Corona fordert vom Familienfest seinen Tribut

Weihnachten wird anders, das Gefühl aber kann gerettet werden

  • Weihnachten in der Familie kann in der Corona-Pandemie nicht so gefeiert werden wie sonst.
  • Wichtige Traditionen und liebgewonnene Rituale sind nicht möglich.
  • Alternativen können das Weihnachtsgefühl retten und zu neuen Traditionen werden.

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Ganz ehrlich: In einer Familie, die ständig wächst, in der sich die Lebenssituation der Angehörigen stetig verändert, in der Wohnorte und Beziehungen wechseln, ist das Weihnachtsfest auch in Zeiten ohne Corona jedes Jahr etwas anders. Termine müssen umgelegt werden, es gibt immer mehr Kalender, die berücksichtig werden müssen, und es kommen neue Vorstellungen in die Planungen hinein.

Umso wichtiger sind Ankerpunkte. Jene festen, unverrückbaren Traditionen, die dem Fest ein immer gleiches Gerüst geben. Sie sind der verlässliche Kern, um den herum sich alles Neue ergeben kann, ohne dass das Grundgefühl in den Weihnachtstagen verlorengeht. Oft sind es vererbte Rituale, die die Großmutter schon als Kind erlebte und sie über die eigenen Kinder an die Enkelkinder weitergibt.

 

Momente mit großem Stellenwert

 

Das ist der gemeinsame Besuch des Gottesdienstes an Heiligabend, bevor das Fest daheim beginnt. Das ist das Glöckchen, das geläutet wird, wenn die Bescherung ansteht. Oder das ist das immergleiche Essen, das jedes Jahr auf den Tisch kommt. Mein Sohn hat den Stellenwert dieser Momente vor einigen Tagen auf den Punkt gebracht: „Wenn wir zum Essen nicht alle am großen Tisch sitzen können, kann Weihnachten eigentlich auch ausfallen.“

Genau das ist es: In diesem Jahr sind viele dieser Ankerpunkte schlichtweg nicht oder nur in stark abgewandelter Form möglich. Abstands- und Hygieneregeln, eigene Umsicht und Ängste oder Vorgaben etwa für den Kirchenbesuch fordern ihren Tribut. „Wir können uns mit Oma und Opa nicht einfach an einen Tisch setzen, als ob nichts wäre“, sagte meine Schwester. „Wir müssen sie dieses Jahr schützen – das geht vor.“

 

Luftumwälzung und Abstandhalter

 

Es geht viel vor in diesem Jahr. Und doch versuchen wir ein wenig von dem zu retten, was die Feier der Geburt Jesu für uns ausmacht. Das gemeinsame Essen dreier Generationen an Heiligabend etwa soll dort stattfinden, wo die Belüftung eine ständige Umwälzung der Luft gewährleistet. Meine Schwägerin hat ein Haus mit einer solchen Heiz- und Lüftungsanlage. Auch die Sitzordnung ist bereits angepasst: Die Großeltern nehmen an einem Ende des langen Tisches Platz, am anderen Ende die Familie der einen Tochter. Dazwischen, quasi als Abstandshalter, die Familie der anderen Tochter, die bereits mit Covid-19 infiziert war und nicht mehr ansteckend ist.

Am ersten Feiertag geht es um den traditionellen Besuch bei den anderen Großeltern. Dort wird sonst im engen Kreis um den Weihnachtsbaum gesungen, Kaffee getrunken, abends gibt es eine Suppe. Dazu kommen eigentlich viele weitere Kinder und Enkelkinder zusammen. In diesem Jahr ein No-Go.

 

Dick eingepackt im Garten

 

„Vielleicht können wir eine kleine Feier im Garten machen“, ist die Idee der Oma. „Warm eingepackt, einen geschmückten Tannenzweig und eine Kerze in der Mitte, in einem großen Kreis, der genügend Abstand zulässt.“ Sicher würden wir das nicht so lange durchhalten wie im gemütlichen Wohnzimmer. Aber das den Großeltern so wichtige Singen könnte im Freien und mit Maske möglich sein.

Bleibt noch der Gottesdienst. Der klassische Besuch ist nur mit etwas Glück möglich. Zwar hat die Pfarrgemeinde ihre Angebote an den Festtagen ausgeweitet – den sonstigen Ansturm an diesen Tagen wird das aber kaum auffangen können. Nur mit Anmeldung ist die Teilnahme möglich – ab dem 14. Dezember, 9 Uhr. Vielleicht haben wir Glück.

 

Vielleicht klappt‘s mit einem Gottesdienst

 

Wenn nicht, hat die Pfarrgemeinde einige Alternativen im Angebot: Open-Air-Familiengottesdienst auf einem Bauernhof, 15-minütige besinnliche Videos mit Krippenbilder, Texten und Musik oder zehnminütige „Mini-Gottesdienste“ an der Krippe in der Kirche. Mal schauen, wo wir unterkommen. Ansonsten hat die Oma eine Idee: „Wenn wir im Garten feiern, kann doch auch einer das Weihnachtsevangelium vorlesen.“

Ich habe die Hoffnung, dass wir unser Weihnachtsgefühl retten können, auch wenn das Gerüst nicht traditionell aussehen kann. Vielleicht entwickeln sich daraus neue Traditionen. Vielleicht finden wir darin auch uns noch unbekannte Sympathien. Vielleicht verschiebt sich der Blick auf das Fest auch. Wieder war es mein Sohn, der das auf den Punkt brachte: „Weißt du, die Geschenke sind dieses Jahr gar nicht so wichtig, Hauptsache wir können alle miteinander feiern – irgendwie.“

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