern umziehen. Aber die Eheleute könnten im Osten neu heimisch werden nachdem Stauch jahrelang wochenends zur Familie in Merzig im Saarland pendelte.

Eine Rückkehr nach Münster gibt es für den Chef-Organisator natürlich trotzdem. Zum Katholikentag im Mai. Als Teilnehmer.

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